Ob kneifender Hosenbund oder eng sitzende Bluse: Was viele „Zuhause-Arbeiter“ in den vergangenen Monaten bereits beim morgendlichen Ankleiden feststellten, wird nun durch die Ergebnisse einer aktuellen Forsa-Studie belegt: Das Arbeiten im Home-Office geht oft mit weniger Bewegung und mehr Körpergewicht einher. Übergewicht und Fettleibigkeit, verursacht durch ungesunde Ernährung in Verbindung mit Bewegungsmangel, waren bereits vor der Corona-Pandemie ein großes Gesundheitsproblem und immer öfter die Ursache für eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD).
Appell an die Selbstverantwortung
Die Ausrichter des 22. Deutschen Lebertags am 20. November 2021 – Gastro-Liga e. V., Deutsche Leberhilfe e. V. und Deutsche Leberstiftung – appellieren mit dem Motto: „Deine Leber. Dein Leben.“ an die eigene Gesundheitsverantwortung. Im Vorfeld des bundesweiten Aktionstags rufen sie zu einem Neustart für lebergesundes Essen und Leben auf.
Bereits vor der globalen Gesundheitskrise, die durch das Corona-Virus ausgelöst wurde, warnten Medizin-Experten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen vor einer anderen weltweiten Gesundheitskrise: Die Zahl an übergewichtigen und fettleibigen (adipösen) Personen steigt – betroffen sind Erwachsene und Kinder. Übergewicht und Adipositas begünstigen die Entstehung einer Fettleber.
Westlicher Lebensstil ist leberfeindlich
„Die Leber leidet unter dem ungesunden westlichen Lebensstil, der gekennzeichnet ist durch hochkalorische und oftmals kohlenhydratreiche Ernährung bei gleichzeitigem Bewegungsmangel. Diese Faktoren tragen bei Erwachsenen und auch bei Kindern wesentlich zur Ausbildung einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) bei. Assoziiert mit NAFLDs sind oft weitere Erkrankungen, denen auch die Risikofaktoren Übergewicht und Bewegungsmangel zugrunde liegen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus – und leider verstärken sich diese Erkrankungen gegenseitig“, erläutert Prof. Dr. Peter R. Galle, Direktor der 1. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Bei nichtalkoholischer Fettleber kann Krebs vor Zirrhose auftreten
Das Spektrum der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) ist breit: Es reicht von der einfachen nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) über die chronisch fortschreitende, nicht-alkoholische Fettleberentzündung (NASH) und eine Leberfibrose (Bindegewebsvermehrung) bis zu einer Leberzirrhose (Vernarbung der Leber). Im Stadium einer Leberzirrhose ist das Risiko einer Tumorbildung erhöht: Es kann sich Leberzellkrebs entwickeln (Hepatozelluläres Karzinom, HCC). Bei der nicht-alkoholischen Fettleberentzündung kann Leberzellkrebs jedoch auch auftreten, bevor eine Zirrhose vorliegt.
Pandemie führte zu mehr und ungesünderer Ernährung und weniger Sport
Alarmierend sind die jüngsten Daten aus den vergangenen Pandemie-Monaten zu den Auswirkungen der Arbeit im Home-Office: Laut Forsa-Umfrage gaben zwei Drittel der Befragten an, sich weniger als früher zu bewegen. Ein Drittel hat eine Gewichtszunahme von mindestens drei Kilogramm und sieben Prozent haben sogar mehr als fünf Kilogramm Zuwachs beim Körpergewicht. Doch nicht nur Menschen, die im Home-Office tätig sind, haben sich während der Corona-Pandemie weniger bewegt und ungesünder ernährt. Auch viele Kinder, Jugendliche und Personen, die weiterhin ihren Arbeitsplatz aufgesucht haben, hatten durch geschlossene Fitnessstudios und Sportvereine weniger Sportmöglichkeiten und mehr Zeit zum Essen und für Medienkonsum.
Ein vermeidbares Problem
Die Ausrichter des 22. Deutschen Lebertages weisen darauf hin, dass es sich bei der nicht-alkoholischen Fettleber um ein vermeidbares Gesundheitsproblem handelt und dass eine bereits geschädigte Leber noch in einem frühen Stadium der Verfettung durch einen veränderten Lebensstil positiv beeinflusst werden kann. Die Aufhebung zahlreicher Corona-Maßnahmen und die damit verbundenen Möglichkeiten für Sport und Bewegung sollten als Motivationsschub für einen Neustart in ein lebergesundes Leben genutzt werden.
2,5 Stunden Sport pro Woche
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) thematisiert die Problematik der mangelnden Bewegung und empfiehlt mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche. So kann laut WHO das Risiko, dass ein bewegungsarmer sitzender Lebensstil zu chronischen Erkrankungen führen kann, ausgeglichen werden.
Fachärzte empfehlen, bei extrem übergewichtigen Erwachsenen und Kindern die Leberwerte im Blut (GPT, GOT und GGT) zu kontrollieren. Die empfohlene Therapie zielt in erster Linie auf eine Lebensstil-Veränderung mit mehr Bewegung und einer Ernährungsumstellung ab. Es gibt bislang keine zugelassenen Medikamente für nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen. Aktuell werden verschiedene neue Substanzen zur Behandlung der NAFLD in Studien erprobt.
Das großartige Kraftwerk Leber
„Prävention und Früherkennung bleiben die entscheidenden Faktoren, um rechtzeitig gegenzusteuern – beispielsweise mit einem Lebensstil, der gesunde Ernährung und körperliche Aktivität beinhaltet“, sagt Galle und ergänzt: „Es ist sehr wichtig, die Aufmerksamkeit für das Organ Leber breit zu streuen und mit Aktionstagen wie dem Deutschen Lebertag mit dem diesjährigen Motto ,Deine Leber. Dein Leben.‘ über das großartige Kraftwerk Leber zu informieren, über das viele Menschen leider immer noch sehr wenig wissen.“ Mehr Infos zum 22. Deutschen Lebertag unter: http://www.lebertag.org.