Ein Ziel der Kieferorthopädie ist die Harmonisierung der Kieferrelationen, was sich klinisch vor allem im Profilbild zeigt. Es ist immer wieder faszinierend, welch große Wirkung die dimensional eher kleinen Änderungen durch kieferorthopädische Maßnahmen entfalten. Auch das Profil kieferorthopädischer Therapien und Möglichkeiten beeindruckt – eine spannende Auswahl ist in der aktuellen Ausgabe der Kieferorthopädie 3/2020 versammelt.
Prof. Kinzinger richtet den Fokus im zweiten Teil seines Beitrags zur Pendulum-K-Apparatur (Teil 1 ist in der Kieferorthopädie 2/20 publiziert) auf Gerätedesign und Behandlungsbeispiele. Sein Fazit: Die rein dental/parodontale Verankerungsvariante hat sich klinisch auch dann grundsätzlich bewährt, wenn nur einseitig Molaren distalisiert werden müssen.
Spiegelzwillinge mit verschiedenen Therapien
Der Beitrag von Dr. Roth stellt einen Behandlungsvergleich an eineiigen Zwillingen (in diesem Fall sogenannte Spiegelzwillinge) vor, der die seltene Möglichkeit eröffnet, unterschiedliche Therapieansätze an genetisch identischen Individuen zu vergleichen. In der Nachuntersuchung wurden Verlauf und Ergebnis der diametral unterschiedlichen Behandlungsansätze verglichen (Extraktion der Zähne 14/24 bei der einen Schwester, zervikaler Headgear bei der anderen Schwester). Das Hauptaugenmerk wurde hierbei auf die Dauer der verschiedenen Behandlungsphasen sowie die Ergebnisparameter skelettale Entwicklung, Schneidezahninklination und Profilveränderungen gerichtet.
Im Beitrag Willmann/Wilmes et al. wird mit der Hybrid Hyrax Direct eine neue Technik zur simultanen Gaumennahterweiterung und maxillären Protraktion anhand eines klinischen Beispiels demonstriert. Dabei werden die „Tads First“- und die „Appliance First“-Methoden besprochen.
Der Beitrag von Prof. Hans Pancherz beschäftigt sich mit den Kurz- und Langzeiteffekten der Herbst-Behandlung auf das Gesichtsprofil und der Fragestellung: Sind die Profilveränderungen vom Wachstumstyp („high-angle“ oder „low-angle“) abhängig? Anhand verschiedener Kasuistiken wertet der Autor Gesichtsfotos und Fernröntgenseitenbilder (FRS) des Kopfes aus.
Zahngrößen nach Bolton und Proffit im Vergleich
Di Leonardo et al. werteten innerhalb der vorgestellten Studie 150 kieferorthopädische Modelle von unbehandelten italienischen Patienten aus. Die klinisch signifikanten Zahngrößenunterschiede (TSD) wurden unter Berücksichtigung sowohl der Bolton-Relationen als auch einer Millimetereinteilung (Abweichungen > 1,5 mm) nach Proffit bestimmt. Die Studie zeigte signifikante Unterschiede im Grad der TSD-Interpretation zwischen Bolton-Indexregeln und absoluter Diskrepanz in mm. Der Bolton-Richtwert war nicht in der Lage, alle klinisch relevanten TSD zu erkennen. Eine Unterschätzung der TSD könnte somit zu einem unbefriedigenden Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung führen.
Die „Kieferorthopädie“ informiert viermal im Jahr über die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen aus Praxis und Wissenschaft. Die Beiträge befassen sich mit allen Sachgebieten der modernen Kieferorthopädie. Praxisnahe Patientenberichte und Übersichtsartikel bilden das Herzstück jeder Ausgabe. Kongressberichte, Buchbesprechungen, Praxistipps, Interviews und eine ausführliche Übersicht über kieferorthopädische Fortbildungsveranstaltungen runden das redaktionelle Spektrum ab. Eine Vielzahl von anschaulichen, zum größten Teil farbigen Abbildungen in optimaler Reproduktionsqualität illustriert die einzelnen Beiträge. Mit kostenlosem Zugang zur Online-Version recherchieren Abonnenten komfortabel online – auch rückwirkend ab 2003 im Archiv. Kostenloser Zugang zur App-Version für Abonnenten. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.
Dr. Schwindling verdeutlicht innerhalb der Rubrik Biomechanik anhand von Schaubildern und klinischen Beispielen die einfache, schnelle und effektive Einstellung der zweiten Molaren. Dr. Sabbagh stellt mit den SARA-Splints eine einfach anzuwendende Methode zur Modifizierung von thermoplastisch hergestellten Retentionsschienen (VFR) für bignathe Retentionen vor und zeigt, wie sie für eine aktive Behandlung eingesetzt werden. Prof. Miethke bespricht in seinen Zeitschriftenreferaten drei ausgewählte internationale Beiträge und Dr. Binger stellt in der differenzialdiagnostisch interessanten Kasuistik eine zystische Aufhellung im inneren Kieferwinkel als Zufallsbefund vor.