Forschende der Universität zu Köln haben einen neuartigen Mechanismus entdeckt, durch den die Selbstreinigung, der zelluläre Recyclingprozess Autophagie, die Gehirnzellen von Mäusen schützt. Die Ergebnisse dieser im Magazin Nature Metabolism veröffentlichten Studie könnten neue therapeutische Ansätze für die Behandlung von Parkinson und Alzheimer ermöglichen
Seit Langem wird die Autophagie, der Recyclingprozess beschädigter Zellbestandteile oder auch Selbstreinigung genannt, mit dem Schutz von Nervenzellen in Verbindung gebracht. Mit welchen Mechanismen die Autophagie die Gesundheit des Gehirns aufrechterhält, war jedoch bisher nicht bekannt. Gemeinsam mit weiteren Einrichtungen der Universität zu Köln, des Forschungszentrums Jülich und der Universität Lausanne hat ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Natalia Kononenko vom Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD nun herausgefunden, dass das Protein ATG5 entscheidend für das Überleben von Nervenzellen ist, indem es den Glukosestoffwechsel und damit den Verbrauch von Zuckern im Gehirn reguliert. Ihre Studie wurde in „Nature Metabolism“ veröffentlicht.
Purkinje-Zellen auf Diät
Die Studie, die im Rahmen des Sonderforschungsbereiches SFB 1451 (Schlüsselmechanismen normaler und krankheitsbedingt gestörter motorischer Kontrolle) durchgeführt wurde, unterstreicht die zentrale Rolle des Autophagie-Proteins ATG5 in Purkinje-Zellen. Diese Zellen sind spezielle Neuronen, die für die motorische Koordination wichtig sind. Bereits bekannt war, dass ATG5 zelluläre Abfälle recycelt. Die Forschenden fanden nun heraus, dass ATG5 außerdem die übermäßige Anhäufung des Glukosetransporters 2 (GLUT-2) auf der Zelloberfläche während der Gehirnentwicklung verhindert. Diese Regulierung hält die Glykolyse, den Prozess, bei dem die Zellen Glukose in Energie umwandeln, in den Purkinje-Zellen niedrig und schützt sie so vor Stoffwechselstörungen.
Autophagie wichtig für Gesundheit des Kleinhirns
Die Entdeckung dieses Mechanismus gelang mittels modernster Techniken wie PET-Bildgebung, Multi-omics und 3D-Kinematik bei Mäusen, denen das Protein ATG5 fehlt. Die Beobachtungen zeigten, dass sich GLUT2 anreichern konnte, was zu einer erhöhten Glukoseaufnahme, einer veränderten glykolytischen Aktivität und der Produktion giftiger Stoffwechselnebenprodukte führte. Diese Störungen führten schließlich zum Absterben der Purkinje-Zellen und zu motorischen Gangstörungen. Die Ergebnisse verdeutlichen, wie wichtig die Autophagie für die Erhaltung der Gesundheit des Kleinhirns ist.
Tutas, J., Tolve, M., Özer-Yildiz, E. et al. Autophagy regulator ATG5 preserves cerebellar function by safeguarding its glycolytic activity. Nat Metab (2025). https://doi.org/10.1038/s42255-024-01196-4
„Unsere Forschung zeigt, dass es bei der Autophagie nicht nur darum geht, beschädigte Mitochondrien oder Proteinaggregate zu beseitigen“, erklärt Erstautorin Dr. Janine Tutas. „In Purkinje-Zellen reguliert ATG5 aktiv Stoffwechselwege, um den Zelltod zu verhindern.“
Projektleiterin Prof. Dr. Natalia Kononenko: „Diese Ergebnisse zeigen, auf welch differenzierte Weise die Autophagie die neuronale Gesundheit über ihre üblichen Aufgaben hinaus unterstützt.“ Damit ergeben sich neue Möglichkeiten zur Behandlung von Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer, bei denen sowohl Stoffwechsel- als auch Autophagie-Störungen häufig auftreten. In weiteren Studien soll untersucht werden, wie die Autophagie den Stoffwechsel bei neurodegenerativen Erkrankungen sowohl in Mäusen als auch in Menschen reguliert.