Bis zu einem Viertel der Menschen mit einem normalen Body-Mass-Index (BMI) können an einer metabolischen Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) leiden, wie aktuelle Studien zeigen. Besonders brisant: In dieser Subgruppe, auch als „skinny fat“ bezeichnet, schreitet die Erkrankung häufig unbemerkt fort und führt so unter Umständen zu schweren Leberschäden wie Fibrose, Zirrhose oder Leberkrebs. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) weist darauf hin, dass daher auch schlanke Menschen rund um die Festtage auf eine überwiegend gesunde Ernährung achten sollten.
Jeder vierte Schlanke ist betroffen
Die Fettlebererkrankung wird oft mit Übergewicht oder Adipositas in Verbindung gebracht. Doch Studien zeigen, dass bis zu einem Viertel der Menschen mit einem BMI unter 25 ebenfalls betroffen sind. Diese Gruppe weist oft einen oder mehrere Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhten Blutzucker oder Fettstoffwechselstörungen auf, wenn auch insgesamt seltener als bei übergewichtigen Menschen. „Die Erkrankung bleibt bei schlanken Personen häufig unerkannt, da sie nicht als klassische Risikogruppe gelten“, erklärt Professor Dr. med. Birgit Terjung, Ärztliche Direktorin der GFO Kliniken Bonn und Mediensprecherin der DGVS.
Stiller Verlauf
Die Progression der „schlanken Fettleber“ LEAN MASLD ist besorgniserregend: Studien legen nahe, dass sich bei dieser Subgruppe in gleicher Weise schwere Leberschäden wie Fibrose oder Zirrhose und Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC) entwickeln wie bei Patientinnen und Patienten mit höherem Körpergewicht. „Gerade das Fehlen äußerlich sichtbarer Risikofaktoren führt zusätzlich dazu, dass die Erkrankung oft zu spät entdeckt oder unterschätzt wird“, so Prof. Dr. med. Andreas Geier, Leiter der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg. Insbesondere kardiovaskuläre Komplikationen sind eine ernste Bedrohung.
Noch keine maßgeschneiderten Therapien
Therapeutische Optionen für die LEAN MASLD stehen noch am Anfang. Während etablierte Ansätze wie Resmetirom, ein kürzlich in den USA zugelassenes Medikament, auf den Gesamtkomplex der MASLD abzielen, fehlen bisher Studien, die die Wirksamkeit bei schlanken Betroffenen untersuchen. Auch die potenzielle Rolle von GLP-1-Analoga, die Wirkstoffgruppe der sogenannten Abnehmspritze, die bei Patienten mit einem BMI von mehr als 30 kg/m² vielversprechende Ergebnisse zeigen, ist bei LEAN MASLD noch unklar.
„Was den Betroffenen aktuell bleibt, sind eine Ernährungsumstellung und ausreichend Bewegung. Die Entwicklung zielgerichteter Therapien für diese spezielle Subgruppe ist eine dringende Aufgabe der Forschung“, betont Geier. „Auch die Rolle der sogenannten Darm-Leber-Achse, also die Wechselwirkungen zwischen Darmflora und Leber, könnte wichtige neue Therapieansätze eröffnen. Hier besteht ebenso noch erheblicher Forschungsbedarf.“ Bekannt sei, dass bestimmte Genkonstellationen die Entwicklung einer Fettleber bei Schlanken begünstigen.
Tipps für die Feiertage
Die DGVS empfiehlt, auch die LEAN MASLD stärker in den Fokus von Diagnostik und Prävention zu rücken. „Wir müssen Ärztinnen und Ärzte sowie die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren, dass steatotische Lebererkrankungen nicht nur ein Problem von Übergewichtigen sind“, schließt Terjung. Für die Festtage gelte es, Ausgewogenheit zu wahren: „Vier Wochen täglich Plätzchen, an allen Weihnachtsfeiertagen und zum Jahreswechsel üppige, fettige Essen – das ist zu viel für jede Leber. Genießen Sie bewusst, gönnen Sie Ihrem Körper auch Pausen, um die üppigen Mahlzeiten zu verarbeiten und bauen immer wieder Tage ein, an denen Sie besonders auf eine ausgewogene, mediterrane Ernährung und Bewegung achten!“, so die Mediensprecherin der DGVS.