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Sorgen bei Kammer und KZVB mit Blick auf wirtschaftliche Folgen der Pandemie und zukünftige zahnärztliche Versorgung

(c) KZVB/BLZK

Für den Augenblick können die Bayerischen Zahnärzte viele positive Nachrichten verkünden: Alle Patienten, auch Corona- und Quarantäne-Betroffene, können zahnärztlich versorgt werden und für 2021 wurden sehr gute Vergütungsvereinbarungen mit den Kassen geschlossen. Der Blick in die Zukunft bereitet der Spitze von Bayerischer Landeszahnärztekammer (BLZK) und Kassenzahnärztlicher Vereinigung Bayerns (KZVB) allerdings Sorgen.

Auf einer Online-Pressekonferenz am 10. Dezember 2020 informierten Christian Berger als Präsident der BLZK und zugleich Vorstandsvorsitzender der KZVB und Dr. Rüdiger Schott als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZVB und Vizepräsident der BLZK über die aktuelle Situation und das Engagement der Zahnärztinnen und Zahnärzte im Freistaat. Berger betonte, dass die Zahnärzte auch in der Pandemie und unter den dadurch erschwerten Bedingungen für ihre Patienten da seien. Die ohnehin schon hohen Schutz- und Hygienemaßnahmen seien stetig an die Anforderungen unter der Corona-Pandemie angepasst worden, sodass der Zahnarztbesuch für Patienten sicher sei. Nicht nur für die Mundgesundheit sei es wichtig, dass die präventionsorientierte Zahnmedizin trotz Corona weiter von den Patienten in Anspruch genommen werde. Vorsorgetermine und präventive Maßnahmen sollten daher unbedingt wahrgenommen werden, so sein Appell.

Zahnmedizin und damit die Zahnärzte seien systemrelevant, so Berger. Die Körperschaften hätten dazu auch eine Informationskampagne gestartet, die bereits mehr als 25 Millionen Hörer- und Leserkontakte erzielt habe, wie Schott ergänzte.

Hilfe für besondere Patientengruppen

Insbesondere kümmerten sich die Zahnärzte um jene Menschen, die besondere Unterstützung bedürfen – zum Beispiel Pflegebedürftige. Hier sei in Bayern mit der von der bayerischen Zahnärzteschaft gemeinsam mit den Krankenkassen gegründeten Landesarbeitsgemeinschaft Pflege (LAGP) ein weiterer Schritt für eine bessere zahnärztliche Versorgung gemacht, berichtete Berger. Schon sehr lange und erfolgreich sind die Zahnärzte zudem in der Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit für die Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen aktiv. Und nicht zu vergessen sei die auch in Bayern nicht kleine Zahl von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht krankenversichert sind. Auch um diese Gruppe kümmere man sich mit verschiedenen Angeboten und Initiativen wie dem „Hilfswerk Zahnmedizin“.

Bereit, auch bei Impfungen zu unterstützen

Berger unterstrich zudem die ethische Verantwortung und das Selbstverständnis als Mediziner über die Zahnmedizin hinaus. Schon in der ersten Phase der Pandemie seien Zahnärztinnen und Zahnärzte, Zahnmedizinstudierende und Praxispersonal in den Testzentren im Land helfend tätig gewesen und auch jetzt seien sie bereit, bei Bedarf die Ärzte bei den anstehenden Impfungen der Bevölkerung zu unterstützen.

„Wir brauchen jeden Einzelnen“

Rüdiger Schott lenkte den Blick dann auf die vertragszahnärztliche Versorgung. Er verwies auf die deutlichen Einbrüche bei den Praxiseinnahmen im Frühjahr. „Kurzarbeit in Zahnarztpraxen – vor einem Jahr wäre das undenkbar gewesen“, so Schott. Gerade für die jungen Kolleginnen und Kollegen, die sich erst vor kurzem niedergelassen haben und ihre Praxen noch abbezahlen müssen, „war und ist diese Krise existenzgefährdend. Ich kann nur hoffen, dass alle Vertragszahnärzte diese schwierige Zeit überstehen. Wir brauchen jeden Einzelnen, um die flächendeckende Versorgung in Bayern weiterhin sicherstellen zu können“, erklärte er.

Liquiditätshilfe nur ein Darlehen

Die Liquiditätshilfe sei nicht ausreichend. De KZVB habe finanziell trotzdem „nicht wirklich viel“ für ihre Mitglieder tun können. „Darlehen sind keine Ausgleichszahlungen. Sie müssen zudem als Einkommen versteuert und 2021 und 2022 zurückbezahlt werden. Deshalb haben wir unseren Mitgliedern dringend davon abgeraten, diese sogenannten Liquiditätshilfen in Anspruch zu nehmen“, erklärte Schott. Er verwies zudem auf die gestiegenen Kosten für Schutzausrüstung und Hygiene.

Gute Abschlüsse mit den Kassen erreicht

Nach wie vor gebe es keine Hygienepauschale in der Gesetzlichen Krankenversicherung. In Bayern habe man zumindest bei den Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen diese Argumente in die Waagschale werfen können – und das durchaus erfolgreich. „Es hat sich als richtig erwiesen, dass wir diese Verhandlungen relativ spät geführt und abgeschlossen haben. Mit allen in Bayern tätigen Krankenkassen, außer dem BKK-Landesverband, haben wir mittlerweile Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen, die angemessene Punktwert- und Budgeterhöhungen beinhalten. Sie liegen deutlich über der Inflationsrate und orientieren sich an der Grundlohnsummensteigerung, die bekanntlich die gesetzliche Obergrenze für Honorarerhöhungen in der GKV darstellt. Für unsere Mitglieder bedeutet dies zumindest einen gewissen Ausgleich für die coronabedingten Kostensteigerungen. Wichtig ist auch, dass wir Rechts- und Planungssicherheit haben. In diesem Zusammenhang darf ich auf den Dreijahresvertrag verweisen, den wir mit der AOK Bayern abschließen konnten.“

Notdienst umfassend organisiert

Schott verwies auch auf die vielfältigen Aktivitäten der Zahnärzteschaft, um die Notfallversorgung in der Pandemie sicherzustellen – von einem erweiterten Notdienst unter der Woche bis zu den Schwerpunktpraxen, in denen Covid-19-Patienten und unter Quarantäne stehende Menschen in Notfällen zahnärztlich versorgt werden können. In jedem bayerischen Regierungsbezirk gebe es mindestens zwei solche Praxen, so Schott, und dankte ausdrücklich den Kolleginnen und Kollegen, die sich hierfür zur Verfügung stellen.

Schott appellierte gegenüber der bayerischen Presse auch an die Patienten, die Notfallversorgung über die bevorstehenden Feiertage wirklich nur im Notfall in Anspruch zu nehmen und sich vorab telefonisch bei den Praxen zu melden. „Alles schläft – einsam wacht der Zahnarzt, könnte man sagen“, so Schott. „Ich befürchte allerdings, dass die an Weihnachten und über den Jahreswechsel eingeteilten Notdienstpraxen nicht über Arbeitsmangel klagen werden.“

Sorge um die Versorgung in der Zukunft

Sorge bereitet Schott und Berger der Blick in die Zukunft der flächendeckenden zahnärztlichen Versorgung. „Noch ist Bayern zahnmedizinisch gut versorgt! Es gibt keine weißen Flecken auf der zahnärztlichen Landkarte. Allerdings wird es auch bei uns immer schwieriger, junge Kolleginnen und Kollegen für die Niederlassung im ländlichen Raum zu begeistern. So manche gut gehende Praxis schließt, weil sich kein Nachfolger findet.“ Man versuche nach Kräften, hier mit verschiedenen Angeboten von Niederlassungsseminaren bis Speed Dating für Abgeber und potenzielle Übernehmen gegenzusteuern. „Doch einige Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Trends können wir nicht beeinflussen“, so Schott.

Zahnärztinnen bei der Kinderbetreuung nicht benachteiligen

Schon bald werde es in Bayern mehr Zahnärztinnen als Zahnärzte geben. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, den jungen Kolleginnen die Vereinbarkeit von Familie und Freiberuflichkeit zu ermöglichen. Allerdings gebe es hier regional unerwartete Probleme, wie Schott berichtete: „Wenn ich höre, dass Zahnärztinnen in München als sogenannte Besserverdiener auf der Warteliste für einen Krippenplatz ganz unten stehen, ist das inakzeptabel. Das Studium der Zahnmedizin kostet viel Geld, das von den Steuerzahlern aufgebracht wird. Wir müssen alles dafür tun, dass Frauen aufgrund fehlender Betreuungsangebote nicht zu langen beruflichen Auszeiten gezwungen werden“, so sein Appell.

MVZ nur in der Hand von Zahnärzten

Kritisch blickte Schott auch auf die rein zahnärztlichen Medizinischen Versorgungzentren im Land. „MVZ schließen auch nicht die Lücken im ländlichen Raum. 80 Prozent der MVZ in Bayern haben ihren Sitz in Orten mit mehr als 50.000 Einwohnern. Gerade München ist eine MVZ-Hochburg. Wenn es hier mittlerweile Zentren gibt, in denen 30 oder 40 angestellte Zahnärzte arbeiten, ist klar, dass uns diese Kollegen an anderer Stelle fehlen“, so Schott. Man fordere, dass MVZ ausschließlich von Zahnärzten gegründet und betrieben werden dürften.

Zahnarztpraxen Teil der Daseinsvorsorge

Die Zahnärzte seien der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml und ihren Beamten dankbar, dass die Systemrelevanz der Zahnärzte ein für allemal klargestellt wurde. „Ich hoffe, dass diese Erkenntnis die Pandemie überdauert. Zahnarztpraxen sind keine dentalen Kosmetikstudios, sondern Teil der Daseinsfürsorge. Das wird jeder Schmerzpatient bestätigen, dem trotz Corona geholfen wurde“, so Schott.

Kritische Position zur TI

Ebenfalls kritische Anmerkungen gab es zum Druck bei der Telematikinfrastruktur. Auch die Zahnärzte hätten den Digitalisierungsschub durch die Corona-Pandemie positiv begleitet, aber das jetzt forcierte Tempo bei der TI bei gleichzeitiger Fehleranfälligkeit und offenen Fragen beim Datenschutz sehe man als Problem. „Deshalb werden wir unseren Mitgliedern empfehlen, so viel wie nötig und so wenig wie möglich in Sachen TI zu unternehmen“, so Schott.

Titelbild: Der Vorstand der Bayerischen Körperschaften auf der Online-Pressekonferenz (von links): Dr. Rüdiger Schott, Vizepräsident der BLZK und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZVB, und Christian Berger, Präsident der BLZK und Vorstandsvorsitzender der KZVB.

 

Quelle: Quintessence News Politik Nachrichten Praxisführung Praxis

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