Die Kassenärztliche Bundesvereinigung bittet Praxen und Patienten um Unterstützung für eine neue Petition, die beim Deutschen Bundestag eingereicht wurde. Sie fordert, die Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung in Deutschland verbessern. Die Petition läuft seit 16. Oktober 2023, Ärzte, Psychotherapeuten, Praxisangestellte und Patienten sind aufgerufen, die Initiative mit ihrer Unterschrift zu unterstützen.
„Wir brauchen so viele Unterschriften wie möglich, um eine größtmögliche Sichtbarkeit für unser Anliegen zu bekommen“, betont der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, gegenüber den KBV-PraxisNachrichten. Er ruft alle Praxen auf, mitzumachen und Unterschriftenlisten auszulegen: „Es ist fünf vor zwölf. Wenn die Politik nicht bald aktiv wird, wird es die medizinische Versorgung, so wie die Bürger sie schätzen, bald nicht mehr geben.“
Die öffentliche Petition ist Teil der Aktionen, mit denen Ärzte und Psychotherapeuten sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV seit Wochen auf den drohenden Praxenkollaps aufmerksam machen und die Politik zum Handeln auffordern. Es werden mindestens 50.000 Unterschriften benötigt, um im zuständigen Ausschuss des Bundestages das Anliegen persönlich vortragen zu können.
Die ambulante Versorgung steht auf dem Spiel
Mit der Petition wird gefordert, die Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung zu verbessern. Die Sicherstellung dieser Gesundheitsversorgung stehe auf dem Spiel. Wörtlich heißt es in der Petition: „Die wohnortnahe, flächendeckende und qualitativ hochwertige ambulante Versorgung rund um die Uhr war ein Wert, der unser Land ausgezeichnet hat und den die Bürgerinnen und Bürger schätzten. Jetzt aber stehen die Praxen vor dem Kollaps, sie arbeiten bis zum Anschlag und ihre Kräfte gehen zur Neige.“
In der Begründung zur Petition werden unter anderem die überbordende Bürokratie, die unzureichende Finanzierung und der massive Personalmangel genannt. In der Folge „resignieren immer mehr Ärzte, Psychotherapeuten und Praxisangestellte und flüchten aus der vertragsärztlichen Versorgung“, heißt es.
Politik hält Versprechen nicht ein
Die Bundesregierung habe trotz ihrer vielfachen Versprechungen bisher nichts für die Stärkung der Praxen und damit den Erhalt der flächendeckenden ambulanten Versorgung getan. Stattdessen begegne sie ihnen mit mangelnder Wertschätzung. „Damit gefährdet sie akut die Sicherstellung der ambulanten medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung der Menschen in unserem Land.“
Die Praxen bildeten neben der von allen geschätzten wohnortnahen, niederschwelligen Versorgung auch ein wichtiges soziales regionales Netzwerk. „Sie sind Versorger, Ansprechpartner, Arbeitgeber und Ausbildungsstätte. Diese bewährten Strukturen gilt es zu erhalten“, heißt es weiter.
In der Petition sind die sieben Forderungen an die Politik aufgeführt, die in der Krisensitzung der KBV am 18. August 2023 in Berlin verabschiedet wurden und die zeigen sollen, welche Veränderungen nötig sind. Dazu zählen die Abschaffung der Budgets, eine sinnvolle Digitalisierung mit funktionierender Technik, weniger Bürokratie und die Abschaffung von Regressen bei Verordnungen. Diese Veränderungen seien auch nötig, damit die zukünftige Generation von Ärzten und Psychotherapeuten wieder bereit sei, eine Praxis zu übernehmen oder zu gründen.
Unterschriftenlisten in Praxen auslegen
Die Petition könne, so die KBV, zunächst handschriftlich mitgezeichnet werden (Petitionsnummer: 158622). Die KBV stellt dazu auf ihrer Internetseite eine Unterschriftenliste zum Ausdrucken bereit. Ergänzend dazu gibt es ein Infoblatt (in zwei Varianten), das ebenfalls in den Praxisräumen ausgelegt oder ausgehängt werden kann. „Sobald der Petitionsausschuss des Bundestages die Petition nach Prüfung im Internet veröffentlicht hat, kann sie auch online (und weiterhin auf Papier) unterzeichnet werden“, so die KBV, man werde dann direkt informieren.
Praxenkollaps verhindern: Weitere Aktionen
Bereits seit Ende September läuft eine Mailing-Aktion der KBV. Über die Internetseite www.praxenkollaps.info können Patienten, aber auch Ärzte, Psychotherapeuten und Praxismitarbeitende Bundestagsabgeordnete anschreiben und sich dafür einsetzen, dass die ambulante Gesundheitsversorgung weiterhin gesichert bleibt. Dazu gibt es ein Poster, mit dem Praxen auf die Aktion aufmerksam machen können. Es kann auf der KBV-Website heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Darüber hinaus will die KBV alle Vertragsärzte und -psychotherapeuten online befragen und um ihre Einschätzung der Lage bitten. Dazu sollen alle Praxen per E-Mail beziehungsweise per Post angeschrieben werden.
Kampagnen der Zahnärzteschaft
Vonseiten der Zahnärzteschaft läuft seit Juni 2023 die Kampagne „Zähne zeigen“, die über die Folgen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes für die Behandlung der Patienten und die Zahnarztpraxen aufklären will und dazu auffordert, Bundestagsabgeordnete und Politiker dazu anzuschreiben. Die Kampagne wird vonseiten der KZBV noch erweitert und weiterentwickelt.
Im September hat dann auch der Freie Verband Deutscher Zahnärzte eine eigene Kampagne gestartet, die unter dem Titel „Wir geben Deutschland das Lächeln zurück“ laut Aussage der Agentur und des dafür noch verantwortlich zeichnenden früheren FVDZ-Bundesvorsitzenden Harald Schrader eher auf Wertschätzung für die Zahnärzte ziele und als Ergänzung zur KZBV-Kampagne gedacht sei. Dass es in der Zahnärzteschaft zwei Kampagnen gibt, wird durchaus kritisch gesehen.
Am 19. Oktober 2023 werden die Spitzen der KBV, der KZBV und des ABDA auf Einladung der Bundespressekonferenz in Berlin über das Thema gefährdete ambulante medizinische Versorgung/Situation der niedergelassenen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker informieren.