Von einer Misstrauens- zu einer Vertrauenskultur, spürbare Entlastungen bei den Dokumentations- und Nachweispflichten – dies fordert die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Zahnarztpraxen leiden unter einem Bürokratie-Burnout. Für die Behandlung der Patienten bleibt immer weniger Zeit“, so Dr. Ralf Hausweiler, Präsident der Zahnärztekammer Nordrhein.
In der Pressekonferenz zur Vorstellung des Zwischenberichts der Initiative gaben die Initiatoren zu, dass der Staat sich bei Dokumentations- und Nachweispflichten verdribbelt habe. Dieser solle Bürgern und Unternehmen künftig einen Vertrauensvorschuss geben, im Gegenzug solle es härtere Sanktionen geben, wenn etwas schief gehe. Die Zahnärztekammer Nordrhein begrüßt, dass auch Kanzlerkandidat Friedrich Merz sich Mitte März offen für Reformen zeigte. (Merz hatte auch in seiner Rede im Deutschen Bundestag am 18. März 2025 angekündigt, den Bürokratieabbau mit der neuen Bundesregierung vorantreiben zu wollen, Anm. d. Red.)
25 Prozent der Behandlungszeit wegen Bürokratie verloren
Zahnarztpraxen stehen aufgrund der stetig steigenden Vorgaben und einer unverhältnismäßigen Kontrolle vor einem Bürokratieburnout. 25 Prozent der Behandlungszeit gehen in Zahnarztpraxen inzwischen für Dokumentations- und Nachweispflichten verloren. Immer häufiger heißt es: Ihr Zahnarzt hat leider keine Zeit für sie, er sitzt am Schreibtisch. „Anstatt sich um die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu kümmern, soll beispielsweise bei Praxismitarbeitenden der Anpressdruck bei der Wischdesinfektion überprüft werden. Dies heißt: Es soll fortlaufend kontrolliert werden, mit welchem Druck Mitarbeitende ein mit Desinfektionslösung durchtränktes Tuch auf die zu reinigende Oberfläche drücken. Dabei gibt es keinerlei Infektionsgeschehen aufgrund der seit Jahren angewendeten Wischdesinfektion, im Gegenteil. Die Coronapandemie hat gezeigt, dass die Hygiene in Zahnarztpraxen gemäß Lehrbuch funktioniert“, beschreibt die Zahnärztekammer Nordrhein ein aktuelles Bürokratieproblem.
Mehr Vertrauen statt mehr Bürokratie
Die Wischdesinfektion sei nur eine von vielen unbegründeten zusätzlichen Auflagen. „Wir sind Zahnärzte und Freiberufler. Wenn wir unsere Hausaufgaben nicht machen, können wir unsere Praxen schließen, dann bleiben die Patienten weg“, sagte Dr. Hausweiler. Anstatt Zahnärztinnen und Zahnärzte durch immer neue Vorgaben zu gängeln, fordert die Zahnärztekammer Nordrhein seit langem dem Berufsstand wieder das Vertrauen zu schenken. „Übrigens: Die Patientinnen und Patienten vertrauen uns jedes Mal, wenn sie sich bei uns auf den Stuhl setzen“, gibt der Präsident zu bedenken.
Zahnärztekammer hatte Öffentlichkeit informiert
Die Zahnärztekammer Nordrhein hatte am Tag der Zahngesundheit am 25. September 2024 an 16 Aktionsständen Passanten auf die Missstände durch überbordende Bürokratie in Zahnarztpraxen hingewiesen. Mehr als 1.800 Passanten hatten im vergangenen Herbst den Aufruf an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterschrieben, Bürokratie in Zahnarztpraxen abzubauen, damit wieder mehr Zeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten bleibt. Die Postkarten hat der Präsident der Zahnärztekammer Nordrhein, Dr. Ralf Hausweiler, am 20. Dezember 2024 einer Mitarbeiterin des Wahlkreisbüros von Minister Lauterbach in Köln übergeben, der persönlich nicht zu sprechen war.
Körperschaften in NRW mit Initiative erfolgreich
In Nordrhein-Westfalen selbst ist es den zahnärztlichen Körperschaften Ende 2024 gelungen, einen Teil der Bürokratielast, die in der Verantwortung des Landes liegt, mit dem verantwortlichen Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) von den Praxen zu nehmen. Das betrifft unter anderem einheitliche und transparente Vorgaben bei Praxisbegehungen und einheitliche Hygieneschulungen für Praxen. Auch nicht für den Patientenschutz zwingend notwendige Dokumentationsvorschriften fallen weg.
Alle Informationen zum Aktionstag sowie zahlreiche Beispiele zur überbordenden Bürokratie in Zahnarztpraxen gibt es auf der Webseite der Zahnärztekammer Nordrhein.