Die Corona-Pandemie hat die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens gezeigt, aber auch die Schwachstellen sichtbar gemacht. Daraus gelte es jetzt Konsequenzen zu ziehen, so Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt. Die BÄK legt einen Zehn-Punkte-Plan dazu vor.
„Deutschland hat bei der Bewältigung der Corona-Pandemie vieles richtig gemacht. Die letzten Monate haben aber auch Schwachstellen in der Organisation unseres Gesundheitswesens offengelegt, sei es bei der Ausstattung der Gesundheitsämter, bei den Meldestrukturen oder bei der Finanzierung unserer Kliniken und Praxen. Jeder dieser Bereiche in unserem Gesundheitswesen ist in der gegenwärtigen Krise systemrelevant. Wir müssen deshalb jetzt die Hebel umlegen und diese Defizite beseitigen. Dann werden wir auch den weiteren Verlauf der Pandemie gut meistern.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt zur Vorstellung eines Zehn-Punkte-Plans der Bundesärztekammer für ein effektives Krisenmanagement. Dieses Papier sei ein Erfahrungsbericht aus dem Gesundheitswesen, und ein wichtiger Ratgeber von ärztlichen Praktikern für die Politik, betonte Reinhardt.
Beispiellose Einsatzbereitschaft verhindert Kollaps des Systems
Die Bundesärztekammer hebt in ihrem Papier hervor, dass ein Kollaps des Gesundheitswesens nur durch die beispiellose Einsatzbereitschaft von Ärztinnen und Ärzten sowie Angehörigen der anderen Gesundheitsfachberufe verhindert werden konnte. Und das, obwohl es in der Hochphase der Pandemie kaum Schutzausrüstung für Kliniken und Praxen gab. Für den Ernstfall müssen deshalb Reserven für Masken und andere relevante Medizinprodukte angelegt werden. Notwendig sind außerdem mehr innereuropäische Produktionsstandorte, um sich von den Weltmärkten unabhängiger zu machen. Die Bundesärztekammer setzt sich außerdem für europaweit vernetzte Meldestrukturen und den Aufbau einer zentralen Koordinierungsstelle ein, die kurzfristig Auftragsvergabeverfahren für dringend benötigte Arzneimittel oder Schutzausrüstung durchführen und die Verteilung organisieren kann.
Gegenfinanzierung von Schutzmaßnahmen in der Praxis
Im Infektionsschutzgesetz sollten feste Krisenstäbe mit klar definierten Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten angelegt werden. In den Kliniken müssen Personalressourcen und Reservekapazitäten im Rahmen der Krankenhausplanung definiert, umgesetzt und finanziert werden. Für die Praxen ist unter anderem eine angemessene Gegenfinanzierung zum Beispiel für Umbauten zum Schutz von Personal und Patienten und für die Umstellung des Praxismanagements erforderlich. Notwendig ist ferner ein flächendeckender Ausbau zertifizierter Videokonferenzmöglichkeiten, ein besserer Zugang zu Wissensdatenbanken und zu aktuellen Forschungsergebnissen für Ärztinnen und Ärzte.
Anreize für Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst schaffen
Die Gesundheitsämter brauchen für den weiteren Pandemieverlauf dringend mehr materielle und personelle Ressourcen. Neben modernen digitalen Kommunikationssystemen müssen Anreize für Ärztinnen und Ärzte geschaffen werden, im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) tätig zu werden. Dafür ist eine tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung der Amtsärzte unabdingbar. Zur ärztlichen Nachwuchsförderung insgesamt sind die Bundesländer aufgefordert, weitere finanzielle Mittel für eine ausreichende Zahl von Studienplätzen in der Humanmedizin bereitzustellen.
Einheitliche und verbindliche Teststrategie
Für medizinische Einrichtungen und Arztpraxen muss eine einheitliche und verbindliche Test-Strategie implementiert werden, die indizierte Testungen sowohl für Patienten als auch für die Gesundheitsfachberufe vorsieht. Mit Blick auf einen möglichen Impfstoff fordert die Ärzteschaft, bereits vorhandene Produktionsstandorte in Deutschland auszubauen. Auf internationaler Ebene sind Abkommen über gemeinsame Forschung, Herstellung sowie Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen erforderlich.
Das 16-seitige Papier mit dem Zehn-Punkte-Plan kann hier heruntergeladen werden.