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KBV: Bei Einhaltung von Budgetgrenzen müssten bis Jahresende 125 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte entfallen – „Arztpraxen lassen ihre Patienten nicht im Stich“

(c) MisterStock/Shutterstock.com

Am 15. November 2023 hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den „Zero Pay Day“ ausgerufen. Das ist der Tag, an dem die in Deutschland niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte statistisch gesehen kein Geld mehr für die meisten Behandlungen von Patientinnen und Patienten erhalten, die in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einzahlen.

Grund hierfür sind die vom Gesetzgeber und den Krankenkassen vorgegebenen Mengengrenzen in der vertragsärztlichen Versorgung. „Diese sollen die notwendige Leistungsmenge definieren; nur diese wird gemäß Gebührenordnung bezahlt. Allerdings sind die Leistungsmengen nicht nach Bedarfskriterien wie zum Beispiel der Alters-, Geschlechts- und Krankheitslast der Bevölkerung bestimmt worden. Sie sind seit Jahren zu niedrig. Somit wird Jahr für Jahr ein Anteil der vertragsärztlichen Leistungen nicht vergütet. Er liegt aktuell bei rund zehn Prozent. Trotzdem bleiben die Arztpraxen weiterhin geöffnet“, heißt es in einer Meldung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). (Bei den Vertragszahnärzten ist, anders als bei den Vertragsärzten, die sogenannte Morbiditätsentwicklung grundsätzlich in den Vergütungsvereinbarungen berücksichtigt, allerdings sind die Gesamtvergütung und der Punktwert für die Jahre 2023 und 2024 durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz budgetiert, was ebenfalls zu Kürzungen beziehungsweise Nichtvergütung erbrachter Leistungen führt.)

Was passiert, wenn alle Praxen schließen?

Was würde passieren, wenn alle Praxen vom 16. November 2023 bis Jahresende ihre Türen schließen würden? Nach Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) müssten rund 125 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte entfallen. Allein bei Kindern und Jugendlichen wären dies mehr als zehn Millionen entfallende Arzt-Patienten-Kontakte. In der Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen wären es mehr als 41 Millionen und bei den älteren Patientinnen und Patienten ab 70 Jahren rund 32 Millionen – davon etwa zwei Millionen Kontakte von Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern.
 

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi): Schätzung der potenziell entfallenden Arzt-Patienten-Kontakte bei ausgesuchten Diagnosen, wenn alle Arztpraxen in Deutschland die Behandlung gesetzlich Versicherter zum 16. November 2023 bis Jahresende einstellen würden. Datenbasis: Bundesweite vertragsärztliche Abrechnungsdaten 4. Quartal 2022
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi): Schätzung der potenziell entfallenden Arzt-Patienten-Kontakte bei ausgesuchten Diagnosen, wenn alle Arztpraxen in Deutschland die Behandlung gesetzlich Versicherter zum 16. November 2023 bis Jahresende einstellen würden. Datenbasis: Bundesweite vertragsärztliche Abrechnungsdaten 4. Quartal 2022
Zi

 

Schließungen würden Chroniker besonders treffen

Besonders chronisch kranke Patientinnen und Patienten wären stark betroffen. So schätzt das Zi, dass 14 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte bei Diabetikern, 12 Millionen Kontakte aufgrund von Rückenschmerzen, rund neun Millionen wegen Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und mehr als sieben Millionen aufgrund von koronaren Herzkrankheiten terminierte Praxisbesuchen nicht mehr stattfinden könnten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Zi-Schätzung, die auf der Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen im 4. Quartal 2022 beruhen.

Finanzierungslücke von 1,8 Milliarden Euro bei den Ärzten

„Aber auch die Akutversorgung wäre stark betroffen, wenn die Bereitschaft der Ärztinnen und Ärzten enden würde, ab dem 16. November weiterhin quasi ohne Honorar zu arbeiten. Allein bei akuten Atemwegserkrankungen würden mehr als zwölf Millionen Arzt-Patienten-Kontakte entfallen müssen“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. „In der ambulanten ärztlichen Versorgung klafft eine Finanzierungslücke von 1,8 Milliarden Euro. Das spürt jede einzelne Praxis. Trotzdem kümmern sich die 152.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte weiterhin täglich um ihre Patientinnen und Patienten. Obwohl die 100.000 Praxen in Deutschland unter Personalmangel, weiter steigender Bürokratielast, willkürlichen Regressandrohungen und dysfunktionaler Telematikinfrastruktur ächzen, lassen sie ihre Patientinnen und Patienten nicht im Stich. Und das, obwohl ihnen am Ende des Budgets rechnerisch kein einziger GKV-Euro zusätzlich mehr zur Verfügung gestellt wird.“

Zum Hintergrund: Der 15. November 2023 ist für die Praxen rechnerisch der „Zero Pay Day“. Von da an bekommen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bei Umrechnung quartalsbezogener Mengenbegrenzungen auf ein Kalenderjahr statistisch betrachtet kein Geld mehr für die meisten Behandlungen gesetzlich krankenversicherter Patientinnen und Patienten. Das Datum stellt einen Durchschnittswert dar. Wann genau die Budgets exakt erschöpft sind, hängt von Standort und Fachrichtung der Praxis ab. Die Zi-Schätzungen sind auf Grundlage der Leistungsinanspruchnahme im 4. Quartal 2022 vorgenommen worden. Hierzu dienten die bundesweiten vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Abrechnungsdaten gemäß Paragraf 295 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V).

Gut sechs Wochen im Jahr ohne Gehalt und Einnahmen

Kein Berufsstand in Deutschland würde auf die Dauer gut sechs Wochen im Jahr ohne Gehalt oder Einnahmen arbeiten wollen. Aber diese bittere Pille müssten die Praxisinhaberinnen und -inhaber seit vielen Jahren schlucken, so von Stillfried weiter. „Diese Eckdaten gefährden auf Dauer die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Wenn angehende Ärztinnen und Ärzte sich nicht mehr niederlassen oder gar nicht mehr in der medizinischen Versorgung arbeiten wollen, sind die Negativeffekte schnell zu spüren: Freie Arztsitze können kaum noch nachbesetzt werden, Praxisteams sind zunehmend überlastet und frustriert, Wartezeiten bei der Terminvergabe werden länger.“

Noch stemmten die Teams in den Praxen jedes Jahr mehr als 578 Millionen Behandlungsfälle und gut eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte. Von Stillfried: „Aber das im europäischen Vergleich hohe Versorgungsniveau will bewahrt werden. Wie schnell lange Warteschlangen und damit verbundene Behandlungsdefizite Realität werden, kann in europäischen Nachbarländern beobachtet werden.“
 

Quelle: Zi Politik Praxis Nachrichten

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