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Robert Ganley, Diego Gabathuler und Michael Taube, Ivoclar Vivadent, im Interview zu Trends, Produkten und Herausforderungen vor der IDS 2019

Seit Jahrzehnten gehört Ivoclar Vivadent zu den innovativsten Unternehmen im internationalen Dentalmarkt. Die Produkte des in Schaan/Liechtenstein ansässigen Familienunternehmens haben in der Zahnmedizin und Zahntechnik immer wieder Benchmarks gesetzt und gelten vielfach als Goldstandard.

Seit 1990 ist Robert Ganley für Ivoclar Vivadent tätig, seit 2003 führt er als CEO das Unternehmen. Bereits im Herbst 2018 kam die Ankündigung, dass er diese Aufgabe zum 1. Juli 2019 an Diego Gabathuler übergeben wird, der derzeit als Head of Sales EMEA & Latin America bei Ivoclar Vivadent tätig ist. Seit Dezember 2017 verstärkt zudem Michael Taube als Chief Marketing Officer das Führungsteam in Schaan. Im Interview mit Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin der Quintessence News, sprachen Ganley, Gabathuler und Taube Anfang dieses Jahres in Schaan über aktuelle Marktentwicklungen, neue Produkte, den anstehenden Wechsel und die Herausforderungen für die Zukunft.

Herr Ganley, anlässlich des International Expert Symposiums in Rom im Juni 2018 haben Sie eine Markteinschätzung für den gesamten Dentalmarkt und für das Wachstum von Ivoclar Vivadent in den Märkten gegeben. Wie richtig haben Sie damit gelegen?


Robert Ganley (Foto: Ivoclar Vivadent)

Robert Ganley: Die Markttrends, die wir vorhergesehen haben, manifestieren sich noch stärker als angenommen. Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche – auch die Medizin und die Zahnheilkunde. Patienten informieren sich heute über das Internet und tauschen sich zu Produkten und Behandlungsmethoden aus. Die Nachfrage nach ästhetischen Versorgungen steigt.

Für Nordamerika erwarteten wir Wachstumsraten von 1 bis 2 Prozent, für Europa 2 Prozent. Asien ist mit 6 Prozent ein stark wachsender Markt, auch für Lateinamerika, die arabischen Länder und Afrika war mit 4 bis 5 Prozent Wachstum zu rechnen. Insgesamt gingen wir für 2018 von einem Wachstum des Gesamtmarkts von 2,5 Prozent aus. Mit dieser Vorhersage lagen wir im Großen und Ganzen richtig.

Welche Entwicklungen haben Sie vielleicht überrascht – sowohl im Gesamtmarkt als auch bei Ivoclar Vivadent selbst?

Ganley: Dass die CAD/CAM-Technologie im Laborbereich schnelleres Wachstum verzeichnete als im Zahnarztbereich. Labore sind heute in vielen Ländern viel stärker digitalisiert als Zahnarztpraxen. Die Anwendung von Zirkoniumoxid wuchs im selben Ausmaß, wie sich die CAD/CAM-Technologie in den Laboren durchsetzte. Heute zeigt dieses Material das schnellste Wachstum unter den vollkeramischen Werkstoffen.

Wie entwickelt sich das Zahnarzt-Geschäft international und in Kernmärkten wie Deutschland? Welche Rolle spielt der Bereich Prophylaxe hier für Ivoclar Vivadent?

Ganley: Das Zahnarztgeschäft wächst in allen globalen Märkten, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Erwartungsgemäß ist es in den Schwellenländern am größten.


Diego Gabathuler und Robert Ganley (Foto: Ivoclar Vivadent)

Diego Gabathuler: Ivoclar Vivadent ist im Zahnarztbereich mit verschiedenen Produkten erfolgreich. Mit insgesamt rund 240.000 verkauften Bluephase-Exemplaren sind wir Weltmarktführer bei den Polymerisationsgeräten. Die Bluephase G4, die wir im Januar gelauncht haben, ist nicht nur stylish und zuverlässig, sondern auch intelligent: Ihr automatisches Assistenzsystem hilft dem Anwender, die Qualität der Polymerisation sicherzustellen – und an der IDS 2019 steht bereits die nächste Innovation aus diesem Bereich am Start.

Das Thema Prophylaxe, das Sie angesprochen haben, ist für Ivoclar Vivadent ebenfalls wichtig. Ein abgestimmtes Produktsortiment zur professionellen Pflege hat nicht nur auf die Mundgesundheit positive Auswirkungen, sondern auf das gesamte Wohlbefinden. Diesem Umstand wollen wir in Zukunft noch stärker Rechnung tragen.

2017 zur IDS wurde Ivoclar Digital als eigene Marke gelauncht, das Unternehmen hat in diesem Segment auch viel investiert. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt? Werden neue Anwendungen – Scanner, 3-D-Drucker – und Materialien hinzukommen?

Ganley: Zur IDS 2017 haben wir unser neues Fräsmaschinenportfolio sowie die neuen CAD/CAM-Materialien unter der Marke Ivoclar Digital vorgestellt. Wir wussten, dass wir im Material- und im Gerätesektor das Know-how dazu haben. Die Entwicklung hat etwas länger gedauert als geplant, aber das haben wir in Kauf genommen, um die von unserem Unternehmen gewohnte hohe Qualität sicherstellen zu können. Die PrograMill PM7 wurde im Sommer 2018 erfolgreich eingeführt. Die PrograMill PM5 und die PrograMill PM3 werden in einigen Monaten folgen. Die Einführung der PrograMill One ist für das 4. Quartal 2019 geplant.

Seit November 2018 ist in einigen Märkten IvoSmile verfügbar, eine Augmented-Reality-Anwendung für die Beratung in der Zahnarztpraxis, mit der sich Behandlungsergebnisse simulieren lassen. Vorgestellt wurde die App schon in Rom im Rahmen des internationalen „International Expert Symposiums“ (IES). Gibt es Erfahrungen, wie Zahnärzte diese Lösungen annehmen?

Ganley: Das Interesse an IvoSmile ist sehr groß. Und wir planen weitere Apps einzuführen. Denn für Zahnärzte und Zahntechniker können Tools, die die Kommunikation mit den Patienten erleichtern, äusserst nützliche Hilfsmittel sein. Mit ihrer Hilfe können sie zeigen, wie Patienten nach einer Behandlung aussehen könnten.

Gabathuler: Das mögliche Endergebnis zu sehen, kann den Wunsch nach einer Versorgung verstärken und die Entscheidung dafür erleichtern.

Michael Taube: Die ersten Reaktionen auf IvoSmile sind sehr positiv. Wir sind gespannt, wie die Besucherinnen und Besucher an der IDS auf die neue Anwendung reagieren werden.

In Rom sind auch die ersten neuen PrograMill-Maschinen gelauncht worden – wie ist die Resonanz auf diese ja schon zur IDS 2017 erstmals vorgestellten eigenen Maschinen?

Ganley: Die PrograMill PM7 hat sich in der Anwendung im Labor sehr gut bewährt.  Die Nachfrage ist mittlerweile so groß, dass wir trotz Erweiterung der Produktionskapazitäten nicht ganz so schnell liefern können, wie wir das gerne würden. Wir arbeiten jedoch mit Hochdruck an der Erhöhung der Kapazitäten.

Gabathuler: Die hohe Nachfrage ist ein Kompliment für uns. Sie zeigt, dass die Kunden, die bereits eine PM7 haben, sehr zufrieden sind und das Gerät weiterempfehlen. Im Vergleich zu Produktystemen von anderen Anbietern hat die PrograMill den Vorteil der integrierten Software. Zusammen mit den passenden Materialien bieten wir hier einen abgestimmten Prozess für das Labor.


Im Gespräch: Diego Gabathuler, Robert Ganley, Michael Taube, Dr. Marion Marschall (Foto: Ivoclar Vivadent)

„One size fits all“ funktioniert ja schon lange nicht mehr für die verschiedenen Märkte in Europa und der Welt. Aber man gewinnt auch den Eindruck, dass Märkte wie Deutschland in sich immer mehr zerfasern. Die Bereitschaft, Innovationen aufzunehmen und zu übernehmen, ist hier bei Zahnärzten und Zahntechnikern sehr unterschiedlich. Vor allem die Zahntechniker sind sehr empfindlich geworden, besonders wenn sie befürchten, dass ihre Leistung und ihr Geschäft zum Zahnarzt verlagert werden sollen. Wie geht man mit solchen divergierenden Märkten und Befürchtungen um?

Ganley: Neue Technologien verändern unsere Lebens- und Arbeitswelt. Das erleben wir tagtäglich. Die Frage ist, ob wir willens und in der Lage sind, diesen Wandel mitzugehen. Viele Zahntechniker begrüßen digitale Technologien, da sie damit verlässlichere Ergebnisse erzielen und ihre Effizienz erhöhen. Andere setzen auf traditionelle Fertigungsprozesse. Wir denken, dass am Ende jeder Kunde selber entscheiden muss, welche Technik sich für ihn als Person und für seine Fälle am besten eignet.

Bei Ivoclar Vivadent sehen wir es als unsere Aufgabe an, unseren Kunden durch Innovationen neue Möglichkeiten zu eröffnen und verschiedene Alternativen anzubieten. Die Auswahl der bevorzugten Mittel macht der Kunde selber.

Sie positionieren sich klar pro Zahntechnikerhandwerk und zahntechnisches Labor. Wie sehen Sie das Arbeitsfeld des Zahntechnikers der Zukunft angesichts der nach wie vor rasanten technischen Entwicklungen?

Ganley: Wir sind davon überzeugt, dass die Nachfrage nach gut ausgebildeten Zahntechnikern steigen wird. Aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung wird der Zahnarzt mit immer komplexeren Fällen konfrontiert sein, für deren Lösung er die Hilfe eines Zahntechnikers benötigt. Speziell im Rahmen der Herstellung von implantatgestützten Restaurationen sowie komplexen festsitzenden oder abnehmbaren Arbeiten werden zahntechnische Fertigkeiten in Zukunft noch stärker gefragt sein.

Gabathuler: Der Zahntechniker der Zukunft wird Handwerkskunst immer stärker mit digitalen Verfahren verbinden. Ich glaube, dass sich damit sehr effizient ästhetische Restaurationen fertigen lassen. Der Zahntechniker als digitaler Kunsthandwerker ist ein Beruf mit Zukunft. Wir arbeiten intensiv an Schulungsangeboten und Serviceleistungen, um den Kunden in diesem Wandel zu begleiten.

Und welches Feedback bekommen Sie dazu von den Zahntechnikern? Oliver Brix, einer der internationalen Key Opinion Leader und Meister der handwerklichen Zahntechnik, hat in Rom ja ein beeindruckendes Statement zu einer Zahntechnik „state of the art“ als Fusion von digitaler Technik und Handwerk abgegeben.

Ganley: Dieser Vortrag von Oliver Brix war einer der inspirierendsten und emotionalsten Vorträge, die ich je gehört habe. Seine Botschaft war klar: Verbindet man die Kenntnisse und Fertigkeiten des Zahntechnikers mit den Möglichkeiten der digitalen Technologien, so tut sich ein breites Feld an neuen Möglichkeiten auf. Aber man muss sich darauf einlassen. Und dazu braucht es eine Vision, Mut und Selbstvertrauen.


Robert Ganley, CEO der Ivoclar Vivadent AG, Dr. Marion Marschall, Quintessence News, Diego Gabathuler, Head of Sales EMEA & Latin America, und Michael Taube, Chief Marketing Officer (von links). (Foto: Ivoclar Vivadent)

Der Wechsel in der Geschäftsführung der Ivoclar Vivadent AG ist schon lange angekündigt, im Sommer dieses Jahres wird er vollzogen werden. Wie gestalten Sie diese gemeinsame Übergangszeit nach innen und außen?

Ganley: Wir stärken jene Bereiche, in denen wir erfolgreich sind, und versuchen die anderen Bereiche zu optimieren. Diego Gabathuler wird das tun, was auch ich und meine Vorgänger getan haben – das Unternehmen mit klugen und mutigen Entscheidungen in die Zukunft führen.

Gabathuler: Bob Ganley und ich sehen viele Dinge gleich, wählen aber unterschiedliche Wege und Herangehensweisen. Der Austausch darüber ist sehr bereichernd – und bringt uns zu den besten Lösungen. Ich schätze die Zusammenarbeit mit ihm sehr.

Taube: Die frühzeitige Planung des Führungswechsels passt zu Ivoclar Vivadent. Wir planen langfristig – in allen Bereichen. Auch für die Mitarbeitenden ist diese partnerschaftliche, koordinierte Übergabe positiv. Wir sind gerüstet für die Zukunft.

Herr Ganley, Sie sind seit 1990 für Ivoclar Vivadent tätig, seit 2003 als CEO. Sie werden das Unternehmen als Mitglied des Verwaltungsrats auch weiter begleiten. Was waren für Sie im Rückblick die schönsten und die schwierigsten Situationen in dieser langen Zeit?

Ganley: Darauf kann ich nur antworten: der Anfang, das Ende und alles dazwischen. 1990 übertrug mir Christoph Zeller von der Ivoclar Vivadent-Eigentümerfamilie die Verantwortung für die nordamerikanische Niederlassung. Das war eine seiner ersten Entscheidungen als CEO und für uns beide der Startschuss in einer neuen Rolle. Nun erfolgt mein Rücktritt als CEO zur gleichen Zeit wie sein Rückzug von der Position des Verwaltungsratspräsidenten. Das ist für uns beide ein stimmiger Schlusspunkt.

In den 29 Jahren dazwischen konnten wir gemeinsam das Unternehmen und die Zahnheilkunde verändern. Mit der ästhetischen Revolution entstand eine neue Begrifflichkeit und ein neuer Anspruch an die Ästhetik des Behandlungsergebnisses. Auch die Adhäsivtechnik als Voraussetzung für das minimal-invasive Vorgehen in der Zahnmedizin gewann an Bedeutung. Mit Produkten wie Variolink, Tetric Ceram, IPS Empress, Bluephase Style, Programat, IvoBase, Tetric EvoCeram und natürlich IPS e.max haben wir neue Lösungen für die qualitativ hochwertige ästhetische Zahnheilkunde geschaffen. Mit den steigenden Erwartungen von Patienten, Zahnärzten und Zahntechnikern weiteten wir unsere Aktivitäten als Unternehmen weltweit aus. Und zur IDS 2019 werden wir in punkto Ästhetik und Effizienz wieder neue Maßstäbe setzen.

Welche Herausforderungen wird Ivoclar Vivadent in den kommenden Jahren meistern müssen – neben dem Neubauprojekt in Schaan, das ja auch ein klares Zeichen für Wachstum und weitere Selbstständigkeit ist?

Ganley: Der Neubau in Schaan mit einem Investitionsvolumen von 50 Millionen Franken ist ein klares Zeichen für die Zukunft, das ist richtig. Die größten Herausforderungen sehen wir in wirtschaftlichen Faktoren und neuen Technologien. Die moderne Kommunikation wird neue Chancen eröffnen und uns vor neue Herausforderungen stellen. Veränderungen offen zu begegnen ist für mich der Schlüssel zum Erfolg. Aber man muss auch fokussiert bleiben, damit man sich nicht in der Fülle der Möglichkeiten verliert.

Gabathuler: Eine große Aufgabe ist es auch, talentierte und engagierte Mitarbeitende für die vielen Aufgaben in einem auf Innovation und Wachstum ausgerichteten Unternehmen zu gewinnen. Ivoclar Vivadent ist ein attraktiver Arbeitgeber mit vielfältigen, spannenden Arbeitsstellen. Darüber sprechen wir viel zu selten.

Taube: Ivoclar Vivadent ist ein Familienunternehmen. Das spürt man in vielen Bereichen, vor allem aber in der werteorientierten Führungskultur, die im täglichen Miteinander gelebt wird. Ich glaube, dass wir hier persönliche Entwicklungsmöglichkeiten bieten können, die es nicht überall gibt in der Branche.

In welchen Bereichen soll das Unternehmen weiterwachsen, welche neuen Felder sollen erschlossen werden?

Ganley: Wir gehören zu den führenden Anbietern im Bereich der ästhetischen Zahnheilkunde. Diese Position wollen wir weiter stärken. Wir werden in allen Bereichen unseres Unternehmens digitale Technologien einsetzen – zur Verbesserung der internen Prozesse und zur Verbesserung der Abläufe beim Kunden. Wir wollen Mensch und Technik in eine Symbiose bringen und unsere Kunden dadurch noch besser unterstützen.

Gabathuler: Gerade im Bereich Aus- und Weiterbildung gibt es eine hohe Nachfrage bei Zahnärzten und Zahntechnikern, der wir mit qualitativ hochwertigen und modernen Angeboten begegnen wollen. Die digitalen Prozesse – Software, Workflow und so weiter –  brauchen einen entsprechenden Service. Wir wollen für unsere Kunden der beste Partner sein.

Ivoclar Vivadent auf der IDS: Halle 11.3 Stand A 20 bis D 39

Read this Interview in english: Digital Craftmanship is the future

Titelbild: Robert Ganley, CEO der Ivoclar Vivadent AG, Dr. Marion Marschall, Quintessence News, Diego Gabathuler, Head of Sales EMEA & Latin America, und Michael Taube, Chief Marketing Officer (von links). (Foto: Ivoclar Vivadent)
Quelle: Quintessence News Wirtschaft Unternehmen Dentallabor IDS

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