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Deutsche Regelung sieht bislang Kosten vor – BGH muss jetzt noch im Streit zwischen Zahnärztin und Patient entscheiden

Das Gebäude des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg.

(c) Anthony Dehez/ European Union, 2020

Für die erste Kopie seiner Patientenakte dürfen einem Patienten keine Kosten in Rechnung gestellt werden. Der Patient muss auch nicht begründen, warum er diese Kopie haben möchte. Das hat der Europäische Gerichtshof jetzt entschieden und damit die in Deutschland geltende Praxis infrage gestellt.

Der Fall: Ein Patient verlangte von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Patientenakte, um gegen sie Haftungsansprüche wegen Fehlern geltend zu machen, die ihr bei seiner zahnärztlichen Behandlung unterlaufen sein sollen. Die Zahnärztin forderte jedoch, dass er – wie nach deutschem Recht vorgesehen – die Kosten für das Zurverfügungstellen der Kopie der Patientenakte übernimmt.

BGH gibt Frage an den EuGH

Da der Patient der Ansicht ist, Anspruch auf eine unentgeltliche Kopie zu haben, ruft er die deutschen Gerichte an. Unter diesen Umständen hat der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschlossen, dem Europäischen Gerichtshof Fragen zu einer sogenannten Vorabentscheidung vorzulegen. Denn nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts, in diesem Fall der Datenschutz-Grundverordnung (im Folgenden: DSGVO), ab.

Anspruch auf Kostenfreiheit leitet sich aus der DSGVO her

In seinem Urteil (Rechtssache C-307/22 | FT) stellt der Gerichtshof fest, dass in der DSGVO das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne, dass ihm hierdurch Kosten entstehen. Der Verantwortliche kann ein solches Entgelt nur dann verlangen, wenn der Patient eine erste Kopie seiner Daten bereits unentgeltlich erhalten hat und erneut einen Antrag auf diese stellt.

Zahnärztin muss nach DSGVO Daten unentgeltlich zur Verfügung stellen

Die betreffende Zahnärztin ist als Verantwortliche für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ihres Patienten anzusehen, so der EuGH. Als solche ist sie verpflichtet, ihm eine erste Kopie seiner Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Patient ist nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen, so das Gericht.
Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen.

Recht auf eine vollständige Kopie der Dokumente aus der Aktie

Des Weiteren hat der Patient das Recht, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in seiner Patientenakte befinden, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich ist. Dies schließt Daten aus der Patientenakte ein, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten, so die Entscheidung der Luxemburger Richter.

Mit einem Vorabentscheidungsersuchen haben die Gerichte der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg im Rahmen eines Rechtsstreits, über den sie zu entscheiden haben, Fragen betreffend die Auslegung des Unionsrechts oder die Gültigkeit einer Handlung der Union vorzulegen. Der Gerichtshof entscheidet dabei nicht den beim nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Dieser ist unter Zugrundelegung der Entscheidung des Gerichtshofs vom nationalen Gericht zu entscheiden. Die Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, wenn diese über vergleichbare Fragen zu befinden haben.

Das Urteil des EuGH in deutscher Fassung kann hier abgerufen werden. Jetzt muss der BGH in Karlsruhe über den konkreten Fall entscheiden.

Die deutsche Regelung zur Kostenpflichtigkeit findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), § 630gEinsichtnahme in die Patientenakte“:

(1) Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

(3) Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.

Aktualisiert am 27. Oktober 2023, 10.45 Uhr, um den BGB-Paragrafen mit der bisher geltenden deutschen Regelung. -Red

Quelle: EuGH Dokumentation Patientenkommunikation Praxis Team

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