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Hypothetische Einwilligung: nur die letzte Rettung
Gesetzlich geregelt im BGB, aber mit strengem Maßstab des Bundesgerichtshofs
(c) ElenaYakimova/Shutterstock.com
Es ist bekannt, dass eine (zahn-)ärztliche Behandlung nur zulässig ist, wenn der Patient wirksam in sie eingewilligt hat. Eine wirksame Einwilligung setzt unter anderem voraus, dass der Patient über gleichwertige Behandlungsalternativen und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile aufgeklärt wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass der Zahnarzt die erfolgte Aufklärung beweisen muss. Gelingt ihm dies nicht, liegt eine unzulässige Behandlung vor – mit erheblichen juristischen Konsequenzen.
In solchen Fällen gibt es eine letzte Rettung: Schon vor vielen Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtsfigur der sogenannten hypothetischen Einwilligung entwickelt: Der Zahnarzt kann sich darauf berufen, der Patient hätte auch im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Behandlung eingewilligt. Diese Rechtsfigur wurde vor rund zehn Jahren auch in das Gesetz aufgenommen: Paragraf 630 h Absatz 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Ausweg nach neuem BGH-Urteil schnell versperrt
Leider ist es so, dass die Rechtsprechung insofern einen strengen Maßstab anlegt, wie der BGH jetzt bestätigte (Az.: VI ZR 277/19, Urteil vom 7. Dezember 2021). Dem Zahnarzt ist dieser Ausweg schon dann versperrt, wenn der Patient nur plausibel macht, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte. Er muss nicht einmal behaupten, dass er sich gegen die durchgeführte Behandlung entschieden hätte, geschweige denn beweisen.
Aufklären und ausführlich dokumentieren
Um Aufklärungsfehler zu vermeiden, sollte man also eher zu viel aufklären und dies ausführlich dokumentieren und sich nicht auf die „hypothetische Einwilligung“ verlassen.
Dr. Wieland Schinnenburg, Hamburg
Foto: Burgis Wehry/SchinnenburgDr. Wieland Schinnenburg studierte Zahnmedizin und Jura und war bis Ende 2017 als Zahnarzt in eigener Praxis in Schleswig-Holstein tätig. Parallel arbeitete er als Rechtsanwalt und Mediator in Hamburg und ist in diesem Bereich weiter aktiv. Schinnenburg ist FDP-Mitglied und war unter anderem Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Nach der Bundestagswahl 2017 war er für eine Legislaturperiode bis Oktober 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags und in dieser Zeit Mitglied des Gesundheits- und des Rechtsausschusses und Drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.
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