Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern mangelt es häufig an den erforderlichen Fähigkeiten, um das Internet effektiv für die Bewältigung von beruflichen Aufgabenstellungen zu nutzen. Zu diesem Ergebnis kommen Untersuchungen, die seit drei Jahren an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in einem Forschungsverbund mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main durchgeführt werden.
Aktuelle Forschungen und die Hochschulpraxis belegen, dass das Internet mittlerweile auch bei der Ausbildung von Studierenden einen zentralen Stellenwert einnimmt und die Studierenden das Internet zunehmend als Haupt-Informationsquelle im Studium verwenden.
Internet als Haupt-Informationsquelle
Wie effektiv die Online-Quellen im Anschluss an das Studium von Berufseinsteigern genutzt werden, war daher Gegenstand der Untersuchungen in den Bereichen Jura, Medizin und Lehramt, die eine große gesellschaftliche Relevanz haben und in denen es besonders wichtig ist, auf dem neuesten Informationsstand zu sein. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kompetenz zum kritischen Umgang mit Online-Informationen bereits während des Studiums durch ein gezieltes Training gefördert werden sollte. Das Feedback zu dem neu entwickelten digitalen Training war seitens der Studienteilnehmer positiv.
Generelle und fachspezifische Internet-Nutzung untersucht
Im Internetzeitalter wird die Kompetenz zur kritischen Nutzung von Online-Informationen immer wichtiger – sowohl im Alltag als auch bei der Berufstätigkeit, auf die das Studium vorbereiten soll. An der JGU untersucht das Forschungsprojekt BRIDGE (Berufspraktische Bildungsprozesse im Recht- und Lehramtsreferendariat sowie der Medizin unter Nutzung digitaler Medien) unter Leitung von Prof. Dr. Olga Zlatkin-Troitschanskaia die Kompetenz von Studierenden und Berufsanfängern im Umgang mit Online-Medien. Ermittelt werden dabei einerseits die Fähigkeiten bei der generellen, sogenannten generischen Nutzung des Internets für alltägliche Themen, beispielsweise um die Frage zu beantworten, ob Elektrofahrräder die Gesundheit fördern. Andererseits werden die Fähigkeiten zur Recherche, Evaluation und Nutzung von Online-Quellen zur Lösung von fachspezifischen Aufgaben analysiert, zum Beispiel bei Lehrkräften für die Erstellung eines Unterrichtsplans oder bei Medizinern für die Erstellung eines Diagnoseplans.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Online-Fähigkeiten der Berufsanfänger bei der Lösung von alltäglichen Aufgabenstellungen oft gut sind“, erklärt Marie-Theres Nagel, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BRIDGE-Projekt. Allerdings gelang es den Studienteilnehmern oft nicht, diese generische Kompetenz auch auf berufsspezifische Aufgabenstellungen zu übertragen und erfolgreich anzuwenden. „Die generischen und die fachspezifischen Kompetenzen für den kritischen Umgang mit Online-Informationen hängen nicht unbedingt miteinander zusammen“, so Nagel. Zlatkin-Troitschanskaia erklärt: „Während zum Beispiel ein Medizinstudent das Internet zur Lösung einer berufsspezifischen Aufgabe, wie der Erstellung eines Diagnoseplans, sehr effektiv nutzen kann, kann er gleichzeitig große Defizite bei der Internetnutzung zum Lösen einer generischen Aufgabe zur Pandemie aufweisen und umgekehrt.“ Defizite zeigten die Teilnehmer aus den drei Domänen Jura, Medizin und Lehramt vor allem bei der Suche nach hochqualitativen Quellen, Einschätzung der Webseitenqualität und Zuverlässigkeit der Informationen.
Internet-Kompetenz bereits im Studium fachspezifisch trainieren
„Die entsprechenden Internet-Kompetenzen sollten daher im Rahmen des Studiums gezielt und auch fachspezifisch gefördert werden“, sagt Nagel. Einen Ansatz dafür stellt das digitale Training dar, das in BRIDGE entwickelt wurde. Auf Basis der ermittelten individuellen Stärken und Schwächen kann systematisch eine gezielte Förderung angeboten werden. „Die Studierenden brauchen diese grundlegenden Kompetenzen, um sich in der ständig verändernden digitalen Medienlandschaft zu behaupten. Von unseren Studienteilnehmern haben wir ein positives Feedback im Hinblick auf die Trainingseffekte erhalten.“
Im weiteren Verlauf berücksichtigt und testet das Forschungsteam unter der Leitung von Olga Zlatkin-Troitschanskaia an der JGU auch die neuesten Entwicklungen und Anwendungen auf dem Feld der künstlichen Intelligenz wie ChatGPT, beispielsweise inwieweit KI-Programme in der Lage sind, die allgemeinen und fachspezifischen Aufgabenstellungen aus den Erhebungen zu lösen.