Von Ärzte- und Zahnärzteschaft lange gefordert, jetzt für den Freistaat Thüringen umgesetzt: 6 Prozent der Studienplätze in Medizin und Zahnmedizin im Land –konkret an der Friedrich-Schiller-Universität Jena – sollen an Studienwillige vergeben werden, die sich verpflichten, nach ihrem Studium für zehn Jahre in Thüringen in der hausärztlichen Versorgung oder als Zahnärztinnen/Zahnärzte beziehungsweise Kieferorthopädinnen/Kieferorthopäden zu arbeiten.
Wegen der in einigen Regionen schon manifesten oder drohenden Unterversorgung in der hausärztlichen – hier sind auch Kinder- und Jugendärzte und Internisten in hausärztlicher Versorgung mit gemeint – und zahnärztlichen Versorgung haben Ärzte- und Zahnärzteschaft in Thüringen, aber auch in anderen Bundesländern, schon lange eine sogenannte Landarzt- beziehungsweise Landzahnarztquote bei der Vergabe der Studienplätze für Medizin und Zahnmedizin gefordert. Zuletzt hatten sich die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen in den östlichen Bundesländern beim Ostbeauftragten der Bundesregierung, dem Thüringer SPD-Politiker Carsten Schneider, für eine Landzahnarztquote stark gemacht.
Über die Vorabquote vergeben
Für den Arztberuf war dazu seit 2021 in Thüringen ein Entwurf im Umlauf, im Sommer 2023 wurde von der Thüringischen Landesregierung ein Gesetzentwurf vorgelegt, der jetzt auch auf den Zahnarztberuf ausgeweitet wurde. Beschlossen wurde nun vom Landtag am 12. Juni 2024 das „Thüringer Gesetz über die Unterstützung der Sicherstellung der hausärztlichen und zahnärztlichen Versorgung in Gebieten mit besonderem öffentlichen Bedarf (Thüringer Haus- und Zahnärztesicherstellungsgesetz – ThürHaZaSiG). Das Angebot: Wenn sich Studienplatzbewerber zu Ärzten ausbilden lassen, die zur hausärztlichen Versorgung zugelassen werden können, „und anschließend mindestens zehn Jahre in entsprechenden Regionen arbeiten, können sie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena einen Studienplatz im Rahmen der sogenannten Vorabquote erhalten, die im Staatsvertrag über die Hochschulzulassung geregelt ist. Gleiches gilt für Bewerber um einen Zahnmedizinstudienplatz, die Vertragszahnärzte oder Kieferorthopäden werden wollen“, heißt es in der Meldung des Landtags zum Beschluss.
Auswahl der Bewerber in zweistufigem Verfahren
Künftig sollen 6 Prozent der Studienplätze an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Rahmen der Vorabquote an Studenten vergeben werden sollen, die sich vertraglich binden. Das Gesetz regelt insbesondere die Auswahl der Bewerber in einem zweistufigen Verfahren durch eine fachkundige Auswahlkommission. Geprüft werden die fachliche und persönliche Eignung für eine hausärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit. So sollen neben strukturierten und fachspezifischen Studierfähigkeitstests auch erfolgreich abgeschlossene Ausbildungen in einem Gesundheitsberuf und dessen Ausübung für bis zu zwei Jahre oder eine mindestens einjährige Tätigkeit im Rahmen des Bundesfreiwilligen- oder Jugendfreiwilligendienstes genauso berücksichtigt werden wie eine mindestens zweijährige ehrenamtliche Tätigkeit. In das Auswahlverfahren sollen in der zweiten Stufe doppelt so viele Bewerber einbezogen werden, wie Plätze zur Verfügung stehen.
Vertragsstrafen bis zu 250.000 Euro
Die erfolgreichen Bewerber müssen dem Gesetz zufolge in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zusichern, ihre Verpflichtungen einzulösen und insbesondere die ärztliche beziehungsweise zahnärztliche Tätigkeit für die Dauer von mindestens zehn Jahren in dem betreffenden unterversorgten Gebiet auszuüben. Tun sie dies nicht, droht ihnen eine Vertragsstrafe von bis zu 250.000 Euro.
Mutterschutz und Schwangerschaft zählen mit
Ausnahmen hat der Landtag für die Ärztinnen/Zahnärtinnen geschaffen, die sich verpflichtet haben und in der Zehn-Jahres-Frist schwanger werden und in Mutterschutz gehen. Entsprechende Unterbrechungszeiträume führen nicht zu einer Verlängerung des Zehn-Jahreszeitraums, sondern zur Anerkennung einer besonderen Härte, die zur zeitweisen Befreiung von den Verpflichtungen führt.
Auch andere Facharztausbildungen möglich
Nach der Regelung über die Voraussetzungen für die Zulassung können sich die Studenten aber auch entscheiden, eine Weiterbildung zu einem sonstigen Facharzt zu absolvieren, deren Absolventen sich an der hausärztlichen Versorgung in Bedarfsgebieten beteiligen können. Hierzu gehören beispielsweise Kinder- und Jugendärzte sowie Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen bzw. zahnärztlichen Versorgung gewählt haben.
Bereits 2023 hatte der Thüringer Landtag ein Gesetz beschlossen, mit dem die Niederlassung in unterversorgten Gebieten finanziell mit bis zu 40.000 Euro auch für Zahnärztinnen/Zahnärzte beziehungsweise Kieferorthopädinnen/-orthopäden gefördert wird.