Ein positives Fazit der ersten Wochen mit dem E-Rezept in den Arztpraxen zieht die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Das elektronische Rezept ist in den Arztpraxen angekommen. „Dennoch bestehen vielerorts noch technische Schwierigkeiten, die schnellstens gelöst werden müssen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner nach Auswertung der Ergebnisse einer Online-Befragung von Praxen.
Das positive Fazit, das Mitte Februar veröffentlicht wurde, wird allerdings von Störungen in der Telematikinfrastruktur getrübt. Am 14. Februar 2024 gab es eine flächendeckende Störung, die von der TI-Agentur Gematik auf Probleme mit den zentralen Diensten beim TI-Dienstleister Arvato Systems zurückgeführt wurde. An diesem Tag gab es auch Probleme beim Ausstellen und vor allem beim Abrufen von E-Rezepten.
Mehr als 5.300 Ärztinnen und Ärzte haben sich in der ersten Februarwoche an der Befragung der KBV beteiligt und ihre Erfahrungen mit dem elektronischen Rezept geteilt. Demnach nutzen 92 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte das E-Rezept für das Verordnen verschreibungspflichtiger Medikamente. Mehr als 60 Prozent berichteten, dass das Ausstellen von E-Rezepten bis auf kleinere Probleme funktioniert.
Weniger Patienten in der Praxis, leichtere Korrekturen
„Die Vorteile des E-Rezepts werden durchaus gesehen“, sagte Steiner den PraxisNachrichten. Genannt worden sei beispielsweise, dass weniger Patienten für die Rezeptabholung in die Praxis kommen müssten und es einfacher möglich sei, nachträglich, etwa bei Lieferschwierigkeiten, eine Verordnung zu ändern.
Probleme und schlecht informierte Patienten
Steiner: „Dennoch läuft vieles noch nicht perfekt. Und der Aufwand ist teilweise zu hoch.“ Die Ärgernisse reichten von technischen Problemen beim Ausstellen und Einlösen der Rezepte in den Apotheken bis dahin, dass immer noch Papierrezepte beispielsweise für Heimbewohner ausgestellt werden müssten. Auch kritisierten etliche Praxen, dass die Krankenkassen ihre Versicherten nicht informiert hätten. Dadurch entstehe ein hoher Beratungsaufwand.
Einlöseprozess in der Apotheke klappt nicht immer
So berichtet über die Hälfte der Befragungsteilnehmer von Fällen, bei denen Patientinnen und Patienten von der Apotheke zurück in die Praxis geschickt werden, weil das E-Rezept dort nicht eingelöst werden kann und ein rosa Papierrezept gefordert wird. Auch bei Lieferschwierigkeiten ist der Prozess zwischen Apotheke und Arztpraxis mitunter schwierig. Die Apotheke müsste dann das E-Rezept wieder freigeben, damit der Patient es in einer anderen Apotheke einlösen kann. Dies passiert häufig nicht, sodass die Praxis das Medikament doppelt verordnen muss, berichten Ärztinnen und Ärzte.
Ein Drittel beklagt Probleme mit Server und dem PVS
Auch das Übermitteln der Verordnung an den E-Rezept-Server läuft häufig nicht fehlerfrei. Ein Drittel der Befragten hat bereits erlebt, dass es nicht möglich war, Rezepte an den Server zu senden. Zudem gibt es mitunter Verzögerungen mit der Bereitstellung auf dem Server, obwohl das E-Rezept signiert und versendet wurde. Die schlechte Umsetzung des E-Rezepts in einigen Praxisverwaltungssystemen sowie häufige Abstürze von Anwendungen und Softwareprogrammen machten Praxen zusätzlich zu schaffen.
Großteil der Praxen nutzt die Komfortsignatur
In der Befragung wollte die KBV auch wissen, wie die Praxen die Rezepte signieren und wie gut dieser Prozess läuft. Die Komfortsignatur ist demnach schon sehr weit verbreitet: Vier von fünf Befragten nutzen zum Signieren des E-Rezepts die Komfortsignatur. Mit ihr müssen Ärztinnen und Ärzte nur einmal am Tag ihre Signatur-PIN eingeben, dann sind bis zu 250 Signaturvorgänge über den Tag verteilt freigeschaltet. Für das E-Rezept sei diese Form der elektronischen Unterschrift ideal, da die Verordnung unmittelbar unterschrieben und auf den Server versendet werden könne. Der Patient könne das Rezept somit sofort in der Apotheke einlösen, so die KBV.
Technische Probleme bei Komfortsignatur
Nutzen Praxen die Komfortsignatur nicht, gibt es dafür häufig technische Gründe. Mehr als die Hälfte der Nicht-Nutzer gab an, dass die Komfortsignatur nicht funktioniere. Neun von zehn Ärztinnen und Ärzten, die die Stapelsignatur nutzen, signieren und versenden häufiger als einmal am Tag die E-Rezepte. Zusätzlich gaben mehr als 90 Prozent von ihnen an, ihre Patientinnen und Patienten darüber zu informieren, wann das E-Rezept in der Apotheke einlösbar ist.
Signaturdauer weiterhin problematisch
Wie bereits bei der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schildern nun auch beim E-Rezept viele Praxen, dass das Signieren sehr lange dauert. Dies betrifft auch Praxen, die die Komfortsignatur bereits nutzen. 40 Prozent der Befragten nennen Zeiten von 15 Sekunden und mehr für das digitale Signieren. Dies führe zu Verzögerungen im Praxisbetrieb.
Volldigitale Lösung für Pflegeheime gefordert
Kritisch sehen Ärztinnen und Ärzte, dass es für das Ausstellen von E-Rezepten für Pflegeheimbewohner bislang noch keine volldigitale Lösung gibt. Praxen drucken den E-Rezept-Token häufig aus. Den Aufwand hierfür bezeichnen die befragten Praxen als sehr hoch. „Hier muss es endlich eine praktikable Lösung geben. Für viele Praxen könnte ein funktionierendes, rein digitales E-Rezept in der Heimversorgung eine große Verbesserung sein“, mahnte Steiner.