Der Markt für elektronische Gesundheitsakten (eGA) boomt – immer mehr Anbieter bringen ihre oft sehr unterschiedlichen Produkte auf den Markt. Dies mit dem Versprechen an Patienten und Versicherte, jederzeit ihre persönlichen Gesundheitsdaten zur Hand zu haben. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat jetzt für Zahnärzte eine Hilfestellung für den Umgang mit Vivy, einem der bekanntesten Angebote, erstellt.
Noch keine Standards
Viele gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungen sind und werden jetzt beim Thema elektronische Gesundheitsakte aktiv. Fast täglich kommen in der Fach- und Publikumspresse neue Informationen zu neuen Angeboten und Allianzen. Zuletzt kündigte laut Ärzte Zeitung die HUK Coburg an, dem Portal „Meine Gesundheit“ beizutreten, einem Joint Venture der CompuGroup Medical CGM und der Axa-Versicherung. Ein Problem: Gemeinsame Mindeststandards zum Beispiel für Inhalte, Sicherheit und Zugang für diese elektronischen Gesundheitsakten gibt es bislang nicht.
Laut Entwurf des kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedeten Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) sollen die Kassen verpflichtend ab 2021 für ihre Versicherten ein Angebot für eine elektronische Patientenakte (ePA) machen. Die Standards dafür sollen von der Gematik, der Betreibergesellschaft für die Telematik im Gesundheitswesen, laut Gesetz aber erst noch erarbeitet werden. Anhand dieser Standards sollen dann freie Anbieter im Markt solche ePA entwickeln.
25 Millionen Menschen Versicherte bei den Anbietern
Besondere Aufmerksamkeit in den Medien erhält aktuell die digitale Akte Vivy, an der sich sehr viele gesetzliche Kassen und private Versicherer beteiligen, darunter die DAK, IKK classic und IKK Südwest sowie eine Reihe von Betriebskrankenkassen. „Sie bieten ihren Versicherten die digitale Akte Vivy auf Basis von § 68 SGB V in Form einer App an“, so die KJZBV. Auch drei private Versicherer unterbreiten ihren Versicherten das Angebot, Vivy zu nutzen: die Allianz, die Gothaer und die Barmenia. Bei diesen Krankenkassen sind laut KZBV insgesamt etwa 25 Millionen Menschen versichert.
Tochterunternehmen der Allianz
„Vivy ist zu 70 Prozent Tochterunternehmen der Allianz SE, einem international führenden Versicherungskonzern. Vivy arbeitet als systemübergreifende eGA-Lösung in enger Partnerschaft mit gesetzlichen wie privaten Versicherungen zusammen, die mehr als 25 Millionen Versicherte repräsentieren. BITMARCK, primärer IT-Dienstleister für mehr als 90 Krankenkassen, hat Vivy im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag erteilt“, heißt es auf der Internetseite des Anbieters.
Anbieter will alle niedergelassenen Zahnärzte anschreiben
Der Anbieter von Vivy hat angekündigt, auch alle niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte anzuschreiben, um auf sein Produkt gezielt aufmerksam zu machen, so die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Sie hat deshalb für die Zahnarztpraxen einige wichtige Informationen für den möglichen Umgang mit Vivy im Praxisalltag zusammengestellt.KZBV
Nutzung der App freiwillig
„Nach Aussage der Anbieter ist die Nutzung der App freiwillig. Versicherte können mit der App nicht nur persönlich erhobene oder von den Krankenkassen bereitgestellte Daten bündeln, sondern auch Arztbriefe, Befunde, Labordaten oder auch Videos speichern, etwa von Ultraschalluntersuchungen.
Kommt ein Patient mit einer Vivy-Gesundheitsakte in eine Zahnarztpraxis, besteht keine Verpflichtung, diese zum Teil umfangreichen Daten auszuwerten oder zu nutzen. Die elektronische Gesundheitsakte nach Paragraf 68 SGB V dient allein dem Informationsrecht des Patienten“, heißt es in der Information.
Keine Verpflichtung der Praxis, Daten auszuwerten oder zu nutzen
„Zahnärztinnen und Zahnärzte können eine elektronische Gesundheitsakte wie zum Beispiel Vivy nutzen, wenn der Patient dies ausdrücklich wünscht. Eine Verpflichtung für den Zahnarzt, eine solche Anwendung zu unterstützen, besteht jedoch nicht. Vivy informiert eigenen Angaben zufolge den Patienten darüber, wenn Zahnärztinnen und Zahnärzte einer Dokumentenanfrage nicht nachkommen oder generell nicht von Vivy kontaktiert werden wollen“, so die KZBV weiter.
Kostenfrage bislang nicht geregelt
Beschrieben sind in der Information auch das Vorgehen in der Praxis und die nötigen technischen und rechtlichen Erfordernisse. So ist derzeit ein Export der Daten aus dem Praxisverwaltungssystem noch nicht möglich. Auch die Finanzierung für das Übertragen von Daten auf eine eGA ist nicht geregelt: „Nach jetzigem Stand müsste die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Kosten selbst tragen oder – in Absprache mit der jeweiligen Krankenkasse des Patienten - die Kostenerstattung klären. Anders ist das bei der künftigen elektronischen Patientenakte: Hier wird die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) mit dem GKV- Spitzenverband in absehbarer Zeit Verhandlungen aufnehmen“, heißt es.
Gespräche mit Anbietern, Politik und Gematik
Man sei mit Anbietern von eGA, dem Bundesgesundheitsministerium und der Gematik im Gespräch mit dem Ziel, einheitliche Schnittstellen zu erreichen und die Migration der verschiedenen eGA in die kommende, verbindliche ePA mit allen nötigen Regelungen sicherzustellen, so die KZBV.