0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
2220 Aufrufe

Auch vor dem Hintergrund einer langen Beschäftigungszeit ist eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich

(c) Shutterstock

Arno Zurstraßen M. A.

Die Kündigung eines langjährig Beschäftigten wegen der Entwendung von Desinfektionsmittel in der Coronapandemie ist rechtens. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 14.01.2021 (Az.: 5 Sa 483/20).

Im „Team Journal – Präventionsmedizin und Oralprophylaxe“ wird das Fachwissen vermittelt, das ZMP, DH, Zahnärztinnen und -ärzte und alle Fortbildungswilligen für einen erfolgreichen Arbeitsalltag brauchen. Besonders hervorzuheben ist der Fokus auf die Präventionsmedizin in der Rubrik „Interdisziplinär“, die den Patienten als Ganzes betrachtet. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Der Fall

Der Kläger war seit dem Jahr 2004 bei dem beklagten Paketzustellunternehmen als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Die Wäsche der Wagen erfolgte in Nachtschicht mit sechs bis sieben Kollegen, wobei der Kläger seinen eigenen Wagen in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen konnte. Bei der stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle am 23.03.2020 gegen 07.50 Uhr fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug zum damaligen Zeitpunkt etwa 40 Euro.

Klage gegen die fristlose Kündigung

Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos. Der Kläger hat den Diebstahl bestritten. Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte der fristlosen Kündigung des Klägers nach Befragung von Zeugen abschließend zu. Es kam damals immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet wurde. Die Arbeitgeberin habe mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Der Kläger behauptet, sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben zu haben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei.

Das Urteil

Die Fünfte Kammer des LAG hat wie bereits das Arbeitsgericht (ArbG) Mönchengladbach mit Urteil vom 01.07.2020 (Az. 6 Ca 632/20) die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Demnach liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers seien nicht glaubhaft. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zugeeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahegelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt, noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich sei die aufgefundene Flasche nicht angebrochen gewesen.

Vorherige Abmahnung war nicht erforderlich

Auch vor dem Hintergrund der langen Beschäftigungszeit sei eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war, und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. In Ansehung dieser Umstände habe ihm klar sein müssen, dass er mit der Entwendung eines Liters Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete. Auch die Interessenabwägung fiel angesichts dieser Umstände zulasten des Klägers aus.

Das LAG hat die Revision nicht zu­gelassen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Hinweis

Das Gericht hat mit dem Urteil noch einmal unterstrichen, dass auch bei einem Diebstahl geringwertiger Sachen des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrags erfolgen kann. Auch bei einer langen Beschäftigungszeit ist dann keine vorherige Abmahnung erforderlich.

Ein Beitrag von Arno Zurstraßen M.A., Köln

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Quintessenz Team-Journal 03/2021 Team Praxisführung

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
23. Aug. 2024

Personalmangel macht krank

DAK: Die Zusammenhänge sind größer als vermutet – mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement gegensteuern
22. Aug. 2024

Mehr Transparenz, mehr Service, mehr Team

Blue Safety Hygienetechnologie stellt sich als Spezialist für Wasserhygiene neu auf
19. Aug. 2024

Dentinhypersensibilität im Praxisalltag

Haleon-Webinar mit DH Ester Hoekstra: Symptomen, Behandlung und Kommunikation rund um DHS
16. Aug. 2024

Praktische Tipps zum Füllen der Schultüte

LZKZ und KZVH: Mischung aus kleinen Geschenken und zahngesunden Süßigkeiten für den zahngesunden Schulstart
16. Aug. 2024

DZR Blaue Ecke – GOZ 2290: Das gilt für die Abrechnung

Wenn der Leistungstext den Passus „und Ähnliches“ enthält
16. Aug. 2024

Mit Stannous Fluorid gängige Zahnprobleme bekämpfen

Oral-B: Biofilm aktiv entgegenwirken – Entstehung von Plaque um 12 Stunden verzögern
15. Aug. 2024

Immer mehr gewalttätige Patienten in den Praxen

KBV-Vorstand fordert, Arztpraxen in neues Gesetz aufzunehmen – Justizminister will prüfen
15. Aug. 2024

Englisch lernen für den Praxisalltag mit „Dental English to go“

Englisch-Podcast mit Sabine Nemec liefert kurze, schnelle Lessons zum Auffrischen und Üben – Neue Lessons ab 2. September

Verwandte Bücher

  
Aynur Durali

Meine Zahnarztpraxis läuft

Tipps und Tricks zur Gewinnsteigerung
Christian Henrici / Bernd Halbe (Hrsg.)

Mein Beruf – meine Zukunft

Kriterien einer Entscheidungsfindung – angestellt oder selbstständig?
Andreas Filippi / Tuomas Waltimo (Hrsg.)

Speichel

Ein Nachschlagewerk für Zahnärzte, Hausärzte, Kinderärzte, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Dentalhygienikerinnen, Zahnmedizinische Prophylaxe- und Fachhelferinnen, Logopäden sowie Studierende der Medizin und Zahnmedizin