Wie kann der Verbund von Restauration zu Zahn verbessert, erhöht oder mit Zusatznutzen versehen werden? Sind digitale Prozesse und Materialien so ausgereift, dass auch wenig erfahrene Behandelnde selbstständig damit arbeiten können? Diesen und weiteren spannenden Fragen widmeten sich die jungen Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner bei der mittlerweile 18. Voco Dental Challenge am 1. Oktober im Cuxhavener Unternehmensstammsitz.
„Digital Native“ oder „naiv“?
Mit Plasma den Verbund fördern
Den zweiten Platz belegte Carolin-Isabel Görgen von der Universität Mainz. Sie untersuchte den Einfluss von kaltaktivem Atmosphärendruckplasma (CAP) auf die Haftstärke einer Kompositklebung bei zweiteiligen Abutments und zeigte, das eine CAP-Vorbehandlung beider Kontaktflächen für 15 Sekunden die Haltbarkeit des adhäsiven Verbunds statistisch signifikant um bis zu 25 Prozent erhöht. Sie erhielt ein Preisgeld von 4.000 Euro.
Den dritten Platz, dotiert mit einem Preisgeld von 2.000 Euro, belegte Silas Feddersen von der Hochschule Osnabrück mit seiner Untersuchung zur Eignung von Nano Hybrid Komposit und Nano Hybrid Ormocer als Träger antibakterieller Wirkstoffe. Nach seinen ersten Ergebnissen eignet sich das Ormocer eher als das Komposit und Octodeninhydrochlorid besser als Chlorhexidin, um den antibakteriellen Wirkstoff länger kontinuierlich freizusetzen, allerdings wurde hier über einen begrenzten Zeitraum von 3 Tagen beobachtet.
Zudem erhalten alle drei Erstplatzierten Publikationszuschüsse in Höhe von 2.000 Euro zur Unterstützung ihrer weiteren Arbeit.
Nebenwirkungen von Strahlenbehandlung verringern
Auch die anderen Arbeiten bestachen durch interessante Themen. Eine schöne Lösung durch den 3-D-Druck zeigte die Arbeit von Christopher Herpel von der Universität Heidelberg. Viele Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren benötigen nach Tumorentfernung eine Strahlentherapie, die jedoch starke Nebenwirkungen zum Beispiel in der Mundhöhle zur Folge haben kann – von akuter Mukositis über Dysgeusie, Xerostomie bis hin zu Strahlenkaries reichen die Beschwerden. Vor allem weiche Gewebe wie die Zunge sind schwer aus dem Bestrahlungsfeld herauszuhalten. Die gängigsten Lösungen zur Retraktion sind bisher Tiefziehschienen – mit mäßigem Erfolg. Optimal wäre eine individuelle Anfertigung – doch hier erhöht sich der personelle Aufwand immens.
Die Quadratur des Kreises gelang Herpel durch eine halbindividuelle Vorfertigung im 3-D-Druck von löffelähnlichen Strukturen in drei Größen. Diese gedruckte Geweberetraktoren ähneln doppelten Abformlöffeln. Sie werden durch Einschleifen individualisiert, mit Abformmaterial bestückt und nach Entfernung des überschüssigen Materials während der Bestrahlung vom Patienten getragen. Die Retraktoren können die Zunge vom Gaumen wegdrücken oder auch die Wangen leicht abhalten und so die Gewebe aus dem Strahlenfeld drängen. Etwa 400 Patienten pro Jahr werden laut Herpel in Heidelberg damit versorgt. Diese kleine Stückzahl spricht für den eigenen 3-D-Druck und die Individualisierung ist mit geringem personellem Aufwand möglich. In Heidelberg werden inzwischen 90 Prozent der Patienten mit diesen halbindividuellen Schienen versorgt, eine Pilot-II-Studie steht demnächst an, die die Effizienz dieser Retraktionsschienen genauer erfasst. Die Patienten zeigen bisher eine hohe Compliance, so Herpel.
Ein weiterer digitaler Workflow wurde von Wadim Leontiev von der Universität Basel unter die Lupe genommen: Er verglich die Real-Time-Guided-Endodontics (RTGE) gegenüber der konventionellen Trepanations-Technik, als In-vitro-Studie an 3-D-gedruckten Zähnen durchgeführt. Es zeigte sich zum einen, dass der Substanzabtrag vor allem im koronaren Bereich bei der RTGE-Methode geringer war und zum anderen, dass die erfolgreiche minimalinvasive Trepanation per RTGE unabhängig vom Erfahrungsgrad des Behandlers ist.
Einblick in Grundlagenforschung
Die breite Themenwahl und die unterschiedlichen Ansätze der Vorträge erlaubten einen interessanten Einblick in die Grundlagenforschung rund um die restaurativen und kunststoffbasierten dentalen Werkstoffe und Materialien. Die Entscheidung fiel der Jury nicht leicht, denn viel Applaus und Anerkennung erhielten auch die weiteren Teilnehmer:
• Daniel Daum (Universität Tübingen): Digitale Totalprothetik – Einfluss künstlicher Alterung auf den Adhäsivverbund Zahn/Basis“
• Stefan Gonschorek (Universität Gießen): „Vergleich dreier Prüfverfahren zur Charakterisierung des Dämpfungsverhaltens zahnärztlicher CAD/CAM-Materielaien“
• Julia Lubauer (Universität Erlangen Nürnberg): „Inner margin strength is not affected byCAD/CAM machining protocol“
• Xenia Antón (Universität München): „Impact of high-speed sintering on accurancy and fit of 4Y-TZPs“ (siehe auch Quintessence News)
• Dr. Anouschka Josephine Roesner (Universität Leipzig): „Säurewiederstand von Befestigungskompositen – eine Oberflächenanalyse“
• Christa Maubach (Universität Ulm): „Vergleich der Verbundfestigkeit temporärer Befestigungsmaterialien bei implatantatgestützten Zirkoniumdioxidkronen“
• Lisa Hania Lahham (Universität Würzburg): „ Scherfestigkeitsermittlung unterschiedlicher Befestigungszemente zu zahnfarbenen Restaurationsmaterialien sowie Echtzähnen in vitro“
„Wir haben heute wieder Vorträge von hoher Qualität gehört,“ lobt Manfred Thomas Plaumann, Geschäftsführer von Voco. „Für uns als Dentalhersteller mit eigener Forschung und Entwicklung ist die Dental Challenge von hoher Bedeutung, denn wir kommen hier in Kontakt mit den Experten der Zukunft.“
Quintessenz News, KN