Das sklerosierende odontogene Karzinom (SOC) wird erstmals in der aktuellen WHO-Klassifikation der Kopf-Hals-Tumore von Januar 2017 als eigene Tumorentität aufgeführt1. Die klinische und histopathologische Abgrenzung zu anderen Tumoren kann dabei schwierig sein und in der Folge zu einer falschen Therapiestrategie führen. Der vorliegende Fall unterstreicht die Notwendigkeit, auch histopathologische Befunde kritisch zu hinterfragen. Nicht erhaltungswürdige Weisheitszähne sind ein Risiko zur Entwicklung eines SOC.
Das sklerosierende odontogene Karzinom beschreibt ein primär intraossäres Karzinom des Kiefers, welches sich durch eine benigne erscheinende Zytologie, ein markantes sklerosierendes Stroma und ein aggressives, infiltratives Wachstum auszeichnet. Metastasierungen wurden bisher nicht beschrieben. Klinisch imponiert der Tumor zumeist durch eine schmerzlose Schwellung. Sensibilitätsstörungen des N. alveolaris inferior können auftreten. Radiologisch imponieren unklare Osteolysen mit Zerstörung der Kortikalis1.
Fallbericht
Ein 60-jähriger männlicher Patient wurde im Mai 2016 mit einer dezenten Auftreibung im Bereich des linken aufsteigenden Astes überwiesen. Vorausgegangen war eine operative Entfernung des Zahns 38 durch einen niedergelassenen Oralchirurgen. Da die Spongiosa in der Umgebung des Zahns 38 dem Operateur auffällig „weich“ vorkam, wurde seinerseits eine histopathologische Untersuchung angeordnet. Diese ergab den Befund von „geringgradigen, reaktiven Umbauvorgängen mit einer chronischen Entzündung“. Ein maligner Prozess wurde ebenso explizit ausgeschlossen wie ein Ameloblastom. Eine unsererseits angeordnete dreidimensionale Bildgebung mittels CT ergab den Befund einer „tumorösen Infiltration von Ramus und Corpus mandibulae“. Eine in Intubationsnarkose durchgeführte, erneute Biopsie wurde im histopathologischen Befund als „mäßig differenziertes Plattenepithelkarzinom“ interpretiert. Es folgte eine Unterkieferteilresektion mit Gelenksersatz und einseitiger Neck-Dissection. Der abschließende histopathologische Befund ordnete das Exzidat zunächst als „desmoplastisches Ameloblastom“ ein. Eine anschließende Referenzpathologie brachte dann den endgültigen Befund eines sklerosierenden odontogenen Karzinoms.
Diskussion
Weltweit wurden bisher lediglich neun anerkannte Fälle eines sklerosierenden odontogenen Karzinoms beschrieben 2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13. Zu den Risikofaktoren scheinen möglicherweise retinierte Weisheitszähnen zu zählen2. Seine benigne erscheinende Zytologie kann eine Gutartigkeit vortäuschen. Differenzialdiagnostisch müssen andere Tumoren wie das desmoplastische Ameloblastom oder Karzinome ausgeschlossen werden. Klinisch imponiert der Tumor zumeist durch eine schmerzlose Schwellung, Sensibilitätsstörungen des N. alveolaris inferior können auftreten. Radiologisch imponieren unklare Osteolysen mit Zerstörung der Kortikalis, Metastasierungen wurden bisher nicht beschrieben1,2. Die vollständige Exzision des Tumors mit Sicherheitsabstand scheint nach derzeitiger Erkenntnis die Therapie der Wahl zu sein1.
Ein Beitrag von Dr. med. dent. Marcel Hanisch, Münster
Literatur
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