Der vierte und damit abschließende Beitrag unserer Cerec-Serie ist ein Auszug aus dem Referat von Prof. em. Dr. Dr. Werner Mörmann, Zürich – vorgetragen auf dem Cerec-Tag 2024.
Wurden bisher Messungen und Befunde per Hand auf Karteien dokumentiert, durchläuft zurzeit die Zahnmedizin eine Umstellung auf das sogenannte Monitoring. Durch zeitversetzte Scanprozesse und Verlaufskontrollen (OraCheck, Abb. 1 und 2) mit integrierter Künstlicher Intelligenz (KI) werden heute Abrasionen und Veränderungen an Zähnen und am Weichgewebe detektiert und im Diagnosemodell dargestellt. Dadurch können krankhafte Veränderungen wesentlich früher festgestellt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Dieselben Datensätze können auch die Therapiefindung für kieferorthopädische Analysen unterstützen, zum Beispiel für eine Aligner-Behandlung.
Prof. em. Dr. Dr. Walter Mörmann, geboren 1941 in Göppingen, Württemberg, studierte von 1962-1967 Zahnmedizin an der Universität Heidelberg und arbeitete 1968 arbeitete als Assistent in einer Privatpraxis in Mannheim. 1969 absolvierte er seine erste Promotion an der Universität Heidelberg und arbeitete als Praxisassistent in Schaan, Fürstentum Liechtenstein. 1970 war Mörmann Assistent am Zahnärztlichen Institut der Universität Zürich, 1974 folgte die Promotion (2) und 1979 die Habilitation an der Universität Zürich.
1980-1985 entwickelte Mörmann das Cerec-System mit Elektroingenieur Dr. Marco Brandestini in Zürich. 1985 gründeten beide die Brains AG, Zürich, ein Jahr später startete die Zusammenarbeit mit Siemens/Sirona/Dentsply Sirona. 1990 wurde die Stiftung zur Förderung der Computer-Zahnmedizin und 1992 die Station für Zahnfarbene- und Computer-Restaurationen am Zentrum für Zahnmedizin (ZZM) der Universität Zürich gegründet. Im Jahr 2006 folgte Prof. Mörmanns Emeritierung.
Prof Mörmann publizierte zahlreiche Beiträge zu den Themen Präventivzahnmedizin, Parodontologie, Zahnerhaltung, Endodontie, Cerec Patente und CAD/CAM. Er wurde vielfach mit Preisen und Ehrungen ausgezeichnet, darunter dem Walter Engel-Preis oder dem Götz-Preis der Universität Zürich. (Quelle: SSO 2022)
Die Entwicklung ist vergleichbar mit „Industrie 4.0“. Die Software mit Ansätzen von KI wertet riesige Datenmengen aus, die aus Intraoralabformungen, Röntgenbildern und aus Datenbanken mit vielen Tausend Zahnmorphologien gewonnen werden. Algorithmen selektieren und verbinden die Merkmale und errechnen daraus einen therapeutischen Lösungsvorschlag, der mit der Patientensituation virtuell abgestimmt und optimiert wird. In praxi wird aus zahlreichen Datensätzen des Patienten ein Modell geschaffen, an dem der Zahnarzt Operationen und Funktionen erproben kann, bevor der Patient definitiv chirurgisch und prothetisch behandelt wird. So werden zum Beispiel auch Kiefergelenke aus 3D-Aufnahmen mit Bewegungsaufzeichnungen und Kiefer-Scans kombiniert, um die funktionelle Situation zu erfassen und gegebenenfalls Parafunktionen, Zahnverschleiß, Bruxismus, craniomandibuläre Dysfunktionen zu detektieren.
Plattform ermöglicht interdisziplinäre Zusammenarbeit
Neuerdings bietet Cerec dem Zahnarzt die Nutzung einer cloudbasierten Plattform. Bei diesem Verfahren werden alle Befunddaten, intraorale Scans, Röntendateien, Konstruktionsdaten sowie Falldateien auf einem externen Server gespeichert. Das Patientengespräch wird vereinfacht, indem die Versorgungsplanung auf einer digitalen Leinwand vorgestellt wird. Zuweiser, Spezialisten und das ZT-Labor können eingebunden und die Daten ausgetauscht werden. Der Zahnarzt kann an jedem Ort, auch zuhause, auf die Daten zugreifen und bearbeiten, Serviceaufträge erteilen und Fräs- und Druckvorgänge (Abb. 3 und 4) auslösen. Durch die Vernetzung von Informationen und Daten wird der Behandlungsablauf effizienter und die Datensicherheit erhöht.
„Cerec ist Gegenwart und Zukunft zugleich“
In naher Zukunft wird die Anbindung an eine wissenschaftliche Datenbank und die Analyse der patientenspezifischen Daten durch Nutzung der KI ermöglichen, therapierelevante Aussagen und Empfehlungen zu treffen sowie Ergebnisse fallweise verifizieren zu können.
„Cerec ist Gegenwart und Zukunft zugleich“, erklärte Mörmann auf dem Cerec-Tag 2024. „Dieses Verfahren gibt niedergelassenen Zahnärzten schon heute viele Möglichkeiten, ihre Patienten klinisch exzellent zu versorgen. Und wir entdecken gerade, welche zusätzlichen Optionen wir mit digitalen Technologien, etwa der Künstlichen Intelligenz, erhalten. Die Stichworte dafür lauten: interdisziplinäre Zusammenarbeit, Therapie-Monitoring, Cloud-Lösungen.“
Manfred Kern, Wiesbaden, für den Cerec Masters Club
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Vortrag von Prof. em. Dr. Dr. Werner Mörmann, Zürich, auf dem Cerec-Tag 2024. Die einzelnen Folgen auf Quintessence News:
Teil 1: Der Beginn der stillen Revolution in der Zahnheilkunde