Periimplantäre Infektionen sind eine der großen Herausforderungen in der modernen Zahnmedizin, für die es keine einfachen Lösungen gibt. Die Zeitschrift „Implantologie“ widmet diesem Thema daher in der Ausgabe 2/2020 einen Themenschwerpunkt.
„Für diese Ausgabe konnten wir führende Autorengruppen gewinnen, welche unsere Reihe der Implantologie mit einem aktuellen Update zu den diversen Facetten dieses sehr anspruchsvollen oralmedizinischen Themenkomplexes ergänzen“, schreibt Prof. Dr. Frank Schwarz, Mitglied des Redaktionsteams, in seinem Editorial zum Heft. Und so sind neueste Forschungsergebnisse und Erkenntnisse von Experten zu diesem schwierigen Thema im Heft versammelt.
In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.
„Die Fälle von Periimplantitis steigen stetig im Zusammenhang mit der Anzahl an Patienten, welche mit Implantaten versorgt werden. Fast jedes zweite Implantat weist dabei entzündliche Veränderungen auf, jedes vierte bis fünfte hat bereits unwiderruflich tragenden Knochen verloren. Aufgrund der hohen Progressionsrate und der schlechten Resonanz auf aktuelle Therapiekonzepte ist eine frühe Diagnostik im Bereich periimplantärer Läsionen elementar“, schreiben Annika Therese Kröger und Moritz Kebschull in ihrem Beitrag „Mikro- und molekularbiologische Diagnostik – Grenzen und Möglichkeiten bei Periimplantitis“ und umreißen damit das Gesamtproblem periimplantäre Entzündungen.
Kritischer Blick auf die am Markt befindlichen Tests
Grundsätzlich bestehe bei allen am Markt befindlichen Tests das Problem, dass immer wieder auf das Pendant am Zahn – die Parodontitis – zurückgegriffen werde. Doch schon die von dort übertragenen Therapieansätze hätten sich bei der Umsetzung in der Periimplantitistherapie als weniger effizient und vorhersagbar ausgewiesen. Ihr Fazit zu den Tests: Der Hauptteil der genannten diagnostischen Hilfsmittel sei ebenfalls wiederverwertet. „Dabei ist fraglich, wie sensitiv und spezifisch diese Testungen tatsächlich für die Periimplantitis sind. Grundsätzlich stellt sich die Frage des Nutzens einer mikro-/molekularbiologischen Testung. Der klinische Nutzen herkömmlicher mikrobiologischer Untersuchungen, die sich lediglich auf die bakterielle Komposition einer Läsion beschränken, ist fragwürdig.“ Potenzial sehen die Autoren allerdings in einer „Dysbiosetestung“, da das Fortschreiten der Periimplantitis mit einer dysbiotischen Veränderung des subgingivalen Mikrobioms einhergeht.
Nichtchirurgische Therapiemöglichkeiten mit Grenzen
Zwei Beiträge beschäftigen sich mit den Möglichkeiten der Periimplantitistherapie. Die zunehmende Zahl nichtchirurgischer Behandlungsvorschläge hat ein Autorenteam um Siro De Ry, Andrea Rocuzzo und Anton Sculean wissenschaftlich betrachtet. Ihre Übersichtsarbeit bietet einen Überblick über die in den vergangenen fünf Jahren veröffentlichten Protokolle für die nichtchirurgische Behandlung periimplantärer Erkrankungen. „Hierbei wurden auch neueste adjuvante und alternative Maßnahmen zur mechanischen Reinigung berücksichtigt und untersucht, die eingesetzt werden, um eine Dekontamination der Implantatoberfläche und Beseitigung von Entzündungen der periimplantären Gewebe zu erzielen. Jedoch konnte keine der adjuvanten Maßnahmen eine statistisch signifikante Verbesserung der periimplantären Verhältnisse im Vergleich zur alleinigen nichtchirurgischen mechanischen Reinigung zeigen“, so ihre Bilanz.
Zusammengefasst hätten sich nichtchirurgische Konzepte für die Behandlung periimplantärer Erkrankungen als zuverlässig erwiesen, wenn es darum gehe, klinische Anzeichen periimplantärer Entzündungen zu reduzieren, auch wenn sie nur begrenzt in der Lage seien, eine vollständige Heilung der Krankheit zu erzielen. Die Anwendung adjuvanter Mittel sollte weiter erforscht werden, da ein Nutzen bislang nicht oder nur begrenzt gezeigt werden konnte, so die Autoren.
Entscheidungsdiagramm für die chirurgische Therapie
Mit der chirurgischen Periimplantitistherapie befasst sich der Beitrag von Philipp Skora und Karin Jepsen. Sie haben anhand der neuen Klassifikation der parodontalen und periimplantären Erkrankungen Behandlungsziele formuliert, damit verschiedene Therapieverfahren besser miteinander verglichen werden können. Die effektivste chirurgische Behandlungsmethode lasse sich derzeit aus der Literatur noch nicht ableiten. Je nach knöcherner Defektkonfiguration und Position des Implantats kämen entweder nichtaugmentative/resektive Verfahren oder knochen- und weichgewebeaugmentative Verfahren sowie Kombinationen infrage. Die Autoren stellen ein Entscheidungsdiagramm mit Empfehlungen zur Auswahl der adäquaten chirurgischen Therapie vor. Insgesamt sei zu empfehlen, die Behandlungsmethode von der Schwere der Erkrankung, dem Regenerationspotenzial des periimplantären Defekts sowie den ästhetischen Erwartungen des Patienten abhängig zu machen.
Implantate bei Hochbetagten
Ein weiterer Beitrag stellt unter dem Titel „Implantate bei hochbetagten Patienten – Fluch oder Segen?!“ eine Fallserie vor, der die Möglichkeiten, Probleme und Grenzen der implantologischen Versorgung dieser Patientengruppe beleuchtet. Ergänzt wird das Beitragsportfolio mit Beiträgen über den Einfluss lateraler Augmentationen auf die Prävalenz periimplantärer Infektionen bei Parodontitispatienten, zu Knochenaugmentationen mit neuen zuckervernetzten Kollagenschwämmen und zur Abrechnung von diagnostischen und therapeutischen Leistungen sowie Zeitschriftenreferate zu wichtigen Beiträgen aus der Implantologie.
Dieses Heft streicht erneut die hohe Qualität der „Implantologie“ als wissenschaftliche Fachzeitschrift für den Praktiker heraus – eine fachliche Qualität, die sich auch im Impact-Faktor widerspiegelt, der für das Heft vergeben ist.