„Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, mit dieser Veranstaltung ein Zeichen für die zahnärztliche Implantologie mit Keramikimplantaten gesetzt zu haben“, so Dr. Jens Tartsch. Der Präsident der European Society for Ceramic Implantology (ESCI) und das Organisationsteam blickten am 12. Oktober 2019 auf zwei sehr erfolgreiche Kongresstage am Zürichsee zurück.
Mehr als 170 Teilnehmern aus 23 Ländern waren zum 1. European Congress for Ceramic Implant Dentistry in die Schweiz gereist, um sich unter dem gleichlautenden Motto über die „Facts of Ceramic Implants“ zu informieren. Damit war die erste Konferenz der ESCI schon bei ihrer ersten Auflage eine der weltweit größten und wichtigsten Veranstaltungen zum Thema Keramikimplantologie, so die Organisatioren. Das Landgut Bocken bot mit seiner Kombination von historischen Gebäuden mit besonderem Ambiente in Verbindung mit modernster Veranstaltungstechnologie den perfekten Rahmen für das Event.
Das Ziel der European Society for Ceramic Implantology ist es, eine Brücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und der klinischen Anwendung von Keramikimplantaten zu schaffen. Entsprechend war das Kongressprogram aufgebaut: In drei Kapiteln beantworteten hochkarätige Redner mit spannenden Referaten die aktuellen Fragen und Hintergründe zur Implantologie mit Keramikimplantaten.
Chapter 1: „Biomaterial Ceramic – mit welchem Material haben wir es zu tun?“
Als erster Redner gab Prof. Corrado Piconi (IT) in seinem Einführungsvortrag einen kurzen historischen Überblick über die Entwicklung keramischer Implantate. Er erklärte die besonderen Eigenschaften, die Vor- und Nachteile des Materials Zirkoniumdioxid. Anschließend klärte Prof. Jens Fischer (CH) die aktuellen Fragen zur Stabilität im Zusammenhang mit Implantatdesign und Oberflächendesign sowie zur Qualitätssicherung und zu Testmethoden. Der französische Materialwissenschaftler Prof. Jerome Chevalier (FR) erläuterte die Umwandlungs- und Alterungsprozesse von Zirkonoxid und die Entwicklung neuer Biokeramiken. Schließlich beleuchtete Prof. Mutlu Özcan (CH) in einem tiefgreifenden Vortrag die Materialvielfalt für die restaurative Restauration von Keramikimplantaten.
Chapter 2: „Biological Aspects – warum sollten wir Keramikimplantate anwenden?“
Prof. Daniel Olmedo (AR) aus Argentinien stellte seine Forschungen zu den Korrosionsprozessen (Tribokorrosion) von Titan und Titanimplantaten vor. Dr. Simone Janner (CH) demonstrierte die äquivalente Osseointegration von Keramikimplantaten im Vergleich zu Titanimplantaten. Anschließend gab die Biowissenschaftlerin Dr. Brigitte Altmann (DE) einen Einblick in die verschiedenen Methoden zur Oberflächengestaltung von Implantaten und wies auf deren Bedeutung für die biologische Akzeptanz hin.
Dr. Stefan Röhling (DE), Vizepräsident der ESCI, wies auf die Vorteile von Keramik für periimplantäres Weichgewebe aufgrund der geringen Plaque-Affinität hin und bezog Stellung zum Thema Periimplantitis.
Chapter 3: „Clinical Aspects – wie sollen wir Keramikimplantate anwenden?“
Prof. Michael Payer (AT) aus Graz berichtete über die langfristigen klinischen Ergebnisse, die er mit Fallstudien und Studienergebnissen eindrucksvoll untermauerte. Anschließend erläuterte Prof. Andre Chen (PT) das Verfahren für die späte und sofortige Implantation von Keramikimplantaten. Dr. Goran Benic (CH) zeigte die Augmentationstechniken in den verschiedenen Resorptionsstadien in Verbindung mit Keramikimplantaten.
Dr. Michael Gahlert (DE) aus München demonstriert anhand vieler Fälle aus seinem langjährigen Repertoire eindrucksvoll die vielfältigen Indikationen für Keramikimplantate und wie deren Einsatz die zahnärztliche Praxis verändern kann. Anschließend konzentrierte sich Dr. Bernd Siewert (ESP) auf die Versorgung mit Keramikimplantaten mit herausnehmbarem PEEK-Zahnersatz.
Zu guter Letzt zog Prof. Curd Bollen (NL) Resümee über die Vorträge der letzten zwei Tage und erläuterte, worauf es beim Einstieg in die Welt der Keramikimplantate ankommt. Vor allem sollte man sich mit den Besonderheiten des Materials vertraut machen und zunächst mit einfachen Indikationen beginnen.
Herausragende Forschung, klinische Erfahrung: ESCI-Awards
Die ESCI sieht sich als Drehscheibe für herausragende wissenschaftliche Forschung und für klinische, praktische Erfahrung. in der dentalen Implantologie mit Keramikimplantaten. Auf dem 1. European Congress for Ceramic Implant Dentistry wurde daher jungen Forschern und allen Mitgliedern der ESCI die Gelegenheit geboten, ihre Forschungsergebnisse und klinischen Fälle im Rahmen von „short lecture sessions“ vorzustellen. Der wissenschaftliche Beirat der ESCI wählte als Award-Jury die besten Vorträge aus. Die Gewinner wurden mit dem ESCI Award 2019 ausgezeichnet, welcher von Prof. Mutlu Özcan als Vertreterin des Beirats überreicht wurde.
Den ESCI Award 2019 in der Kategorie „best scientific abstract presentation“ teilten sich Dr. Mona Monzavi (US) und Dr. Yuguang Wang (CHN). Den ESCI Award 2019 in der Kategorie „best member case presentation“ erhielt Dr. Rouven Wagner (DE)
Rege Diskussionen zum Abschluss
Ein besonderes Highlight war das „Open Stage Forum“ zum Abschluss der Veranstaltung. Alle Redner des Kongresses waren auf der Bühne versammelt, um sich den kritischen Fragen des Moderators Dr. Urs Brodbeck (CH) zu stellen und die Zukunft der Keramikimplantologie zu diskutieren. Auch wenn die Datenlage sicher noch weiter zu verbessern sei, herrschte Einigkeit darin, dass Keramikimplantate bereits heute zur klinischen Anwendung empfohlen werden können – sofern die richtigen Indikationen gewählt und die Guidelines der Hersteller beachtet werden.
Auch der gesellschaftliche Rahmen ließ keine Wünsche offen. Bei dem Willkommensempfang Im alten Gewölbekeller des Landgutes stimmten sich die Teilnehmer auf die kommenden Tage ein. Das Swiss Galadinner brachte den internationalen Teilnehmern mit Alphornklängen, Züricher Geschnetzeltem und folkloristischen Einlagen die Schweizer Tradition näher. Eine Einlage der schweizerischen Perl-Produktion rundete den Abend mit Auszügen aus dem Musical „The Sound of Music“ ab.
Das Fazit von Organisatoren und Teilnehmern fiel positiv aus: Sowohl für den Einsteiger als auch für den erfahrenen Anwender wurden wertvolle Erkenntnisse geboten. Die Keramikimplantologie zeigte sich auf Augenhöhe mit Titanimplantaten. Es ist gelungen, Keramikimplantate aus ihrer „Außenseiterrolle“ heraus zu holen, sie wissenschaftlich zu belegen und getroffene Aussagen evidenzbasiert darzustellen. So konnte sich der 1. European Congress for Ceramic Implant Dentistry auch mit Großveranstaltungen im Titansektor messen.
Der nächste European Congress for Ceramic Implant Dentistry wird in zwei Jahren, 2021 stattfinden. Im kommenden Jahr wird sich die ESCI länderspezifischen Projekten und Veranstaltungen und dem Aufbau von Trainingszentren für Keramikimplantologie widmen.
Dr. Jens Tartsch, Kilchberg (CH)