Der beste Zeitpunkt für die Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV-Viren) ist ein Alter zwischen 9 und 14 Jahren, noch vor ersten sexuellen Kontakten. Effektive und sichere HPV-Impfstoffe gibt es seit 2007, dem Jahr der HPV-Impf-Empfehlung für Mädchen durch die Ständige Impfkommission (STIKO). Seit 2018 ist sie auch für Jungen empfohlen.
Impfquote bei Jungen und Mädchen zu niedrig
Die Impfquoten sind jedoch in Deutschland noch immer zu niedrig. Nur die Hälfte der Mädchen und etwa ein Drittel der Jungen haben einen kompletten HPV-Schutz. Die Impfung schützt nicht nur vor Genitalwarzen, sondern auch vor Gebärmutterhals- oder Analkrebs und Kopf-Hals-Tumoren. Auch Menschen über 18 Jahre, die noch keine HPV-Impfung hatten, können von einer Impfung gegen HPV profitieren. Darauf machen die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und die Deutsche STI Gesellschaft (DSTIG) anlässlich des Welt-HPV-Tages am 4. März 2025 aufmerksam.
Deutschland liegt im europäischen Vergleich auf Platz 17
HPV-Viren werden beim Sex übertragen, daher hat die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut diese Schutzimpfung „früh“ angesetzt. Sie empfiehlt die HPV-Impfung für alle Mädchen und Jungen von 9 bis 14 Jahren. „Bedauerlicherweise sind die Impfraten in Deutschland auch im europäischen Vergleich unzureichend. Deutschland belegt verglichen mit 25 anderen europäischen Ländern nur Platz 17“, merkt der Dermatologe Prof. Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI Gesellschaft (DSTIG) und Mitglied im Vorstand der DDG, an.
Über die Hälfte der 17-Jährigen hat Geschlechtsverkehr-Erfahrung
Es mag für Eltern und auch für die Kinder in manchen Fällen peinlich sein, von einer Ärztin oder einem Arzt auf eine sexuell übertragbare Infektionskrankheit (STI) angesprochen zu werden, gegen die man impfen kann. Aber: „Anders als es vielleicht bei der Elterngeneration war, sind junge Menschen heutzutage früher sexuell aktiv“, erklärt Brockmeyer und verweist auf die BZgA-Studie Jugendsexualität aus dem Jahr 2020. Unter den 14-Jährigen sind sexuelle Erfahrungen noch die Ausnahme – nur etwa 4 Prozent von ihnen gaben solche an. Aber im Alter von 17 Jahren hat mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen Geschlechtsverkehr-Erfahrung.
„Jeder Arztbesuch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, auch bei einer Dermatologin oder einem Dermatologen, die ja Fachärzte für Haut und Geschlechtskrankheiten sind, sollte genutzt werden, um auf die HPV-Impfung hinzuweisen“, fordert Professor Dr. med. Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal und Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG).
Impfung kann Gebärmutterhalskrebs um 88 Prozent reduzieren
Die Impfung gegen HPV-Viren entwickelt ihre umfassende Schutzwirkung vor allem dann, wenn sie vor dem ersten Sexualkontakt erfolgt. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch über 18-Jährige geimpft werden können, auch wenn sie bereits sexuelle Kontakte hatten. Eine schwedische bevölkerungsbezogene Kohortenstudie (mit Mädchen und Frauen im Alter von 10 bis 30 Jahren in der Zeit von 2006 bis 2017) aus dem Jahr 2020 kam zum Ergebnis, dass HPV-Geimpfte im Beobachtungszeitraum ein reduziertes Risiko hatten, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Besonders stark war dieser Effekt bei denen, die bereits vor dem 17. Lebensjahr geimpft wurden. Bei ihnen sank das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, um 88 Prozent.
Nach Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut (RKI) liegt die Zahl der durch HPV verursachten bösartigen Tumore bei etwas über 10.000 Fällen pro Jahr, davon knapp 3.000 bei Männern. Dennoch waren in 2023 nach Angaben des RKI bundesweit nur 54,6 Prozent der 15-jährigen Mädchen sowie 34 Prozent der 15-jährigen Jungen vollständig gegen HPV geimpft.
Risikoreduktion auch bei Impfung von 20- bis 30-Jährigen
Aber auch bei den Frauen, die im Alter von 20 bis 30 die Impfung erhielten, konnte eine Risikoreduktion um 62 Prozent beobachtet werden. „Dass auch HPV-ungeimpfte Menschen über 18 Jahren von der Impfung profitieren können, schreibt auch die STIKO. Aufgabe der Ärztin oder des Arztes ist es an dieser Stelle zu erklären, dass die Wirksamkeit der Impfung bei ‚nicht HPV-naiven‘ Personen reduziert sein kann“, erklärt Hofmann. Auch die Kostenübernahme müsse individuell geklärt werden. Denn ohne Empfehlung sind die Kassen frei in ihrer Entscheidung, ob sie die Kosten übernehmen oder nicht.
Sachsen empfiehlt die Impfung bis zum 26 Lebensjahr
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Freistaat Sachsen. Die sächsische Impfkommission geht in ihrer HPV-Impfempfehlung deutlich weiter als die STIKO. Hier wird die HPV-Impfung für alle Personen (Frauen und Männer) bis zum vollendeten 26. Lebensjahr empfohlen. Die Kosten werden allerdings bislang auch dort noch nicht von allen Kassen übernommen.
„Die STIKO-Empfehlungen sind wichtig und geben Orientierung. Aber es ist auch wichtig zu wissen, dass erprobte und sichere Impfungen auch für Menschen außerhalb der empfohlenen Gruppe der Impflinge von dem HPV-Impfschutz profitieren können“, sagt Brockmeyer.
Alle Gelegenheiten für eine HPV-Impfaufklärung nutzen
Für die DDG-Mediensprecherin Hofmann ist wichtig, dass alle Gelegenheiten für eine HPV-Impfaufklärung und -Impfung genutzt werden. „Das kann ein Besuch in der hautärztlichen Praxis sein, oder beim Kinder- und Jugendarzt die Jugenduntersuchung 1 (J1) für die 12- bis 14-Jährigen oder noch besser die noch nicht so verbreitete U11 (‚Schülercheck‘), also die Vorsorgeuntersuchung für die 9 bis 10-Jährigen“, sagt Hofmann. Diese Empfehlung ist auch in der aktuellen Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ zu lesen, wobei anzumerken ist, dass die U11 keine gesetzlich vorgeschriebene Krankenkassenleistung ist. Einige Krankenkassen übernehmen dennoch die Kosten. Durch das jüngere Alter würden die Kinder häufiger als bei der J1-Untersuchung von ihren Eltern begleitet und die Einwilligung zur HPV-Impfung könne sofort erfolgen.
Schützen, was wertvoll ist
Auch das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (ehemals Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA) unterstützt Eltern und Erziehungsberechtigte dabei, eine informierte Entscheidung für die Gesundheit ihrer Kinder zu treffen. Auf www.liebesleben.de/hpv-impfung erfahren Eltern und Erziehungsberechtigte mehr über Humane Papillomviren und die verschiedenen HPV-Typen, gegen welche HPV-Typen die Impfstoffe wirksam sind, wie sicher die HPV-Impfung ist und welche Nebenwirkungen bei einer Impfung auftreten können. Auf der Kampagnen-Website sind auch zwei Videos eingebunden. In einem Video beantwortet ein Kinder- und Jugendmediziner die häufigsten Fragen von Eltern zur HPV-Impfung. In dem zweiten Video berichtet eine Frau und Mutter von drei Kindern über ihre Krebserkrankung. Sie war aufgrund von HPV an Gebärmutterhalskrebs erkrankt.
Der Welt-HPV-Tag
Der Welt-HPV-Tag (International HPV Awareness Day) wurde 2018 von der Internationalen Papillomavirus-Gesellschaft (IPVS) ins Leben gerufen und findet jedes Jahr am 4. März statt. Er bietet Organisationen die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf HPV zu lenken, das öffentliche Verständnis und Bewusstsein zu verbessern und zur Prävention aller durch das Virus verursachten Krebsarten beizutragen.
Tipp: Zusatzleistungen von gesetzlichen Krankenkassen können auf der Website krankenkassen.de recherchiert werden. Weitere Informationen:
U11 für Kinder und Jugendliche
HPV-Impfung für Männer mit einem Alter „über dem gesetzlichen Anspruch“
HPV-Impfung für Frauen bis wenigstens zum 25. Lebensjahr
Literatur:
S3-Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ (AWMF Reg.-Nr. 082-002). 2020. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut 2025 (Aktueller Impfkalender)
Epidemiologisches Bulletin 4, 23. Januar 2025. Lei, J. et al. HPV Vaccination and the Risk of Invasive Cervical Cancer. N Engl J Med 2020; 383(14):1340–8.
Impfkalender für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Freistaat Sachsen