0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
1569 Aufrufe

Studie: Deutsche wünschen sich Beachtung von Geschlechterunterschieden in der Medizin – 67 Prozent der Befragten erhalten von Ärzten keine Informationen bei Medikamenten

(c) fizkes/Shutterstock.com

Geschlechterunterschiede in der Medizin – dieses Thema ist in der Mitte der Bevölkerung angekommen. Laut einer neuen, repräsentativen Studie der pronova BKK wissen neun von zehn Deutschen, dass Männer für bestimmte Erkrankungen ein anderes Risiko haben als Frauen. Mehr als acht von zehn Menschen sind zudem überzeugt, dass auch Krankheitssymptome geschlechterspezifisch sind.

Gleichzeitig erhalten 67 Prozent der 1.000 Befragten von Ärzten keine Informationen über unterschiedliche Wirkungen von Medikamenten auf Frauen und Männer. Aus Sicht der Befragten wird dies weder in der Forschung noch im Arztgespräch ausreichend berücksichtigt.

Abhilfe könnten mehr Informationen über geschlechterspezifische Unterschiede und ein entsprechendes Handeln der Politik schaffen. Mit 88 Prozent glauben besonders viele Frauen, dass bei ihrem Geschlecht andere Symptome auftreten. 79 Prozent der Männer sind gleicher Ansicht.

Gleiche Erkrankung, andere Symptome

„Die medizinische Forschung orientiert sich am männlichen Normkörper“, bestätigt Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigione, Inhaberin von Deutschlands erster Professur für geschlechtersensible Medizin: „Frauen zeigen bei den gleichen Erkrankungen aber häufig andere Symptome. So sind bei Männern die klassischen Symptome für einen drohenden Herzinfarkt starke Brustschmerzen, junge Frauen können in dieser Situation unter Übelkeit und Schwindel leiden. Asthma zeigt sich bei Jungen durch Geräusche beim Atmen, bei Mädchen oft durch trockenen Husten.“ Bei der Diagnose von Erkrankungen, aber auch bei der Behandlung sei es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigen.

Unterschiede müssen stärker berücksichtigt werden

„Frauen leiden generell öfter unter Nebenwirkungen von Arzneimitteln. Gleichzeitig können Medikamente bei Frauen aufgrund von Körpergröße, Gewicht und Hormonen anders wirken als bei Männern“, so Oertelt-Prigione. „Wir haben bei klinischen Studien zu Corona festgestellt, dass das Geschlecht kaum beachtet wurde, obwohl längst bekannt war, dass Männer und Frauen unterschiedlich betroffen sind – es hatte sich einfach so etabliert und war gesellschaftlich akzeptiert. Inzwischen sehen wir bereits einen Wandel bei der Auswahl der Probanden für Studien. Die geschlechterspezifische Analyse erfolgt aber weiterhin zu selten.“

Ärzte, Pharmafirmen und der Gesetzgeber in der Pflicht

Wie die Studie zeige, wissen viele Menschen, dass es auch bei  Krankheiten und Symptomen geschlechtsspezifische Unterschiede geben kann, so die pronova BKK. Doch bei der Vermittlung konkreter Fakten hapert es: 82 Prozent der Befragten erwarten generell mehr Informationen, wie sich Symptome bei Erkrankungen wie zum Beispiel beim Herzinfarkt je nach Geschlecht unterscheiden. Auch die Pharmaindustrie sollte nach Ansicht von 87 Prozent der Deutschen ihre Packungsbeilagen anpassen und dort klar auf die Unterschiede bei der Verwendung durch Männer und Frauen hinweisen. 86 Prozent der Befragten sehen den Gesetzgeber in der Pflicht, klare Vorgaben zu einer geschlechterangepassten Gesundheitsversorgung zu machen. „Hier wird sich erst etwas verändern, wenn es klare Regularien gibt. Beispielsweise muss die Politik dafür sorgen, dass nur noch Studien finanziert werden, die das Geschlecht berücksichtigen“, erklärt Oertelt-Prigione. „Dort, wo die Datenlage bereits gut ist, wie in der Kardiologie, können Leitlinienveränderungen angeschoben und Therapien geschlechterspezifisch angepasst werden."

Frauen beklagen mangelnde Transparenz

Im Gespräch mit Ärzten werde laut Befragung besonders von Frauen mangelnde Transparenz beklagt: Nur 26 Prozent sagen, ihr Arzt habe sie über die unterschiedlichen Wirkungen von Medikamenten aufgeklärt – im Unterschied zu 40 Prozent der Männer. Insgesamt haben zwei Drittel der befragten Frauen und Männer keine entsprechende Auskunft bei der ärztlichen Behandlung erhalten. 83 Prozent wünschen sich deutliche Hinweise von Medizinern, wenn noch unklar ist, ob Medikamente auf Männer und Frauen unterschiedlich wirken. Nur 33 Prozent sagen, ihr Arzt habe mit ihnen darüber gesprochen.

„Der Wandel zur personengerichteten Medizin mit dem Ziel, einen kooperativen Prozess zwischen Patientinnen, Patienten, Ärztinnen und Ärzten zu schaffen, beginnt erst. Dafür müssen die Medizinerinnen und Mediziner ihre Deutungshoheit aufgeben und die Expertise ihrer Patientinnen und Patienten für die eigene Gesundheit wahrnehmen“, sagt Oertelt-Prigione. „Andere Länder wie die Niederlande, Kanada oder Großbritannien sind da weiter. Die jüngere Generation treibt diesen Wandel auch bei uns in Deutschland voran.“

Die Studie „Geschlechtersensible Medizin“ wurde im Februar 2022 im Auftrag der pronova BKK durchgeführt. Bundesweit wurden 1.000 Erwachsene ab 18 Jahre repräsentativ online befragt. Die Kasse hat eine eigene Landingpage zum Thema zusammengestellt.

Quelle: Pronova BKK Interdisziplinär Zahnmedizin Patientenkommunikation Praxis

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
21. Nov. 2024

Der Beginn der „stillen Revolution“ in der Zahnheilkunde

Das Cerec-System: Von der Inlay-Maschine zur Netzwerk-Instanz (1) – Prof. em. Dr. Dr. Werner Mörmann skizzierte Status und Zukunft
20. Nov. 2024

Überraschende Erkenntnisse zur Blutbildung

Forschende der Uni Mainz und des MPI decken vielversprechende Eigenschaften des Schädelknochenmarks auf
15. Nov. 2024

Mehr als Füllungen und Kronen: künftige Entwicklungen in der Zahnmedizin

Antrittsvorlesung von Prof. Falk Schwendicke an der LMU München handelte von aufsuchender Versorgung, KI und Prävention
14. Nov. 2024

Zahnfleischgesundheit ist wichtiger Teil der Diabetesversorgung

EFP weist zum Weltdiabetestag am 14. November auf Verbindungen von Zahnfleischerkrankungen und Diabetes hin
8. Nov. 2024

Endo, Kronen-Wurzelfraktur, Kindergartenkinder und Ü50-KFO

Die Quintessenz Zahnmedizin 11/2024 zeigt Bandbreite der zahnmedizinischen Disziplinen und Patientengruppen
8. Nov. 2024

eVerordnung für Hilfsmittel direkt auf das Smartphone

Weiterer Baustein zur Digitalisierung des Gesundheitswesens – Kassen stellen Apps zur Verfügung
7. Nov. 2024

Ein Plus für Erweiterung und Neuausrichtung: AGK+

Namenserweiterung der AG Keramik steht für neue Aufgaben und Inhalte
6. Nov. 2024

Erkältung oder Grippe?

Ärztin Solveig Haw zu den Unterschieden, Symptomen und wann ein Arztbesuch nötig ist