Anlässlich des Welt-Parkinson-Tags am 11. April weist die Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz auf ein neues Forschungsprojekt hin, das durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert wird: „INSPIRE-PNRM+“.
INSPIRE-PNRM+ steht für „INterdiSziPlinäre und InteRsektorale telemedizinische Evaluation, Koordination und Behandlung im ParkinsonNetz RheinMain+“ und zielt darauf ab, eine optimierte, effektive und bedarfsgerechte Behandlung von Menschen mit Parkinson zu etablieren. Die neuartige Versorgungsform umfasst insbesondere drei Komponenten: speziell ausgebildete Pflegefachpersonen, ein interdisziplinäres und transsektorales Netzwerk und eine telemedizinische Plattform.
Zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung
Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in Deutschland. Aktuell sind hierzulande rund 400.000 Menschen betroffen. Die Parkinson-Erkrankung zeigt sich insbesondere durch motorische Störungen. Dazu zählen das sehr typische Ruhe-Zittern (Parkinson-Tremor) sowie langsamer werdende Bewegungsabläufe und eine zunehmende Muskelsteifheit.
Darüber hinaus können auch unspezifische Symptome wie beispielsweise Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Schmerzen auftreten. Die chronisch fortschreitende Erkrankung kann die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen (siehe Kasten). Eine besondere Herausforderung bei der Parkinson-Behandlung ist, dass die Krankheit nicht einheitlich verläuft.
Individuelle Versorgung für bestmögliche Lebensqualität
„Um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern und den Patientinnen und Patienten eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen, bedarf es einer individuellen und multidisziplinären Versorgung. Dabei müssen Fragen der medizinischen, pflegerischen und sozialen Situation berücksichtigt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägung der Symptomatik und der stark variierenden Krankheitsverläufe ist eine Verzahnung von Behandlungsketten und eine gezielte Kooperation zwischen ärztlichem, therapeutischem und pflegerischem Personal besonders wichtig. Dies möchten wir mit INSPIRE-PNRM+ erreichen“, erläutert der Leiter des Projektkonsortiums Univ.-Prof. Dr. Sergiu Groppa, Leiter der Sektion Bewegungsstörungen und Neurostimulation der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz.
Spezielle Advanced Practice Nurses
Eine zentrale Rolle im Rahmen des innovativen Behandlungsansatzes, der in dem Forschungsprojekt erprobt wird, übernehmen die sogenannten Advanced Practice Nurses (APNs). Dabei handelt es sich um speziell für die Versorgung von Menschen mit Parkinson ausgebildete Pflegefachpersonen mit Masterabschluss. Ihre Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass die Patientinnen und Patienten bedarfsorientiert betreut werden. Dazu gehört auch, wie auf Nachfrage zu erfahren war, die Mundgesundheit. Die APNs sollen die für die Umsetzung klinischer Leitlinien und Standards notwendigen Behandlungsmaßnahmen anregen und koordinieren. Ein weiterer Schwerpunkt der APNs ist die Vernetzung und interdisziplinäre sowie transsektorale Zusammenarbeit innerhalb des Parkinsonnetzes RheinMain+.
Hausbesuche und individuelle Pläne
Im Rahmen der neuen Versorgungsform beurteilen die APNs bei Hausbesuchen die spezifische Krankheitssituation der Patientinnen und Patienten. Darauf aufbauend wird ein auf die Betroffenen individuell zugeschnittener Behandlungs- und Versorgungsplan erstellt und mit den behandelnden Fachärztinnen/-ärzten abgestimmt, heißt es. In engem Austausch mit den Patientinnen und Patienten wird der Plan im weiteren Behandlungsverlauf mit Hilfe von telemedizinischer Kommunikation stetig evaluiert und angepasst.
Aus dem Innovationsfonds des G-BA gefördert
INSPIRE-PNRM+ wird durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren mit insgesamt rund 5,6 Millionen Euro gefördert. Das Projekt ist zum 1. August 2023 gestartet und befindet sich aktuell in der Vorbereitungsphase. Insgesamt sollen rund 1.300 Menschen mit Parkinson aus Hessen und Rheinland-Pfalz teilnehmen.
Die Konsortialführung des Forschungsprojekts liegt bei der Universitätsmedizin Mainz. Konsortialpartner sind die Deutsche Parkinson Vereinigung e. V, die Katholische Hochschule Mainz (KH Mainz), die Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, das Universitätsklinikum Frankfurt, die Techniker Krankenkasse und die DAK-Gesundheit. Darüber hinaus besteht eine Kooperation mit Berufsverbänden und Fachkliniken.
Über M. Parkinson
Die Bezeichnung Morbus Parkinson geht auf den englischen Arzt James Parkinson zurück, der die Hauptsymptome der Erkrankung erstmals 1817 beschrieben hat. Auf eine Initiative der European Parkinsons Disease Association wurde an seinem Geburtstag, dem 11. April, im Jahr 1997 der Welt-Parkinson-Tag ins Leben gerufen. Der jährliche Gedenktag soll das Bewusstsein für die Erkrankung erhöhen, deren Verständnis fördern und so zu verbesserten Behandlungsmöglichkeiten beitragen.
Bei Morbus Parkinson kommt es zu einem Absterben von Gehirnzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Der Verlust von Dopamin führt insbesondere zu den für die Erkrankung typischen Bewegungsstörungen. Die Krankheit entwickelt sich schleichend. Mit fortschreitendem Verlauf werden die Symptome ausgeprägter.
Am häufigsten wird Morbus Parkinson zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr diagnostiziert. Bei 5 bis 10 Prozent der Betroffenen treten die Symptome bereits vor dem 40. Lebensjahr auf. Das Risiko, an Parkinson zu erkranken, ist bei Männern höher als bei Frauen. Parkinson ist eine chronische Erkrankung, deren Verlauf jedoch durch spezielle Medikamente und unterstützende Therapien positiv beeinflusst werden kann.
Der Beitrag wurde am 11. April 2024 um 11.30 Uhr um die Information zur Mundgesundheit als Teil der Betreuung durch die Advanced Practical Nurses ergänzt. -Red.