Prothetische Misserfolge sind oft mit einer falsch bestimmten Zahnfarbe verknüpft, die gerade im ästhetisch sichtbaren Bereich dazu führen kann, dass ein Patient die fertige Restauration ablehnt oder auch der Zahnarzt selbst die Arbeit nicht akzeptieren kann. Neben der Funktion und der Morphologie haben also eine präzise Zahnfarbbestimmung und -kommunikation und die materielle Reproduktion einen entscheidenden Einfluss auf die Patientenzufriedenheit.
Passt die Zahnfarbe bei der Einprobe nicht, muss die Arbeit zurück ins Labor und unter zusätzlichem zeitlichem Aufwand angepasst werden. Neben dem Imageschaden muss der Patient wieder provisorisch versorgt und neu terminiert werden. Das ist für Patient, Praxis und Labor eine eigentlich unnötige Belastung.
Nicht zuletzt ist der ökonomische Schaden für die Labore enorm. Nach einer Pilotuntersuchung aus dem Jahr 2013 beläuft sich dieser in Deutschlands Laboren auf einen mehrstelligen Millionenbetrag pro Jahr (Hassel A. Pilotuntersuchung: Fehler bei der Farbnahme kosten Zeit und Geld. ZMK aktuell, 08.03.2013).
Im folgenden Interview erläutert Prof. Dr. Alexander Hassel, Mannheim, warum das Thema essenziell ist, wie eine präzise Zahnfarbbestimmung in der Praxis gelingt und wie damit Misserfolge vermieden werden können.
Woran liegt es, dass der Schritt der Zahnfarbbestimmung häufig nicht funktioniert?
Prof. Dr. Alexander Hassel: Die Schwierigkeit bei der visuellen Zahnfarbbestimmung resultiert aus dem doppelschichtigen Aufbau eines Zahns. Zum einen haben wir den überwiegend monochromen und opaken Dentinkern, in dem sich die Grundzahnfarbe wiederfindet. Darüber haben wir den transluzenten, unterschiedlich starken Schmelz mit variierenden Effekten und einer unterschiedlich ausgeprägten Transluzenz. Das erschwert eine standardisierte und reproduzierbare Zahnfarbbestimmung. Und die Farbwahrnehmung ist ja per se schon ein subjektiver Sinneseindruck.
Wie sollte eine erfolgreiche visuelle Zahnfarbbestimmung aussehen und welche Tools empfehlen Sie dafür?
Hassel: Die Farbumgebung sollte dafür generell unbunt sein. Ein grauer Umhang für die Patienten ist deswegen hilfreich. Patientinnen müssen sich abschminken. Als Lichtquelle sollte eine Tageslichtlampe verwendet werden. Bei dieser ist die Lichtquelle in einem Winkel von 45 Grad zum Zahn angebracht, damit keine Spiegelung auftritt. Die Stuhllampe ist meist viel zu intensiv für die Farbbestimmung. Zur visuellen Farbbestimmung empfehle ich das VITA System 3D-Master, weil dieses systematisch den gesamten Zahnfarbraum abdeckt.
Die digitale Zahnfarbbestimmung wird immer wieder diskutiert. Wie funktioniert diese und wie sind hier Ihre Erfahrungen?
Hassel: Das VITA Easyshade V ist der bekannteste Vertreter der digitalen Zahnfarbmessung. Das von diesem Gerät emittierte Licht wird im Zahninneren – und nicht an der Oberfläche des Zahns – gestreut, von der Messspitze aufgenommen und per Faseroptik in das Gerät geleitet. Dort wird die spektrale Zusammensetzung des Lichts ermittelt und ausgewertet. Der Messvorgang läuft umgebungsunabhängig, schnell und präzise ab.
Kamerasysteme, wie wir sie beispielsweise bei Intraoralscannern oft sehen, beruhen nicht auf einer absoluten Farbwertbestimmung, die Zahnfarbe wird dort je nach Lichtbedingungen oder Kameraeinstellungen dargestellt und ist von der Zahnoberfläche abhängig.
Die Zahnfarbbestimmung muss präzise und für die Frontzahnästhetik möglichst detailgetreu an das Labor kommuniziert werden. Wie kann das gelingen?
Hassel: Natürlich reicht es in solchen Fällen nicht aus, nur die Grundzahnfarbe zu kommunizieren. Der Zahntechniker muss über Effekte in der Schmelzmasse Bescheid wissen. Hier ist die dentale Fotografie ein entscheidender Vorteil. Ein intraorales Foto zusammen mit dem ausgewählten Farbmusterstäbchen zeigt dem Techniker beispielsweise, wie transluzent die Schneide ist. Bei der digitalen Zahnfarbbestimmung mit dem VITA Easyshade V können über die App „VITA mobileAssist“ die ermittelten Zahnfarbinformationen mit einem intraoralen Foto kombiniert und gebündelt per Mail an das Labor übertragen werden. So wird nichts vergessen.
Die ermittelte Zahnfarbe muss im Dentallabor präzise reproduziert werden. Was ist im Zusammenspiel zwischen Zahnfarbbestimmungstool und Material zu beachten?
Hassel: Wichtig ist, dass Praxis und Labor immer in einem Farbsystem bleiben. Die Farbskala und die eingesetzten Materialien sollten auf jeden Fall vom gleichen Anbieter sein. Denn eine A2 bei Hersteller A ist nicht gleich eine A2 bei Hersteller B. Das ist vielen wahrscheinlich gar nicht so klar. Bei VITA sind die Materialien farbtreu auf die Farbskala VITA classical A1 - D4 oder das VITA System 3D-Master abgestimmt. So kann sich der Zahntechniker im Labor auch wirklich sicher sein, dass eine in der Zahnarztpraxis bestimmte A3 auch materialseitig einer A3 entspricht.
Der präzisen Zahnfarbbestimmung wird in vielen Zahnarztpraxen oft noch nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Ist es aufwendig, diese zu implementieren?
Hassel: Das ist eigentlich gar nicht aufwendig. Einsteiger brauchen hierzu lediglich ein lückenloses Farbsystem wie das VITA System 3D-Master und eine Digitalkamera. Für den Anfang reicht auch ein gutes Handy. Praktikern, die noch mehr Präzision und noch weniger Farbmisserfolge wollen, empfehle ich ein umgebungsunabhängiges Spektrofotometer wie das VITA Easyshade V. Das kann zusammen mit einer Digitalkamera mit Makroobjektiv und Ring- oder Seitblitz eingesetzt werden. Es lohnt sich, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Man spart Zeit und Geld und kann die digitale Farbbestimmung auch abrechnen.
VITA und alle benannten VITA-Produkte sind eingetragene Marken der VITA Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG, Bad Säckingen, Deutschland.
Das Unternehmen ist seit 2010 Premium Partner des Deutschen Zahnärztetags für die Kompetenzbereiche Restaurative Materialien und Ästhetische Lösungen.