Die Ärzteschaft diskutiert intensiv und kontrovers einen von Bundesärztekammer und PKV-Verband erarbeiteten Vorschlag einer neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßt, dass die Bundesärztekammer der innerärztlichen Diskussion Raum gibt und eine Folgenanalyse des komplexen Entwurfes ermöglicht.
Allerdings tauge die jetzt erarbeitete aus verschiedenen Gründen nicht als Blaupause für eine Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), erklärte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Prof. Dr. Christoph Benz, in seinem Grußwort an die Hauptversammlung des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte am 10. Oktober 2024 in Kassel.
„Ein guter Move, das zu tun“
Benz verwies auch auf die von der Vizepräsidentin der BZÄK, Dr. Romy Ermler, dazu veröffentlichte Stellungnahme. Die GOÄ werde nicht schnell kommen, die nun ausgeweitete Diskussion in der Ärzteschaft werde dauern. Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt habe auch ein Scheitern dieses Projekts für möglich erklärt. „Es wäre ein guter Move, das zu tun“, sagte Benz unter Beifall in Kassel.
„Eine neue GOÄ ist aus Sicht der BZÄK grundsätzlich ein Fortschritt und dringend notwendig. Der Gesetzgeber muss seiner Verpflichtung zur regelmäßigen Anpassung der Gebührenordnungen bei allen Berufen gleichermaßen nachkommen. Und nicht willkürlich selektieren. Grundlage für eine neue Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) kann der kolportierte GOÄ-Entwurf aber nicht sein“, heißt es in der offiziellen Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf der GOÄneu.
„Erstattungsordnung“ statt echte Gebührenordnung
Dr. Romy Ermler, im Vorstand der BZÄK für den Bereich Gebührenordnung zuständig, erklärte: „Der aktuell diskutierte GOÄ-Vorschlag trägt die Handschrift einer Erstattungsordnung. Namentlich eine Abschaffung des bewährten Gebührenrahmens kommt für die Zahnärztinnen und Zahnärzte auf keinen Fall in Frage. Ein Gebührenrahmen erlaubt eine individuelle Bemessung nach Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand. Gerade das sehr patientenindividuelle zahnärztliche Leistungsspektrum mit seiner Vielzahl von Behandlungsalternativen für den Patienten lässt sich mit einer Festgebühr nicht transparent abbilden. Eine Gebühr, die den individuellen Besonderheiten Rechnung trägt und diese ausweist, ist gelebter Patientenschutz“.
Sie hob auch auf die inzwischen vielfach überholten Leistungen in der GOZ ab: „Die derzeit benutzte GOZ ist Anfang 1988 und damit noch vor der Wiedervereinigung Deutschlands in Kraft getreten. Die Zahnmedizin wie die betriebswirtschaftlichen Anforderungen haben sich in dieser Zeit dramatisch verändert. Völlig unabhängig von den BÄK-Überlegungen ist eine GOZ-Novelle mehr als überfällig.“
BZÄK im engen Austausch mit der BÄK
Zahnärzte und Zahnärztinnen haben Zugriff auf einzelne Bereiche der GOÄ, soweit die Leistungen nicht in der GOZ enthalten sind, zum Beispiel Röntgenleistungen und eine Reihe von chirurgischen Leistungen. Benz erklärte dazu in Kassel, eine Refom der GOZ werde erst nach einer Novellierung der GOÄ erfolgen können. Wenn es dann zum Beispiel in diesen Zugriffen Schnittstellenprobleme geben sollte, würde man an eigenen Lösungen arbeiten. Die BZÄK sei aber auch im engen Austausch mit der BÄK.
Stellungnahme der BÄK zum weiteren Verfahren
Die Bundesärztekammer selbst hat die Diskussion der GOÄneu nun endgültig auf offen – und auch auf „open end” gestellt. In einem am 10. Oktober 2024 veröffentlichten Statement des Vorstands heißt es, es solle ein Clearingverfahren eingeleitet werden und die Ergebnisse auf den Deutschen Zahnärztetag 2025 beraten werden. Der ursprüngliche Zeitplan sah vor, dass die Verbände und Fachgesellschaften nach der Präsentation der GOÄneu 14 Tage Zeit haben sollten, den Entwurf zu kommentieren, der dann am 9. Oktober schon der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Von diesem Zeitplan war der Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt nach harscher Kritik schon Anfang Oktober abgerückt.
Nun heißt es in der Stellungnahme des Vorstands zur GOÄ-Novellierung nach ausführlicher Darlegung der Genese und der Vorgabe der Politik, gemeinsam mit den Kostenerstattern einen Vorschlag für eine GOÄ vorzulegen: „Der Vorstand der Bundesärztekammer begrüßt es deswegen ausdrücklich, dass nun in intensiven Gesprächen ausgelotet wurde, bis zu welchem Punkt der PKV-Verband bereit ist, die ärztlich erarbeiteten Vorschläge zu akzeptieren. Mit dem Ergebnis dieser Gespräche setzen sich die ärztlichen Berufsverbände und Fachgesellschaften seit Mitte September 2024 auseinander.
Zu bewerten ist dabei zunächst die Tatsache, dass der PKV-Verband mit Blick auf die Folgen für die Beitragsentwicklung der Privatversicherten die ärztlicherseits vorgelegten Gebühren nur mit teils deutlichen Reduzierungen akzeptiert. Jenseits dessen sind nach der Rückmeldung der Verbände aber auch wesentliche Fragen zur Folgenabschätzung zu erörtern. So merken einige Verbände Abwertungen im Vergleich zur geltenden GOÄ an, die aus den aufwändigen Folgenabschätzungen sowohl auf Seiten der Bundesärztekammer als auf Seiten des PKV-Verbandes bisher nicht ersichtlich sind. Diese Einschätzungsunterschiede gilt es aufzuklären, ebenso wie relevante weitere fachliche Fragen.“
Clearingverfahren und weiteres Vorgehen mit Zeitfokus Mai 2025
Weiter heißt es: „In einem Clearingverfahren wird die Bundesärztekammer alle beteiligten ärztlichen Verbände und Fachgesellschaften zu gemeinsamen Gesprächen einladen und das weitere Vorgehen mit Blick auf den nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2025 in Leipzig beraten.
Der Vorstand der Bundesärztekammer dankt allen beteiligten Verbänden und Fachgesellschaften für ihre engagierte Mitarbeit. Nun gilt es, die anstehenden Sachfragen zu klären, das Für und Wider sorgfältig abzuwägen und in Ruhe zu einer gemeinsamen Haltung der Ärzteschaft zu kommen.“
Dr. Marion Marschall, Berlin
Mit Material der BZÄK und der BÄK.