Bürokratieabbau und eine auskömmliche und qualitätsgesicherte Zahnersatzversorgung standen im Mittelpunkt des diesjährigen Parlamentarischen Abends der Arbeitsgemeinschaft der Gesundheitshandwerke am 28. November in Berlin. Dominik Kruchen, Präsident des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), nahm mit dem Bundesvorstand und VDZI-Geschäftsführer Kim Nikolaj Japing an der Veranstaltung teil.
Vertreterinnen und Vertreter der Augenoptik, Hörakustik, Orthopädietechnik und Zahntechnik diskutierten im Haus der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gemeinsam mit mehr als 60 Gästen aus der Gesundheitspolitik über die zukünftigen Herausforderungen für eine qualitätsorientierte Versorgung mit Zahnersatz in Deutschland.
Nicht jede Dokumentationsanforderung bietet einen Mehrwert
Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), betonte zur Eröffnung der Veranstaltung, dass die immer umfangreicher werdende Bürokratie im Gesundheitswesen die Betriebe der Gesundheitshandwerke zunehmend belaste und deren Arbeit erschwere: „Das Gesundheitssystem ist ein streng regulierter Bereich. Aber nicht jede Dokumentationsanforderung, nicht jedes zusätzlich ausgefüllte Formular bietet einen Mehrwert für die Patientensicherheit. In Zeiten des Fachkräftemangels muss sich die Politik zwischen der Arbeit am Patienten oder der Arbeit für den Aktenordner entscheiden“, forderte ZDH-Präsident Dittrich.
Hauptredner des Abends war der Parlamentarische Staatssekretär aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), Prof. Dr. Edgar Franke (MdB, SPD). Dieser betonte die Wichtigkeit des Gesundheitshandwerks für die Versorgung der Menschen vor Ort: „Wenn alle so innovativ wären wie unsere Gesundheitshandwerker, wäre die Zukunft der deutschen Wirtschaft gesichert. Wir müssen uns aber bemühen, die notwendige Bürokratie auf ein gesundes Maß zu reduzieren, damit deren Innovationen auch bei den Menschen ankommen können.“
Weg von der Grundlohnsummenanbindung
Gegenüber Franke erläuterte Kruchen, dass die Innovationsstärke des deutschen Zahntechniker-Handwerks langfristig in der Fläche nur gewahrt bleiben könnte, wenn die Leistungserbringung auch wirtschaftlich auskömmlich ist. Dafür müsste die Deckelung der Preisentwicklung über die Bindung an die jährliche Grundlohnsummenentwicklung fallen.
In seinen Statements in der folgenden Panel-Diskussion mit dem Bundestagsabgeordneten Tino Sorge (CDU) fokussierte sich VDZI-Präsident Kruchen auf die Entwicklung der investorenbetrieben zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ). Im dritten Quartal dieses Jahres waren es immerhin schon 440 iMVZ, die sich fast ausschließlich auf Großstädte und Ballungsräume verteilen.
Praxislabore in die Handwerksrolle
„In strukturschwachen Gebieten, in denen Engpässe und Unterversorgung drohen könnten, gibt es kaum iMVZ. Investorenorientierte MVZ bleiben damit ein idealer Nährborden für die Gefahren einer rein gewinnorientierten Zahnersatzversorgung“, erklärte Dominik Kruchen und skizzierte vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen mehrere Forderungen: „Der Gesetzgeber muss sich mit der Aushöhlung der Freiberuflichkeit beschäftigen und hier für die notwendige Klarheit sorgen. Erstens sollte sozial- und berufsrechtlich klargestellt werden, dass Praxislabore in iMVZ ausgeschlossen sind. Zweitens ist es wichtig, dass Aufsichtsstrukturen gestärkt werden, zum Beispiel durch die Eintragung von Praxislaboren in die Handwerksrolle.“
Klinische Bewertungen für Sonderanfertiger sind Ärgernis
Darüber hinaus forderte Kruchen Flexibilisierungen im Medizinprodukterecht: „Die Klinischen Bewertungen für Sonderanfertiger sind ein echtes Ärgernis für unsere zahntechnischen Labore und bieten keinen Mehrwert in der Versorgung. Wir bitten die Bundesregierung dringlichst, sich auf europäischer Ebene für die Rücknahme dieser unsinnigen Anforderung für Kleinbetriebe auszusprechen. Gleichzeitig braucht es bundesländerübergreifend ein harmonisiertes Prüfvorgehen durch die Behörden und Augenmaß bei betrieblichen Begehungen.
Gesundheitshandwerke von Bürokratie entlasten
Tino Sorge pflichtete dem Ansatz für eine umfassendere Entbürokratisierung bei: „Die Gesundheitshandwerke ächzen unter den bürokratischen Lasten und den in nahezu allen Bereichen gestiegenen Kosten. Es ist höchste Zeit für spürbare Entlastungen. Dazu werden wir anstelle der bisherigen Misstrauenskultur eine neue Kultur des Vertrauens brauchen. Viele mittelständische Unternehmen erleben seit Jahren immer neue rechtliche Vorgaben, Hürden und Auflagen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich solche Belastungen auf die Versorgung niederschlagen.“
Der VDZI werde sich auch zukünftig dafür einsetzen, dass im Versorgungsbereich Zahnersatz ein faires Leistungsrecht gilt und dass die Bundesregierung den im Koalitionsvertrag angedachten Entbürokratisierungszielen gerecht werde, heißt es in der Pressemitteilung des Verbands zum Parlamentarischen Abend.