Als „massiven und völlig überzogenen Eingriff in die Rechte der Selbstverwaltung“ hat der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader die Pläne von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach bezeichnet, zur 2023 beginnenden neuen Legislatur eine zwingende gesetzliche Geschlechterquote in den Vorständen von KVen, KZVen und deren Bundesorganisationen einzuführen. Die Fraktionen der Ampel-Koalition hatten einen entsprechenden Änderungsantrag zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz eingebracht.
Insbesondere die Art des Vorgehens ohne jegliche Einbeziehung der Betroffenen zeuge von einer „maßlosen Respektlosigkeit gegenüber den ehrenamtlich in den Gremien der Körperschaften tätigen Kolleginnen und Kollegen“, heißt es in der Meldung aus dem FVDZ-Informationsdienst „FVDZ aktuell“ vom 15. November 2022. „Im Hauruck-Verfahren wenige Wochen vor dem Ende der auslaufenden – immerhin sechsjährigen Amtsperiode – zum 1. Januar 2023 gesetzlich eine Quote festzulegen, zeugt von einer erschreckenden Ahnungslosigkeit über die Arbeit in den Gremien“, sagte Schrader.
Es habe Ausschreibungen und Bewerbungsfristen gegeben, Anstellungsverträge seien verhandelt und mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt worden. „Das soll jetzt alles in die Tonne getreten werden, damit einige sich auf die Schulter klopfen können und behaupten, sie hätten die Chancengleichheit vorangetrieben.“ Für den Posten eines hauptamtlichen Vorstandes einer KZV sei kein bestimmtes Geschlecht für eine Bewerbung gefordert gewesen.
„Vernünftige Regelungen finden“
„Man kann doch jetzt nicht ernsthaft in dieser Weise die Arbeitsfähigkeit eines Bereichs der medizinischen Infrastruktur aufs Spiel setzen“, kritisiert Schrader. „Der Umgang mit der Selbstverwaltung ist nicht sachgerecht.“ Gerade in der derzeitigen Situation, in der die Zahnärzteschaft wieder in eine Budgetierung läuft und eine Reform die nächste jagt, könne man auf die Idee kommen, dass absichtlich Unruhe gesät werden soll. „Wir sollten gemeinsam und konstruktiv überlegen, wie vernünftige Regelungen gefunden werden können“, sagte Schrader.
Mit der Neuregelung soll in mehrköpfigen Vorständen von Kassenärztlichen/Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, auch auf Bundesebene, mindestens eine Frau und mindestens ein Mann vertreten sein. Dies soll eine angemessene Repräsentanz von Frauen und Männern in den Vorständen sicherstellen, wie es bereits für andere Körperschaften im Gesundheitswesen, so für Krankenkassen und den GKV-Spitzenverband, gesetzlich vorgegeben ist. „Verkannt wird dabei, dass es sich bei den Selbstverwaltungsgremien nicht um staatliche Einrichtungen handelt“, so Schrader. „Die Strukturen und die Arbeit in den Gremien finanzieren wir – die Niedergelassenen – mit unserer Hände Arbeit“, sagte Schrader.
KZBV fordert Verschieben auf 1. Januar 2029
Auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hatte sich in ihrer Stellungnahme gegen das Inkrafttreten der Neuregelung schon zum 1. Januar 2023 ausgesprochen und ein Verschieben auf den 1. Januar 2029, also erst zur übernächsten Legislaturperiode in den KZVen/KZBV gefordert. Begründet wurde dies unter anderem mit den bereits abgeschlossenen oder weitgehend vorbereiteten Wahlen von Vorständen und der notwendigen Zeit, um qualifizierte Frauen für diese Posten gewinnen zu können. Vonseiten der Zahnärztinnenverbände wurde dieses Argument zurückgewiesen. Es gebe schon jetzt Frauen, die diese Vorstandsaufgaben übernehmen könnten.
Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigungen sind ebenso wie die Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung sowohl Organe der Selbstverwaltung als auch Körperschaften öffentlichen Rechts im Regelungsrahmen des Fünften Buchs Sozialgesetzbuchs (Gesetzliche Krankenversicherung) Ihre Strukturen und Aufgaben unterliegen damit weitgehend gesetzlichen Vorgaben auf Bundesebene, sie stehen zudem unter der Aufsicht der jeweiligen Sozial-/Gesundheitsministerien. So ist seit 2005 die Hauptamtlichkeit der Vorstände gesetzlich vorgeschrieben. Bis dahin waren die KZV- und KZBV-Vorstände ehrenamtlich tätig.