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Pandemie erschwert Hilfseinsätze im In- und Ausland – Konferenz Hilfsorganisationen der Bundeszahnärztekammer im Zeichen des Coronavirus

(c) Screenshot Quintessence News

Dr. Marion Marschall

Die Corona-Pandemie hat die Arbeit der zahnärztlichen Hilfsprojekte und -organisationen deutlich erschwert und verkompliziert. Viele Einsätze mussten mindestens zeitweise sogar komplett eingestellt werden. Dies wurde auf der Konferenz Hilfsorganisationen der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) deutlich, die am 12. März mit rund 50 Teilnehmenden digital stattfand.

Innerhalb Deutschlands war vor allem zu Beginn der Pandemie der Mangel an Schutzausrüstung ein Problem für die Freiwilligenpraxen, die Menschen ohne Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung behandeln. Im Ausland konnten geplante Hilfseinsätze wegen Reisebeschränkungen nicht durchgeführt werden. „Die Pandemie verschärft soziale Ungleichheiten im Inland und in noch größerem Maße im Ausland, sie wirkt wie ein Brennglas“, sagte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich. „Die Einschränkungen waren und sind ein großes Problem. Dennoch haben Zahnärztinnen und Zahnärzte in dem durch Corona sehr engen Rahmen geholfen, wo es möglich war.“

Politik muss Missstände auch abstellen

Dr. Karsten Heegewaldt, BZÄK-Vorstandsreferent für Soziale Aufgaben/Hilfsorganisationen, ergänzte: „Fortschritte bei der Pandemiebekämpfung bedeuten auch, dass wieder mehr Hilfseinsätze möglich sind. Allein deshalb hoffe ich, dass wir beim Impfen und der Entwicklung einer effektiven Teststrategie zügig vorankommen. Damit die engagierten Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre ehrenamtliche Arbeit bald wieder im vollen Umfang aufnehmen können.“ Heegewaldt appellierte an die Politik, Missstände auch abzustellen. Es sei nicht Aufgabe von Ehrenamtlern, dauerhaft prekäre Situationen zu lindern.

 

Prof. Dr. Andrew Ullmann (links) und Dr. Karsten Heegewaldt
Prof. Dr. Andrew Ullmann (links) und Dr. Karsten Heegewaldt
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Sozusagen vorbereitend auf die hoffentlich bald wieder umfangreicher möglichen Hilfseinsätze waren zwei Experten als Referenten für die Konferenz geladen worden. Prof. Dr. Andrew Ullmann, Bundestagsabgeordneter der FDP und stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses Globale Gesundheit im Bundestag, stellte das Global Health Hub Germany vor. Ullmann ist selbst Arzt und unter anderem in den USA ausgebildeter Infektiologe – eine Spezialisierung, die es in dieser Form in Deutschland immer noch nicht gibt, wie er angesichts der Corona-Pandemie kritisch anmerkte.

 

Chancen zur Vernetzung nutzen
 

Global Health Hub, vorgestellt von Prof. Ullmann
Global Health Hub, vorgestellt von Prof. Ullmann
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Die Anfang 2019 ins Leben gerufene und mit Bundesmitteln angeschobene Plattform soll der Vernetzung und dem Austausch von national und international aktiven Gruppen, Organisationen und Einrichtungen im Bereich Gesundheit dienen. Ullmann legte den Hilfsprojekten ans Herz, sich dort zu registrieren und die Möglichkeiten der Vernetzung unbedingt zu nutzen. Er berichtete von Projekten wie einer einfachen Bezahl-App für Gesundheitsleistungen, die zum Beispiel vom Hub ausgezeichnet worden sind. Ziel sei es derzeit, nach der Anschubphase mit einer Geschäftsstelle den Mehrwert des Netzwerks noch zu erhöhen und das erfolgreiche Projekt über die Grenze der Legislaturperiode hinaus zu entwickeln. Das Hub biete durch seine vielfältigen Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten viel Potenzial für eine nachhaltige Entwicklung der Arbeit der zahlreichen Hilfsprojekte und Partner. (Der Vortrag ist als PDF auf der Internetseite der BZÄK eingestellt.)

Ethische Aspekte – Studierende in Hilfseinsätzen

Dr. Karsten Heegwaldt und Prof. Dr. mult. Dominik Groß
Dr. Karsten Heegwaldt und Prof. Dr. mult. Dominik Groß
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Der zweite Experte ist in der zahnmedizinischen Welt aufgrund seiner vielfältigen Forschungsarbeiten als Medizingeschichtler und Ethiker kein Unbekannter: Prof. Dr. mult. Dominik Groß aus Aachen, selbst Arzt, Zahnarzt und Geisteswissenschaftler, befasste sich mit den ethischen Aspekten von zahnmedizinischen Hilfseinsätzen. Für die Zuhörenden besonders interessant war die Frage nach den ethischen – und rechtlichen – Grenzen und Möglichkeiten beim Einsatz von Studierenden. Groß machte klar, dass wie in Deutschland auch in fast allen anderen Ländern der Ausübung der Zahnheilkunde durch nicht approbierte Zahnärzte und Studierende enge Grenzen gesetzt sind. Grundsätzlich werde ein Überschreiten dieser Grenzen auch dort – und gegebenenfalls später auch in Deutschland – entsprechend verfolgt und geahndet. Hilfseinsätze seien also keine „Trainingscamps“ für Studierende, die in erster Linie ihre praktischen Fähigkeiten verbessern wollten.

Nur unter Aufsicht eines approbierten Zahnarztes

Groß wählte für die Beurteilung den Ansatz der Patientenzentrierung und des aufgeklärten Patienten, der seine Einwilligung in die Behandlung gibt. Ohne Anleitung und Supervision einer approbierten Zahnärztin/eines approbierten Zahnarztes dürfen Studierende bei Hilfseinsätzen daher nicht eingesetzt werden. Dann dürfen sie selbstständig aber eine ganze Reihe von Aufgaben übernehmen, soweit sie ihrem Ausbildungsstand entsprechen – vom Verteilen der Mundhygieneprodukte und Mundhygieneschulungen über Anamnese und Erheben der Befunde und Prophylaxebehandlungen bis zum Dokumentieren des Behandlungsbedarfs und dem Erstellen eines Therapieplans unter Kontrolle eines Zahnarztes. Alle restaurativen, prothetischen oder chirurgischen Maßnahmen dürfen nur in Anwesenheit oder gemeinsam mit einem approbierten Zahnarzt durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass der Patient vorher darüber aufgeklärt wird, dass er von Studierenden behandelt wird.

 

Vor Ort möglich, aber in Deutschland nicht lege artis?

In diesem Zusammenhang kam auch die Frage auf, wie es sich mit Behandlungen und Verfahren verhält, die in Deutschland nicht lege artis sind, zum Beispiel Füllungen mit hierzulande nur als provisorisch eingesetzten Materialien. Groß stellte auch hier die Einwilligung des Patienten in den Fokus und eine Güterabwägung. Grundsätzlich sollten die Patienten darüber aufgeklärt werden, dass die Behandlung dem entspricht, was vor Ort möglich ist. Es sollte nicht einfach vorausgesetzt werden, dass die Einheimischen das per se so akzeptieren. Für den Zahnarzt sei es wie immer eine persönliche Risikoeinschätzung beim individuellen Patienten. Für diesen werde es aber in der Regel immer vorteilhafter sein, sich behandeln zu lassen, auch wenn es nicht die ideal mögliche Behandlung sein könne. Der Vortrag kann als PDF auf der Internetseite der BZÄK abgerufen werden, ebenso wie die Aufzeichnung der Videokonferenz.

Special Olympics World Games 2023 in Deutschland

Das nächste große Ereignis für ehrenamtlich tätige Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland werden die World Games von Special Olympics im Jahr 2023 sein, der Testlauf sind die Sommerspiele 2022. Hier sei das ehrenamtliche Engagement aus Ärzte- und Zahnärzteschaft eine wichtige Hilfe.

VDDI unterstützt Zahnärzteschaft

Traditionell treffen sich die zahnärztlichen Hilfsprojekte auf der Internationalen Dental-Schau alle zwei Jahre in Köln und werden vom Verband der Deutschen Dental-Industrie (VDDI) dabei unterstützt. In diesem Jahr wurde die IDS wegen der Corona-Pandemie auf September verschoben – wenn dann Treffen vor Ort möglich sind, werde man selbstverständlich wieder Räume zur Verfügung stellen, so Burkhard Sticklies, Pressesprecher des VDDI. Der Verband unterstütze sehr gerne das tolle Engagement der Zahnärzteschaft und begleite es. Er hoffe und freue sich auf ein Wiedersehen im September in Köln.

Zahnärztliche Hilfsprojekte in aller Welt

Auf einer interaktiven Weltkarte kann nach Ländern und Projekten der zahnärztlichen Hilfsorganisationen im BZÄK-Netzwerk gesucht werden. Informationen zu diesen rund 70 zahnärztlichen Hilfsorganisationen gibt es auch auf der Internetseite der Bundeszahnärztekammer.

Titelbild: Dr. Karsten Heegewaldt, BZÄK-Vorstandsreferent für Soziale Aufgaben/Hilfsorganisationen
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