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KZBV zum Ausstieg der Ärzte aus dem laufenden Pilot-Projekt – vorläufiger Stopp des weiteren Rollouts richtig

Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV, fordert von der Gematik und dem BMG, ihre Hausaufgaben beim E-Rezept zu machen.

(c) KZBV/Knoff

Die Kassenärzte und Kassenzahnärzte in Westfalen-Lippe unterstützen den Test-Rollout des E-Rezepts angesichts der Probleme bei der digitalen Umsetzung nicht weiter aktiv. Angesichts dieses erneuten Rückschlags für das E-Rezept spricht sich auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) für einen vorläufigen Stopp des weiteren Rollouts aus, bis entsprechende Rahmenbedingungen für eine Fortführung durch Gematik und Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geschaffen wurden.

Zuletzt wurde lediglich die Marke von einer halben Million E-Rezepten überschritten, die vielfach nicht digital, sondern nur per Token-Ausdruck in Apotheken eingelöst werden konnten – ein Medienbruch, der Patienten und Berufsstand kaum vermittelbar ist. Nun hat die Anwendung den nächsten Rückschlag erlitten. „Wir brauchen jetzt ein belastbares und funktionierendes Umsetzungs-Konzept – Gematik und BMG müssen hier liefern!“, sagte Dr. Karl-Georg-Pochhammer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV. „Praxen, die das E-Rezept bereits nutzen, können und sollen das weiterhin tun. Der Rollout muss jedoch grundsätzlich neu justiert werden.“

Kein flächendeckender digitaler Einlöseweg

Nach dem Ausstieg der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe unterstützen derzeit in beiden Pilotregionen die jeweiligen KVen den Rollout des E-Rezepts nicht mehr aktiv. Gestern hatte auch die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe mitgeteilt, den Rollout bis auf Weiteres nicht mehr zu unterstützen. Die von Gematik und Gesellschaftern gesetzten Erfolgskriterien – besonders die Mindestquote von 25 Prozent an E-Rezepten pro Region und Versorgungssektor – sind faktisch nicht mehr erreichbar. Die Ärzte hatten ihren Ausstieg damit begründet, dass in den Testregionen kein flächendeckender digitaler Einlöseweg für das E-Rezept verfügbar ist und Patientinnen und Patienten weiter einen Papierausdruck erhalten müssen.

Schwieriger Zugang zur App

Die ursprüngliche Lösung der Gematik in Form einer App ist momentan für die meisten Patienten nicht nutzbar, da sie entweder die dafür notwendige eGK der neuesten Generation oder die dazugehörige PIN noch nicht haben. Um diese zu bekommen, müssen sich Patienten zunächst mit einem geeigneten und zugelassenen Verfahren identifizieren. Nach dem Verbot des bis Sommer noch möglichen, komfortablen VideoIdent-Verfahren gibt es momentan nur die Möglichkeit einer Vor-Ort-Identifizierung – in der Filiale der zuständigen Kasse oder mittels PostIdent. Auf absehbare Zeit wird diese Lösung nicht für die Masse der Patientinnen und Patienten nutzbar sein.

eGK-Lösung nicht sicher genug

Als mögliche Alternative war vorgesehen, das E-Rezept durch Vorlage der eGK in der Apotheke einzulösen: (Zahn)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte stellen dabei das E-Rezept aus, müssen aber kein Papier bedrucken, das Patienten ausgehändigt wird, die die E-Rezept-App nicht nutzen können oder wollen. Patienten könnten dann in der Apotheke ihre eGK einlesen lassen. Die Apotheke wird so berechtigt, die vorliegenden E-Rezepte vom Fachdienst abzuholen und die verordneten Medikamente abzugeben. Allerdings hat diese von der Gematik spezifizierte Umsetzung eine erhebliche sicherheitstechnische Schwäche, da nicht ausreichend verhindert wird, dass Apotheken Rezepte einsehen und herunterladen können, zu denen keine eGK vorliegt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) hatten dieser „Lösung“ deshalb ihre Zustimmung verweigert. Wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet, habe die Gematik am 3. November 2022 mitgeteilt, dass frühestens im Sommer 2023 eine Lösung vorliegen werde.

KZBV hat frühzeitig in der Gematik auf Probleme hingewiesen

„Die KZBV hatte bereits beim Beschluss dieser Lösung auf die Problematik hingewiesen und eine datenschutz- und sicherheitskonforme Umsetzung gefordert“, erklärte Pochhammer. „Bedauerlicherweise wurde dem nicht entsprochen. Erst nachdem die erwartbaren Stellungnahmen von BfDI und BSI vorlagen, wurden in der Gematik Alternativen zu dem bemängelten Szenario in Erwägung gezogen. Dadurch ging unnötig Zeit verloren, sodass die Gematik nun erst mit einer Umsetzung Mitte 2023 rechnet.“

Gematik muss jetzt ihre Hausaufgaben machen

„Uns Zahnärzten reicht es langsam! Dieses Hin und Her muss endlich aufhören. Die Gematik muss jetzt erstmal ihre ‚Hausaufgaben‘ machen, die geforderten digitalen Einlösewege sicher und datenschutzkonform umsetzen, bevor der bundesweite Rollout fortgesetzt werden kann“, so Pochhammer. Das BMG solle dies als Chance begreifen, die lange geforderte Informationskampagne für das E-Rezept vorzubereiten, die trotz Start des Rollouts im September noch nicht angelaufen ist.

Patienteninformationen für die Praxen liefern

„Bislang wurden nicht einmal die Praxen mit angekündigten Patienteninformationen versorgt. Bei einem solch komplexen Verfahren müssen Patienten aber rechtzeitig mitgenommen werden. Das können die Praxen nicht auch noch leisten.“ Die KZBV werde weiterhin KZVen und Praxen unterstützen, die sich freiwillig mit dem E-Rezept beschäftigen und dies bereits umsetzen wollen, betonte Pochhammer. Die Informationen und ein Erklärfilm zum E-Rezept für die Zahnarztpraxen können hier abgerufen werden.

Gesundheitskarte wird als patientenfreundlicher Weg gebraucht

Kritik kommt auch von den Apothekern: „Deutschlands Apotheken bekennen sich zur schnellstmöglichen Einführung des E-Rezepts in ganz Deutschland und setzen deshalb ihre Bemühungen in den beiden Testregionen Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe mit aller Kraft fort. Sie fordern alle Beteiligten im Gesundheitswesen auf, daran mitzuarbeiten, dass die elektronische Gesundheitskarte (eGK) möglichst schnell als einfacher und patientenfreundlicher Weg zum Einlösen von E-Rezepten in Apotheken genutzt werden kann“, heißt es in der Meldung der Apotheker.

„Die Apotheken sind bundesweit bereit für das E-Rezept, nachdem sie sich in den vergangenen Jahren mit großem technischen, organisatorischen und personellen Aufwand darauf vorbereitet haben“, sagt Anke Rüdinger, Vorstandsmitglied im Deutschen Apothekerverband (DAV): „Als Gesellschafter der Gematik setzen wir uns seit langem dafür ein, dass das E-Rezept auch verlässlich und patientenfreundlich im Versorgungsalltag ankommt. Die elektronische Gesundheitskarte, die alle gesetzlichen Versicherten schon haben, muss deshalb dringend als zusätzlicher Weg etabliert werden, um ein E-Rezept sicher und komfortabel in der Apotheke einzulösen. Natürlich ist Datenschutz dabei wichtig. Aber wer hier Bedenken hat, sollte auch konstruktive Vorschläge machen, wie man diese ausräumen kann. Sonst kommt die Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht voran!“

Keine Missbrauchsgefahr in Apotheken

Auf die von Medien berichteten Befürchtungen des Bundesdatenschutzbeauftragten, dass es bei der geplanten Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zum Einlösen von E-Rezepten in Apotheken zu einem Datenmissbrauch kommen könne, reagiert der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit Unverständnis. Die Gematik und ihre Gesellschafter arbeiten längst an Lösungen, damit Kriminelle nicht gestohlene oder verlorene Gesundheitskarten zum Einlösen von E-Rezepten der berechtigten Patienten missbrauchen können. Dass Apothekerinnen und Apotheker die einmal abgerufenen Daten einer Gesundheitskarte für spätere E-Rezepte speichern und damit die freie Apothekenwahl der Patienten verhindern, verbietet sich zudem durch das besondere Vertrauensverhältnis sowie strikte rechtliche Vorgaben. „Wir brauchen die Gesundheitskarte, damit Millionen Menschen endlich die Vorteile des E-Rezeptes nutzen können. Die Politik ist gefordert, hier Klarheit zu schaffen“, sagt Rüdinger.

Reference: Telematikinfrastruktur Praxisführung Politik

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