Die elektronische Patientenakte soll in den kommenden Wochen nach und nach außerhalb der Testregionen „hochgefahren“ werden und eine weitere Testung anlaufen. Für die Ärztinnen und Ärzte soll die Nutzung der ePA zunächst freiwillig sein. Das kündigte der noch geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach am 8. April 2025 in Berlin auf dem DMEA-Kongress an.
Zuvor hatten unter anderem die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Zahnärzteschaft in Westfalen-Lippe und die Anbieter von Praxisverwaltungssystemen gefordert, den bundesweiten Rollout der „ePA für alle“ zu verschieben, bis alle technischen und Sicherheitsprobleme gelöst sind. Lauterbach hatte nun in Berlin laut Ärztenachrichtendienst (änd) erklärt: „Sicherheit geht immer vor. Keine ePA, wenn wir Sicherheitsprobleme haben.“ Die nächste Stufe soll nach seinen Worten immer erst eingeführt werden, wenn die Stufe davor gründlich getestet sei. Lauterbach sagte außerdem: „Niemand soll bestraft werden, auch Ärztinnen und Ärzte nicht, wenn etwas nicht funktioniert, was er selbst nicht zu verantworten hat.“
AOK-Bundesvorsitzende nennt Lauterbach „ambitionslos“
Während bei den Ärzten und Zahnärzten die Ankündigung des Ministers positiv aufgegriffen wird, kritisiert die Vorstandsvorsitzende des AOK Bundesverbands, Dr. Carola Reimann, Lauterbach als „ambitionslos“. Die Kassen hätten alle Vorbereitungen „in einem Kraftakt“ getroffen und Zeitpläne eingehalten: „Umso enttäuschender ist es, dass der Minister jetzt keinen konkreten Starttermin für den bundesweiten Rollout der ePA nennt, sondern nur noch von einer Hochlaufphase außerhalb der Modellregionen in wenigen Wochen spricht. Das ist ambitionslos und steht im Widerspruch zu der „Aufholjagd“ bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens, die der Minister immer wieder versprochen hat. Auch die angekündigte Freiwilligkeit der Nutzung und Befüllung durch die Ärztinnen und Ärzte sehen wir kritisch. Die bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass wir verbindliche Fristen und Vorgaben brauchen, um bei der konkreten ePA-Einführung endlich voranzukommen. Das gilt insbesondere für die Umsetzung der ePA-Anbindung in den Praxisverwaltungs-Systemen der verschiedenen Hersteller. Hier hakt es offenbar noch immer, daher muss hier dringend nachgearbeitet werden. Bei der Lösung der Probleme müssen die Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten, damit möglichst schnell alle GKV-Versicherten von den Vorteilen der sicheren elektronischen Patientenakte profitieren können“, so Reimann.
KBV: „folgerichtig und konsequent“
Dr. Sibylle Steiner, für Digitalisierung zuständiges Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), begrüßte Lauterbachs Entscheidung: „Eine schrittweise und zunächst freiwillige Einführung der ePA, wie vom geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister angekündigt, ist folgerichtig und konsequent. Es ist gut, dass sowohl die Erfahrungen aus den Testpraxen als auch unsere Hinweise aufgenommen beziehungsweise gehört wurden. Positiv werte ich die Aussage des Ministers, dass auch künftig niemand sanktioniert werden soll, der unverschuldet die ePA nicht einsetzen kann.“
Reinhardt: erst nach Bestätigung durch BSI ausweiten
Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt zeigte sich erleichtert, dass der Rollout sukzessive erfolgen soll: „Die Erfahrungen der ersten Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) im Zuge der Erprobung in den drei Modellregionen haben zahlreiche technische Verbesserungsnotwendigkeiten offengelegt, sodass eine bundesweite verbindliche Einführung derzeit unvertretbar wäre. Es ist deshalb folgerichtig, die Erprobung in den Modellregionen weiterzuführen, bis die zu Tage getretenen Probleme behoben sind, wie es der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister heute angekündigt hat. Auch eine Ausweitung der Erprobung unterstützen wir, um weiteren Ärztinnen und Ärzten sowie den Anbietern von Primärsystemen Erfahrungen mit der ePA zu ermöglichen. Wir plädieren aber dafür, den Einsatz der elektronischen Patientenakte auf freiwilliger Basis erst nach einer Bestätigung der Sicherheitsanforderungen durch das BSI schrittweise über die Modellregionen hinaus zu verbreitern.“
Gematik muss Phase eng begleiten
Diese Phase müsse zudem von der Gematik weiter eng begleitet werden, um direkte Rückmeldungen aus der Praxis aufnehmen und die ePA und deren nutzerfreundliche Umsetzung in den Primärsystemen kontinuierliche optimieren zu können, so Reinhardt, denn nur so lasse sich das gemeinsame Ziel erreichen, die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland zielgerichtet und erfolgreich voranzubringen.