E-Scooter sind sehr nützlich für Kurzstrecken und machen Spaß – aber sie sorgen seit ihrem Boom für viele Diskussionen, unter anderem weil ihre Nutzung nicht ganz ungefährlich ist. So ist die Zahl der Unfälle mit Personenschaden durch E-Scooter laut Statistischem Bundesamt (Destatis) von 2021 bis 2022 um 49 Prozent angestiegen, nämlich von 5.535 Unfällen in 2021 auf 8.260 in 2022.
Um Unfällen vorzubeugen, hat die Stadt Gelsenkirchen Leih-E-Scooter vor kurzem sogar verboten. Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) spricht sich für einen sehr vorsichtigen Umgang mit E-Scootern aus. Im Falle von schweren Gesichtsverletzungen empfehlen die Experten Operationen, die im Vorfeld manchmal sogar virtuell mit Hilfe von Computer- oder Volumentomografie und 3-D-Druckern für den einzelnen Patienten individuell geplant werden sollten.
8.260 Unfälle mit Personenschaden
Der Anteil an schweren Unfällen durch E-Scooter war 2022 hierzulande groß: Von den insgesamt 8.260 verunglückten Personen, erlitten 1.234 schlimme Verletzungen. Die meisten Verunglückten (mehr als 80 Prozent) waren selbst mit dem E-Scooter unterwegs. „Häufig ist bei schlimmen Unfällen auch das Gesicht betroffen“, erklärt Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Max Heiland, Ärztlicher Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Charité in Berlin und DGMKG-Vorstandsmitglied.
Brüche im Bereich des Kiefers und der Augenhöhle
Im Krankenhaus wird ein Schwerverletzter erst einmal stabilisiert, das heißt Atmung und Herzkreislaufsystem werden gesichert und Blutungen gestillt. Die bei Unfällen mit E-Scootern häufig auftretenden Brüche im Gesicht – zum Beispiel im Bereich des Kiefers oder der Augenhöhlen – werden heute nicht mehr wochenlang ruhiggestellt, sondern zeitnah nach dem Unfall operiert. An der Charité werden ausgedehnte Knochenbrüche mit einer virtuellen Operationsplanung („Virtual Surgical Planning“, VSP) versorgt, so DGMKG-Experte Max Heiland. So können die Fachärztinnen und Fachärzte vor der Operation das Vorgehen detailliert planen und dabei die beste Technik für jede einzelne Verletzung einplanen.
Hier kommen etwa Computer- oder Volumentomographie sowie 3-D-Drucker zum Einsatz. „Mit intraoperativer Navigation, 3-D-gedruckten Schablonen oder sogar Patienten-spezifischen Implantaten stehen uns verschiedene Techniken zur Verfügung, um eine virtuelle Planung dann während der Operation umzusetzen“, so Heiland.
Patientinnen und Patienten profitieren von modernem Vorgehen
Auch die heute verwendeten Materialen haben entscheidende Vorteile: resorbierbare Membranen, vorgebogene Titangitter oder Patienten-spezifisch 3-D-gedruckte Implantate, die nach ihrem Einsatz oft nicht mehr entfernt werden müssen. „Wir versuchen auf jeden Fall, Folgeoperationen oder spätere Korrekturen zu vermeiden“, betont der DGMKG-Experte. Weil die OPs so kürzer sind und trotzdem bessere Ergebnisse liefern, profitieren die Patientinnen und Patienten von diesem modernen Vorgehen.
Ob bei schwereren oder leichteren Gesichtsverletzungen, MKG-Experten sorgen stets nicht nur für eine funktionelle, sondern auch für eine ästhetische Wiederherstellung des Gesichts. „Wir versuchen, Schnitte im Gesicht und damit auch bleibende Narben zu vermeiden, indem wir möglichst vom Mund aus oder über bestehende Platzwunden operieren“, sagt Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, Pressesprecher der DGMKG. Damit es gar nicht erst zu den Unfällen kommt, rät die DGMKG zu einem vorsichtigen Umgang mit E-Scootern: „Wer nicht auf das Fahren verzichten will, sollte unbedingt einen Helm tragen – auch wenn dazu keine offizielle Pflicht besteht“, betont Heiland. „Zudem sollte nie unter Alkoholeinfluss ein E-Scooter betätigt werden – hier gelten die gleichen Grenzwerte wie für Autofahrer.“