In immer mehr kieferorthopädischen Praxen, aber auch in Zahnarztpraxen werden moderne Aligner-Systeme zur Korrektur von Zahnfehlstellungen verwendet. Von den Patientinnen und Patienten werden diese „unsichtbaren“ Korrekturschienen auch gerne nachgefragt. Die korrekte Berechnung der Aligner-Behandlung nach der privaten Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ, Aligner-Behandlungen sind keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung) in all ihren Facetten und Möglichkeiten ist jedoch, da es sich um eine noch recht neue Behandlungsmethode handelt, nicht selbsterklärend. Das Thema soll daher hier noch einmal erläutet werden. Diesmal im Fokus: Aligner-Attachments
Schritt 1: Planung von Aligner-Attachments
Um eine noch präzisere und effizientere Zahnbewegung zu erreichen, werden im Rahmen einer Aligner-Therapie häufig zusätzliche Attachments verwendet. Im Zusammenhang mit der Planung von Attachments werden zunächst die Phasen der Zahnkorrektur mithilfe eines ClinCheck simuliert. Diese Simulation des gewünschten Behandlungsergebnisses kann gemäß GOZ Paragraf 6 Absatz 1 analog berechnet werden. Anschließend werden die zur Kraftsteuerung dienenden Attachments im virtuellen Verfahren auf die Zähne eines virtuellen Modells adaptiert (Abb. 1).
Schritt 2: Herstellung einer Übertragungsschablone (Attachment-Template)
Nachdem aus den digitalen Modellen physische (zum Beispiel gedruckte) Modelle hergestellt wurden, erfolgt im Labor die Anfertigung einer Übertragungsschablone (Abb. 2), mit deren Hilfe die Attachments exakt auf die natürlichen Zähne im Mund des Patienten positioniert und adhäsiv befestigt werden können.
Weiterer Behandlungsablauf:
- Gründliche Zahnreinigung
- Vorbereiten der Zähne für die adhäsive Befestigung der Attachments
- Auffüllen der Attachment-Negativ-Formen in der Übertragungsschablone mit Komposit
- Aufsetzen und Andrücken auf die Zahnreihe
- Aushärten des Komposits mit einer Polymerisations-Lampe
- Entfernen der Übertragungsschablone und Entfernung der Klebereste
Missverständnisse bei der Berechnung aufklären
Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel sind nach der GOZ-Nr. 6100 berechnungsfähig (Abb. 3). Dagegen ist die selbstständige zahnärztliche Leistung „Anbringen von Attachments“ in der GOZ beziehungsweise GOÄ nicht beschrieben und kann gemäß Paragraf 6 Abs. 1 GOZ unter Beachtung bestimmter Kriterien analog berechnet werden (Abb. 4). Welche nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung aus der GOZ als Analog-Leistung herangezogen wird, liegt im Ermessen des Zahnarztes. Auch der Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur GOZ-Nr. 6100 bestätigt die analoge Berechnung von Attachments.
Die Entfernung von Attachments ist ebenfalls gemäß Paragraf 6 Absatz 1 GOZ analog zu berechnen, da in der GOZ nur die Entfernung eines Klebebrackets nach der GOZ-Nr. 6110 beschrieben ist.
Adhäsive Befestigung von Attachments
Dass die Leistung nach der GOZ-Nr. 2197 (Adhäsive Befestigung) neben der Analogleistung „Anbringen von Attachments“ berechnungsfähig ist, wurde unter anderem vom Landgericht Stuttgart (Az.: 4 S 153/22) am 15. Februar 2023 bestätigt.
Leider kommt es häufiger zu Erstattungsproblemen, weil die Privatversicherungen die Inhalte des Urteils vom Bundesverwaltungsgericht (Az.: 5 C 11.19 vom 5. März 2021) fälschlicherweise auf die adhäsive Befestigung von Attachments im Rahmen einer Aligner-Therapie übertragen. Dabei hat das Gericht nur entschieden, dass die adhäsive Befestigung nach der GOZ-Nr. 2197 nicht neben der GOZ-Nr. 6100 (Klebebracket) berechnungsfähig sei. Die adhäsive Befestigung nach der GOZ-Nr. 2197 von Attachments wurde in dem Urteil überhaupt nicht thematisiert.
Die wichtigsten Leistungen bei Verwendung von Aligner-Attachments:
GOZ-Nr. | Leistungsbeschreibung | Euro |
1040 | Professionelle Zahnreinigung | xy |
§ 6 (1) | Zahnärztliche Leistungen (z. B. Abformungen) im Zusammenhang mit der Herstellung und Anwendung einer Übertragungsschablone (Attachment-Template) | xy |
2197 | Adhäsive Befestigung | xy |
§ 6 (1) | Anbringen von Attachments im Rahmen einer kieferorthopädischen Aligner-Therapie | xy |
§ 6 (1) | Entfernung von Attachments im Rahmen einer kieferorthopädischen Aligner-Therapie | xy |
Weitere Begleitleistungen, Untersuchungen, Beratungen, besondere Abformungen etc. sind ebenfalls berechnungsfähig.
Freuen Sie sich auf die Fortsetzung (Teil 2) zur richtigen Berechnung der Aligner-Therapie im Juni 2024.
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Sylvia Wuttig, DAISY Akademie + Verlag GmbH
Abbildungen:
Abb. 1 aus „Funktionelle und parodontale Behandlung mittels kieferorthopädischer Schienentherapie", Quintessenz Zahnmedizin 1/21
Abb. 2 aus „Alignertherapie mit Zweiphasenkonzept“, Quintessenz Zahntechnik 10/20
Abb. 3 aus „Individualisierte Multibracketapparatur“
Abb. 4 aus „Möglichkeiten und Grenzen der Alignertherapie“, Quintessenz Zahnmedizin 6/20
Die DAISY-Abrechnungstipps erscheinen seit März 2024 monatlich auf Quintessence News und im Quintessenz-Team-Newsletter „Für Team & Praxis“.
- Abrechnungstipp März 2024: Tamponieren ohne vorherige chirurgische Intervention
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Sylvia Wuttig, B.A., Bachelor of Arts (Management von Gesundheitseinrichtungen), schreibt als Gründerin, Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der Daisy Akademie + Verlag GmbH seit 1976 Erfolgsgeschichte.
Dentale-Abrechnungs-Informations-Systeme (DAISY) haben Sylvia Wuttig bundesweites Renommee gebracht. Mehr als 100.000 Zahnärzte und Praxismitarbeiter wurden von ihr im Laufe von mehr als 45 Jahren in allen Bereichen der Abrechnung geschult.
Beratende Tätigkeiten, Vorträge und Seminare unter anderem für Zahnärztekammern, Kassenzahnärztliche Vereinigungen, Initiative unabhängige Zahnmedizin (IUZ), Schulen, Rechenzentren, Krankenkassen, Industrieunternehmen, zahntechnische Labors und Software-Firmen gehören ebenfalls zu ihren Aktivitäten.
Seit mehr als 20 Jahren ist sie aktives Mitglied der Prüfungskommission der Landeszahnärztekammer Sachsen für die Prüfung zur/zum Zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin/Verwaltungsassistenten (ZMV).
Im Rahmen eines offiziellen Lehrauftrags an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat sie mehr als zehn Jahre alle Studierenden der Zahnheilkunde im Bereich „Honorierungssysteme“ unterrichtet.
An der Europäischen Fachhochschule (vormals PraxisHochschule) in Köln ist sie seit 2013 als Dozentin und später als Gutachterin für Bachelor-Arbeiten tätig. Sie unterrichtet unter anderem Studierende (Bachelor of Science) im Bereich „Zahnärztliches Abrechnungsmanagement“. Für Quintessence News bereiten sie und ihr Team seit März 2024 exklusiv jeden Monat einen exklusiven Abrechnungstipp auf.