Die „Soft Drinks Industry Levy“, die die Hersteller von Süßgetränken in Großbritannien zu einer Reduktion des Zuckergehalts motivieren soll, hat sich günstig auf die orale Gesundheit der Kinder ausgewirkt. Laut einer Studie in BMJ Nutrition Prevention & Health (2023; DOI: 10.1136/bmjnph-2023-000714 ) ist die Zahl der Zahnextraktionen bei Kindern in den ersten fünf Lebensjahren um mehr als ein Viertel gesunken, berichtet das Ärzteblatt online vom 17. November.
Karies ist für 90 Prozent aller Zahnextraktionen im Kindesalter verantwortlich. Die wichtigste Ursache ist der Konsum von freiem Zucker, der vor allem in Süßgetränken enthalten ist. Regelmäßiges Zähneputzen und auch die Fluoridierung von Trinkwasser könnten einen Zahnverlust verhindern, jedoch fällt es vielen Eltern (vor allem in ärmeren Regionen) schwer, die Mundhygiene ihrer Kinder einzuhalten und zu begleiten. Zur Fluoridierung des Trinkwassers konnten sich bisher nur wenige Länder entschließen. In Deutschland wird Trinkwasser nicht fluoridiert, in Großbritannien wurde die Maßnahme 2021 beschlossen.
Zuckersteuer in Großbritannien seit 2018 in Kraft
Bereits im April 2016 verkündete die Regierung in Westminster die „Soft Drinks Industry Levy“. Die Abgabe auf zuckerhaltige Getränke trat zwar erst 2018 in Kraft. Doch viele Hersteller von Erfrischungsgetränken änderten schon vorher ihr Sortiment, um die Abgabe von 0,24 Pence pro Liter bei einem Zuckergehalt von mehr als 8 g/100 ml und von 0,18 Pence pro Liter bei einem Zuckergehalt von 5 bis 8 g/100 ml zu vermeiden. Das Gesetz führte dazu, dass Kinder in England heute in der Regel Süßgetränke mit etwa 3,8 g Zucker/100 ml trinken. In Deutschland lag der Zuckergehalt von Softgetränken 2021 laut Adipositas Gesellschaft 2021 bei etwa 5,2 g Zucker/100 ml. Die freiwillige Zuckerreduktion der Branche hierzulande führte zu einer Verringerung um 2 Prozent des Zuckergehalts in den vergangenen 6 Jahren.
Auswirkungen auf Karies größer als auf Gewicht
Doch zurück zu Großbritannien: Eine frühere Studie hatte bereits gezeigt, dass die Zahl der Mädchen, die im Alter von 10 bis 11 Jahren adipös sind, um 8 Prozent gesunken ist. Noch deutlicher scheinen die Auswirkungen auf die Karies zu sein, wie Nina Rogers von der Epidemiology Unit des Medical Research Council in Cambridge und Mitarbeiter nun in einer Analyse der Krankenhausstatistiken des National Health Service zeigen: In den Jahren 2014 bis März 2016 mussten bei 21,5 von 100.000 Kindern bereits in den ersten fünf Lebensjahren Zähne in der Klinik gezogen werden, was in der Regel auf eine Karies zurückzuführen ist. Im Zeitraum von April 2015 bis Februar 2020 wurden in dieser Altersgruppe nur noch bei 18,3 von 100.000 Kindern Zahnextraktionen in der Klinik durchgeführt.
Ähnliche Effekte in Mexiko
Rogers ermittelt einen Rückgang um 28,6 Prozent, der mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 21,5 bis 35,6 Prozent signifikant war. In der Altersgruppe von fünf bis neun Jahren gingen die Zahnextraktionen in der Klinik von 66,2 auf 60,7 pro 100.000 Kinder zurück. Auch hier war die Reduktion um 5,5 Prozent signifikant. Bei den älteren Kindern (bis 18 Jahre) waren die Auswirkungen (noch?) nicht eindeutig, auch wenn hier ein Trend zu weniger Zahnextraktionen erkennbar war.
Über alle Altersgruppen hinweg betrug der Rückgang 12,1 Prozent. Hochgerechnet auf alle 12,7 Millionen Kinder im Alter von 0 bis 18 Jahren könnte das Gesetz in England pro Jahr im Durchschnitt 5.638 Kinder vor einer Zahnextraktion in der Klinik bewahrt haben.
Ähnliche Erfahrungen wurden auch aus Mexiko gemeldet. Dort war 2014 eine Sondersteuer auf zuckerhaltige Süßgetränke eingeführt worden. Eine Studie in Caries Research (2021; DOI: 10.1159/000515223) dokumentierte in den Folgejahren einen Rückgang der Kariesbehandlungen bei den Zahnärzten des Landes.