Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose können auch mögliche Auslöser für Schlaf-Bruxismus sein. Der Fallbericht schildert einen erfolgreichen individuellen Therapieversuch mit einem Bruxismus-Management-System (Butler GrindCare).
Schlaf-Bruxismus ist weit verbreitet und kann verschiedene Ursachen haben. Als häufigster Grund gilt Stress, aber auch Zahn- und Kieferfehlstellungen sowie fehlerhafter Zahnersatz oder Implantate können zu unbewusstem Zähneknirschen führen. Neurologische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose gelten ebenfalls als mögliche Auslöser. Der folgende Fallbericht aus der Zahnarztpraxis der Drs. Heinen in Aachen beschreibt, was ein sogenanntes intelligentes Bruxismus-Management-System (BUTLER GrindCare) bei dieser Erkrankung leisten kann.
Anamnese: Die Patientin Anna J., 57 Jahre, wird in unserer Praxis seit vielen Jahren zahnärztlich betreut. Die Patientin erkrankte bereits im Alter von 22 Jahren an Multipler Sklerose, seit mehr als 30 Jahren sitzt sie im Rollstuhl. Zu Beginn der schubweise verlaufenden Erkrankung waren noch kurzzeitig Verbesserungen festzustellen, seit etwa 20 Jahren ist der Krankheitsverlauf progredient.
Sie zeigt eine ausgeprägte Spastik an den oberen wie unteren Extremitäten sowie im Bereich des Nackens und des Kiefers. Stress und Anspannung verschlimmern diese Symptomatik. Bei Krankheitsschüben, die vor allem den Kopfbereich betreffen, treten zusätzlich Sprach- und Sehstörungen sowie Kopfschmerz und Schwindel auf. Eine Schädigung des N. trigeminus, die durch extremes Zusammenpressen der Zähne entstanden war, hatte sich trotz der Extraktion der auf dem Nerv liegenden Zähne nicht wieder regeneriert.
Die anfangs überwiegend rechtsseitigen Schmerzen und Taubheitsgefühle, die vom Kiefer bis zum Auge und Ohr ausstrahlen (rechts kann die Patienten nicht mehr kauen), treten nun zunehmend auch linksseitig auf. Die Patientin wünscht sich vor allem eine Lockerung der Muskulatur im Gesichtsbereich, um die Zahnschmerzen zu lindern und ohne ständige Krämpfe wieder zu einem besseren Schlaf zu finden.
Untersuchungsbefund, Diagnose(n): Multiples Muskelversagen und craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) aufgrund Multipler Sklerose. Weitere Diagnosen: Colitis ulcerosa, Nierensteine, Osteoporose, zeitweiser Bluthochdruck sowie stressbedingte funktionelle Herz-Kreislauf-Beschwerden (Herzrasen, Palpitationen etc.).
Therapie und Verlauf: Da die Aufbiss-Schiene, die die Patientin seit geraumer Zeit nachts trägt, zu keiner Besserung führt, empfehlen wir einen Versuch mit dem Biofeedback-Gerät Butler GrindCare (Sunstar Butler, zur Funktionsweise und Literatur siehe Kasten) plus zusätzliche Entspannungsübungen im Bereich der Kiefergelenke und Nackenstrecker. Die Patientin wird zur Beurteilung des Behandlungserfolgs 14-tägig einbestellt.
Schon nach wenigen Wochen berichtet Frau J., dass ihre Schmerzen an den Zähnen und im Gesicht deutlich besser geworden sind und sie dadurch nun endlich wieder besser schlafen kann. Ihr verbesserter Allgemeinzustand und die sichtbar deutlich entspanntere Gesichtsmuskulatur bestätigen den Behandlungserfolg. Die Patientin äußert uns gegenüber, dass sie dieses Gerät „nicht mehr hergeben möchte“. Unserer Einschätzung nach ist eine Dauernutzung bei ihr sehr wahrscheinlich.
Fazit: Die Therapie der CMD beruht auf multiplen Ansätzen. Eine Aufbiss-Schiene bringt nicht immer den erwarteten Erfolg. Bei spastischen Krämpfen, die regelhaft bei einer Multiplen Sklerose auftreten, ist die Muskelstimulation eine Methode der Wahl. Das hier eingesetzte Gerät Butler GrindCare trägt gut dazu bei, Zahn-, Muskel- und Nervenschmerzen zu verringern und damit den Schlaf und in der Folge Allgemeinzustand und Lebensqualität zu verbessern. Auch Patienten mit starkem Würgereiz profitieren von dieser Therapiemethode. Wir können somit für das Gerät bei diesen Krankheitsbildern unsere uneingeschränkte Empfehlung aussprechen.
Die Patientin selbst äußerte sich zum Behandlungserfolg wie folgt: „Ich habe das Gerät so wie empfohlen angewandt und zu meiner Freude festgestellt, dass sich schon nach wenigen Tagen sowohl die Schmerzen als auch die dadurch bedingten Schlafstörungen wesentlich verbessert haben. Ich kann nun endlich wieder einige Stunden ohne Unterbrechung durchschlafen und die Schmerzen sind aushaltbar geworden. Als ich probehalber das Gerät eine Nacht nicht benutzt habe, sind die Schlafstörungen sofort wieder aufgetreten. Mein behandelnder Arzt und vor allem ich selbst sind über das Ergebnis überaus erfreut.“
Dr. med. dent. Heike Heinen, Dr. med. dent. Axel Heinen, Aachen
Das Gerät
So funktioniert Butler GrindCare: Das kleine kabellose Gerät wird nachts auf der Schläfe platziert. Mittels bedingter elektrischer Stimulation (CES), die individuell angepasst werden kann, wird für ein kurzes Zeitintervall die Aktivität der Kaumuskulatur und damit die Knirsch- und Pressaktivität unterbrochen. Während der Anwendung registriert der kabellose Sensor kontinuierlich die elektromyographischen Signale, die durch die Muskelkontraktion entstehen. Wenn dieses Signal einen zuvor festgelegten Schwellenwert übersteigt, wird ein CES ausgelöst. Diese Impulse führen in kurzer Zeit zur Konditionierung der natürlichen Reflexe.
Mithilfe einer optionalen App lässt sich der Therapiefortschritt im Zeitverlauf übersichtlich darstellen. Erste Studien zeigten, dass Schlaf-Bruxismus durch das Gerät innerhalb weniger Wochen um mehr als 50 % verringert werden kann [1-3], dass auch begleitende Spannungskopf- und orofasziale Schmerzen signifikant verbessert werden [4,5] und die Schlafqualität durch die Anwendung nicht leidet [6]. Weitere Informationen unter www.grindcare.com.
Literatur
[1] Jadidi et al., Acta Odontologica Scandinavica 2013; 71: 1050–1062
[2] Bernhardt et al., Journal of Craniomandibular Function 2012; 4(3): 197-210
[3] Jadidi et al., Journal of Oral Rehabilitation, 2008; 35: 171-183
[4] Needham et al., British Dental Journal 2013; 215 E1
[5] Raphael et al., Journal of Orofacial Pain, 2013; 27: 21-31
[6] Jadidi et al., Eur J Oral Science, 2011; 119: 211-218