Was steckt hinter der neuen, noch nicht veröffentlichten Klassifikation der parodontalen und periimplantären Erkrankungen? Die Antwort auf die Frage „Alles Klasse, oder was?“ zog Anfang Februar nahezu 400 Teilnehmer zur Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie, kurz DG Paro. Die Mischung aus aktuellen Forschungsergebnissen und Umsetzung im Praxisalltag war nicht zuletzt durch die Auswahl der Referenten sehr gelungen, sodass jeder Teilnehmer für sich etwas Entscheidendes extrahieren konnte und mit Spannung die neue Klassifikation erwarten kann.
Internationales Referententeam
Unter den Referenten der diesjährigen Frühjahrtagung waren Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen (Bonn) als einer der Initiatoren und Arbeitsgruppenleiter des World-Workshops zur neuen Klassifikation, Prof. Dr. Iain Chapple (Birmingham) als Arbeitsgruppenleiter sowie PD Dr. Jan Derks (Göteborg), Prof. Dr. Peter Eickholz (Frankfurt), Priv.-Doz. Dr. Moritz Kebschull (Bonn), Prof. Dr. Thomas Dietrich (Birmingham) und der Tagungspräsident Prof. Dr. Henrik Dommisch (Berlin), welche sich in den Arbeitsgruppen des World-Workshop on Periodontal and Peri-Implant Disease Classification im Herbst 2017 in Chicago maßgeblich engagierten. Sie stellten sich den neugierigen Fragen des Publikums und konnten erste Einblicke in die noch unveröffentlichten Inhalte geben. Der Hörsaal des Langenbeck-Virchow-Hauses der Universitätsmedizin Charité bot dazu die besondere wissenschaftlich-historische Atmosphäre.
Immer im Wechsel zum theoretischen Hintergrund gaben Prof. Dr. Michael Christgau (Düsseldorf), Priv.-Doz. Dr. Karin Jepsen (Bonn), Prof. Dr. Andrea Schmidt-Westhausen (Berlin), Dr. Christina Tietmann (Aachen), Dr. Frank Bröseler (Aachen) und Priv.-Doz. Dr. Amelie Bäumer-König (Bielefeld) Einblicke in ihre Praxiskonzepte.
Eindrückliche Worte zur Bedeutung der Klassifikation, eingebettet in eine kurze historische Abhandlung, fand als erster Redner Iain Chapple. Er kommentierte die aktuelle Einteilung kritisch und erklärte die Schwierigkeiten, mit denen die Arbeitsgruppen konfrontiert waren.
Bei Periimplantitis nicht abwarten
In der neuen Klassifikation werden nun zum ersten Mal die periimplantären Erkrankungen mit aufgenommen. Jan Derks gab einen umfassenden Überblick über epidemiologische Daten und Risikofaktoren der Periimplantitis. Da die Entzündung am Implantat schneller voran schreitet, werben Derks und sein Nachredner Michael Christgau für eine frühzeitige Therapie und damit weniger Abwarten.
Søren Jepsen gab einen exzellenten evidenzbasierten Einblick in den Diskussionsdschungel zum Themenkomplex der Rezessionen und stellte aktuelle Einteilungen dem Publikum vor. Anschließend ergänzte die frisch habilitierte Karin Jepsen das Thema mit ihrem klinischen Fachwissen und anschaulichen praktischen Fällen.
Peter Eickholz definierte konkret parodontale Gesundheit im intakten sowie reduzierten Parodont und komplettierte die Liste der nicht-plaque-assoziierten gingivalen Erkrankungen. Der anschließende fachübergreifende Beitrag von Andrea Schmidt-Westhausen zum Thema Bürstenzytologie ergänzte das Thema für den Praktiker.
Team-Approach
Ins Detail ging Thomas Dietrich, als er von dem zukünftigen Staging und Grading der Parodontitis sprach. Die abschließenden Beiträge von Frank Bröseler, Christina Tietmann und Amelie Bäumer-König wurde ein interdisziplinärer Team-Approach zusammen mit der Kieferorthopädie präsentiert und dem Praktiker die Angst vor der Therapie der (noch) aggressiven Parodontitis genommen.
Der Tagungspräsident Henrik Dommisch führte an beiden Fortbildungstagen durchs Programm und wurde unterstützt von Prof. Dr. Christof Dörfer (Kiel), Dr. Katrin Nickles (Frankfurt) und Dr. Inga Harks (Münster). In den Pausen und am Freitagabend beim Get together war Zeit für kollegialen Austausch und Gespräche.
Auch wenn die Arbeit an der neuen Klassifikation noch nicht vollständig abgeschlossen ist, konnte die Tagung allen Teilnehmern bereits einen umfangreichen Einblick in die Diskussion und damit auch einen Ausblick hinsichtlich der voraussichtlichen Änderungen geben.