Auf kaum einen anderen Sektor drückt die Bürokratielast so stark wie auf die Gesundheitswirtschaft. Vorschläge für Verbesserungen hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) Mitte Mai in einem Impulspapier zusammengefasst.
Betroffen von der Bürokratielast ist die gesamte Wertschöpfungskette – von der Entwicklung, über die Zulassung und Produktion bis hin zur Abgabe, Leistungserbringung und Kostenabrechnung. Komplizierte Verfahren binden sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen, die dann nicht mehr für das Kerngeschäft zur Verfügung stehen. „Es muss uns gelingen, die Bürokratie auf das wirklich Notwendige zu reduzieren – gerade auch angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels“, gibt Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zu bedenken. „Wir sehen jedoch das Gegenteil – zusätzliche Vorgaben wie zuletzt die neue EU-Medizinprodukteverordnung.“ Das Bundesgesundheitsministerium hat für dieses Jahr wichtige Reformen insbesondere durch das Bürokratieentlastungsgesetz angekündigt. Die DIHK hat deshalb nun ein Impulspapier veröffentlicht, in dem sie Wege aus dem Bürokratiedschungel in der Gesundheitswirtschaft aufzeigt.
Forschungsstandort attraktiver machen
Potenziale lassen sich in nahezu allen Bereichen heben: Etwa im Bereich der Forschung und Digitalisierung. Das zeigt zum Beispiel BioNTech mit dem Aufbau eines Krebsforschungszentrums in Großbritannien: Lange und bürokratische Verfahren machen den Forschungsstandort Deutschland nicht nur für kleine und mittlere Unternehmen unattraktiv. Aktuell werden viele Forschungsvorhaben nur verzögert oder auch gar nicht durchgeführt, was zu weniger Innovationen in Deutschland führt.
Gesundheitsdaten besser nutzen
Zur Beschleunigung muss auch die Digitalisierung in der Gesundheitsforschung beitragen, sie kann die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung insgesamt verbessern. So könnten Unternehmen personalisierte Therapien entwickeln und Bestandsprodukte verbessern, wenn sie Versorgungsdaten in Deutschland systematisch nutzen könnten. Es wären dann auch Analysen möglich, weshalb der Einsatz eines speziellen Arzneimittels oder Medizinprodukts bei bestimmten Patientengruppen oder in der realen Behandlungssituation nicht ausreichend wirksam ist.
Ambulante und stationäre Versorgung entlasten
Darüber hinaus müssen die Betriebe auch in der ambulanten und stationären Versorgung entlastet werden. So müssen sich Leistungserbringer wie Krankenhäuser, Apotheken oder Sanitätshäuser derzeit mit hohen Dokumentations- und kleinteiligen Berichtspflichten mit auseinandersetzen. Dadurch wird zum Beispiel die Eigenherstellung von Arzneimitteln in Apotheken unattraktiv. Auch die je nach Krankenkasse unterschiedlichen Verfahren und Vorgaben bei der Versorgung mit Hilfsmitteln wie Pflegebetten, Bandagen und Prothesen machen den Betrieben zu schaffen. Dercks: „Jetzt muss die Politik endlich liefern. Von einer Stärkung des Gesundheits- und Wirtschaftsstandorts profitiert auch die Resilienz des Gesundheitssektors insgesamt – und dadurch die Versorgungssicherheit.“ Darüber hinaus sollten EU-Vorgaben für Medizinprodukte vereinfacht werden. So führen die hohen Bürokratie- und Kostenbelastungen aufgrund der EU-Medizinprodukteverordnung unter anderem dazu, dass die Vermarktung von Produkten mit einem kleinen Absatzmarkt oft nicht mehr wirtschaftlich möglich ist.