Einmal jährlich bewertet Stiftung Warentest Zahntarife, die allen gesetzlich Versicherten offenstehen – egal, bei welcher Kasse sie Mitglied sind. Aktuell ist ein neuer Test erschienen – eine gute Orientierung für Patienten ist er aber nur zum Teil.
Unter test.de wird die Gesamtliste der Bewertungen angezeigt. In der Print-Ausgabe 4/2021 von „Finanztest“ wird nur ein Ausschnitt dargestellt, und zwar unterteilt in Tarife, die eine Rundum-sorglos-Absicherung bieten für anspruchsvolle Patienten, Tarife „gut und günstig“ für preisbewusste Patienten und Tarife, die den Eigenanteil an der Regelversorgung abdecken beziehungsweise „Verdopplung Festzuschuss“ bieten.
91 Zahntarife sind sehr gut, 13 davon Testsieger mit Bestnote (0,5)
Die Anzahl der Tarife mit sehr guter Bewertung ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass aufgrund einer sehr hohen Nachfrage nach Zahnzusatzversicherungen die Versicherer ihre Tarife immer weiter verbessern und teilweise auch ganz neue Tarife auf den Markt bringen.
Stiftung Warentest hat Stand 1. März 2021 zugrunde gelegt. Ab 1. April 2021 wird es weitere drei Zahntarife geben, deren Bedingungen bereits vorliegen und von denen zwei nach den aktuellen Bewertungskriterien in die Rubrik „sehr gut“ gehören. Bis zum nächsten Test im Frühjahr 2022 wird die Tarifentwicklung sicherlich weitergehen und Stiftung Warentest wird noch mehr Testsieger küren, wenn sie beim gleichen Bewertungsschema bleiben.
Testsieger ist nicht gleich Testsieger – zumindest aus Sicht der Patienten
Schaut man Testsieger genauer an, stellt man zahlreiche Unterschiede fest. Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Patientin Müller versichert sich zum 1. Juli 2021 beim Testsieger Barmenia in der Tarifkombination Mehr Zahn 100 plus Mehr Zahnvorsorge Bonus für rund 43 Euro Monatsbeitrag. Patient Mayer wählt den Tarif ZahnSchutz Exklusiv 100 der Deutschen Familienversicherung (DFV), den er in der Werbung unter dem Namen Maxcare entdeckt hat, und zahlt dafür rund 40 Euro im Monat.
Der fiktive Fall zeigt die Unterschiede
Im Oktober 2021 bekommen beide Zahnschmerzen: Zahn 35 braucht eine Wurzelbehandlung. Nach erfolgreicher Behandlung muss der Zahn überkront werden. Die Wurzelbehandlung beim Endodontologen kostet 1.100 Euro, die Krankenkasse beteiligt sich nicht daran. Die Überkronung erfolgt im Februar 2022. Der Eigenanteil beträgt bei beiden Patienten 600 Euro.
Auf die Bedingungen achten
Beide Patienten bekommen von ihrer Zahnzusatzversicherung 1.100 Euro für die Wurzelbehandlung bezahlt. Für die Krone bekommt Patient Mayer 150 Euro von der DFV erstattet und Patientin Müller von der Barmenia 600 Euro. Die Erklärung für diesen Unterschied liefern die Bedingungen. Während bei der DFV die Leistungsstaffel in den ersten vier Versicherungsjahren für alle Leistungen gilt und im ersten Jahr 1.250 Euro beträgt, wird sie bei Barmenia nur für Zahnersatz zugrunde gelegt. Und außerdem gelten bei der DFV die Erstattungsgrenzen für die ersten 48 Monate (Versicherungsjahr sind immer zwölf Monate, gerechnet ab Vertragsbeginn), bei Barmenia dagegen für die ersten vier Kalenderjahre ab Beginn. Das bedeutet, dass Patientin Müller im Jahr 2021 1.500 Euro für Zahnersatz zur Verfügung gehabt hätte und vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2022 insgesamt bereits 3.000 Euro, bis zum 4. Kalenderjahr insgesamt 6.000 Euro.
Leistungsstaffel in die Entscheidung einbeziehen
Der Wert einer Zahnzusatzversicherung zeigt sich bei dem einzelnen Patienten im konkreten Leistungsfall. Je besser der Zahntarif zu seinem Zahnstatus und seinem Behandlungsrisiko passt, desto mehr profitiert er von seiner Absicherung. Und wer sichergehen will, dass er bereits zu Beginn seines Vertrags eine hohe Absicherung hat – schließlich weiß man nie, was auf einen zukommt –, der sollte auf jeden Fall die Leistungsstaffel beachten und nicht nur die Bewertungsnote.
Ratgeber für die Patienten
Worauf bei Zahnzusatzversicherungen zu achten ist, erläutert ein übersichtlicher und kompakter Ratgeber. Auf wenigen Seiten erklärt er, welche Leistungsbereiche moderne Zahnzusatzversicherungen abdecken, was unter Wartezeit und Zahnstaffel zu verstehen ist und worauf man bei der Auswahl der Tarife achten sollte. Eine Leseprobe finden Sie unter https://www.ratgeber-zahnzusatzversicherung.de/leseprobe.php. Zahnarztpraxen können den Ratgeber kostenfrei für ihre Patienten bestellen bei to:dent.ta GmbH, E-Mail beratung@todentta.de, oder per Fax 0711/94596182.
Bewertung beschränkt sich auf Leistungen für Zahnersatz
Bei Stiftung Warentest werden auch in diesem Jahr nur Zahnersatz-Leistungen bewertet, und zwar unterteilt in Regelversorgung, Privatversorgung bei Kronen, Inlays und Implantaten. Für die einzelnen Versorgungsformen wurden dann Modellannahmen getroffen. Bei Kronen beispielsweise sind die Tester davon ausgegangen, dass der Gesamtrechnungsbetrag doppelt so hoch ist wie der Rechnungsbetrag der reinen Regelversorgung und dass er sich aufteilt in 50 Prozent Laborkosten und 50 Prozent zahnärztliches Honorar. Bei Implantaten sind die Tester von einem Gesamtrechnungsbetrag von 4.231 Euro ausgegangen, der sich zusammensetzt aus implantologischen Leistungen, Knochenaufbau, Materialkosten und Kosten für die Suprakonstruktion. Bewertet wurde außerdem noch die Höchsterstattung für das einzelne Implantat und die Begrenzung der Anzahl von Implantaten.
Preisverzeichnisse für Laborkosten nicht berücksichtigt
Nicht berücksichtigt wurden Preisverzeichnisse für Laborkosten, wie sie zum Beispiel die Hanse Merkur in ihren Tarifbedingungen hat. Dort ist als erstattungsfähiger Höchstbetrag zum Beispiel für ein Inlay 308,41 Euro, für eine Krone 411,21 Euro vorgegeben (zzgl. MwSt). Laborkosten, die über diese Preise hinausgehen, zahlen die Patienten aus eigener Tasche.
Andere Leistungen wie die Erstattung von Füllungen, Wurzelbehandlungen, Parodontalbehandlungen, Schienentherapien, PZR und Prophylaxe fließen nicht in das Urteil ein. Sie werden nur informatorisch in der Tabelle aufgelistet. Im Finanztest wird zwar noch darauf hingewiesen, dass Wurzelbehandlungen teuer sein können. Da sie aber viel seltener vorkommen als Zahnersatz, verzichten die Tester auf die Erweiterung der Bewertungskriterien.
Neu: Abwertung wegen Wartezeit
Dieses Jahr haben die Tester das Qualitätsurteil um 0,1 in der Note abgewertet, wenn der Zahntarif eine Wartezeit hat. Wartezeit bedeutet, dass man ab Vertragsbeginn zunächst nur Versicherungsschutz für unfallbedingte Zahnersatzmaßnahmen hat. Erst nach Ablauf der Wartezeit tritt der volle Versicherungsschutz in Kraft. Das ist zum Beispiel bei Allianz, DKV, Continentale und Hanse Merkur der Fall, bei denen die Wartezeit zwischen drei und acht Monaten beträgt.
Werbeaussagen münden oft in Enttäuschung
Viele neue Zahntarife verzichten auf Wartezeiten – was jedoch nicht bedeutet, dass ab Vertragsbeginn alle Behandlungen versichert sind. Grundsätzlich sind bei allen Zahntarifen Behandlungen, die schon vor Antragstellung angeraten waren, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Viele Patienten haben schon eine herbe Enttäuschung erlebt, wenn sie Werbeaussagen wie „Mit uns kann's direkt losgehen. Wir haben in unseren Tarifen bewusst auf Wartezeiten verzichtet, damit du auch sofort von deinem Schutz profitieren kannst.“ geglaubt haben und das bereits geplante Inlay dann doch nicht erstattet bekamen.
Qualität der Versicherungsbedingungen
Die Transparenz und Qualität der Versicherungsbedingungen zu prüfen, ist relativ schwierig und aufwendig. Daher fließen Kriterien wie eine konkrete Auflistung von Leistungen und Zusatzleistungen nicht in die Bewertung bei Stiftung Warentest ein. Patienten jedoch wissen es zu schätzen, wenn detailliert aufgelistet ist, welche Leistungen erbracht werden – wie zum Beispiel Erstattung von Laserbehandlungen, CEREC, Veneers, Digitale Volumentomographie, DROS-Schienen und vieles mehr. Getreu dem Motto: was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.
Patienten und Praxen profitieren
„Es gibt noch mehr sehr gute Zahntarife als im vergangenen Jahr – und das, obwohl wir noch strenger geworden sind“ schreibt Finanztest. Das stimmt. In den vergangenen Jahren hat es bei Zahnzusatzversicherungen eine erfreuliche Entwicklung hin zu leistungsstarken Zahnzusatzversicherungen gegeben. Und es sind noch nie so viele neue Zahntarife auf den Markt gekommen wie in den vergangenen fünf Jahren. Davon profitieren in erster Linie gesetzlich Versicherte. Teilweise auch Heilfürsorgeberechtigte, die in einigen Zahntarifen ebenfalls versichert werden.
Indirekt profitieren natürlich auch Zahnarztpraxen von dieser Entwicklung: je besser der Versicherungsschutz ist und je frühzeitiger er abgeschlossen wird, desto leichter entscheidet sich der Patient für eine hochwertige Versorgung.
Gabriele Bengel, Esslingen
Gabriele Bengel war viele Jahre bei einer privaten Krankenversicherung für Vertrags- und Leistungsfallmanagement verantwortlich und hat in der Tarifentwicklung mitgewirkt. Außerdem war sie Mitglied im Verwaltungsrat einer gesetzlichen Krankenkasse. Sie hat detaillierte Kenntnisse über das Gesundheitssystem und ist anerkannte Spezialistin auf dem Gebiet der Zahnzusatzversicherungen.
Gabriele Bengel ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin der to:dent.ta GmbH, die im Internet ein Vergleichsportal bietet, das nur leistungsstarke Zahnzusatzversicherungen anzeigt, die strenge Qualitätskriterien erfüllen (Top-Dental-Tarife unter www.todentta.de). Außerdem bietet das Unternehmen Patienten und Zahnarztpraxen an, gezielt die Zahnzusatzversicherung zu vermitteln, die optimal zum Zahnzustand und dem individuellen Zahn-Risiko passt. Kontakt zur Autorin unter gabriele.bengel@todentta.de.
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