Abgesehen von den zahnmedizinischen Hilfsprojekten, die im landesweiten Vergleich deutlich im unteren Bereich angesiedelt sind, haben vor allem die großen Organisationen im Bereich der nationalen und internationalen Hilfen schwer unter dem „Loch“ im Bundeshaushalt und den damit verbundenen Einsparungen bei Zuschüssen und Co. zu leiden. Aber auch Famulaturen von Zahnmedizinstudierenden sind betroffen.
Besonders bei den Wohlfahrtsverbänden wie AWO, Diakonie, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband und DRK sieht man Schwierigkeiten, die Sicherheit des Sozialstaats zu gewährleisten. Für den Präsidenten der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), Michael Groß ist die Planungssicherheit, wie die soziale Infrastruktur im nächsten Jahr finanziert werden soll, in Gefahr. Deshalb wird ein klares Signal von Regierung und Parlament erwartet.
Gerade zum Jahresanfang geht es darum, ob bestehende Verträge, die seit Ende des Jahres ruhen, doch noch verlängert werden können oder nicht. Für die Betroffenen sind solche Zeiten der Ungewissheit extrem belastend, müssen sie sich doch entscheiden, wie sie ihren Lebensunterhalt in der nächsten Zeit bestreiten können.
Hoffnung auf den neuen Haushalt
Nächster Termin für die Haushaltsberatungen ist Ende Januar/Anfang Februar 2024, dann soll der Haushalt für 2024 endgültig stehen. Die Wartezeit und die damit verbundene Unsicherheit bringt für Trägervereine Risiken mit sich. Sie bangen um Mitarbeiter und Mietverträge. Betroffen sind Institutionen und Träger quer durch die Gesellschaft, aber auch Rettungsdienste, Feuerwehr und das Technische Hilfswerk THW sind stark von der Haushaltssperre betroffen. Vor allem bei der Ausbildung neuer Einsatzkräfte sind die Folgen spürbar, und das hat möglicherweise langfristige Konsequenzen.
Ziel der Regierung und der Ampel-Koalition ist es, den Bundeshaushalt bis zum 2. Februar 2024 im Bundestag und im Bundesrat zu beschließen. Für Mitte Januar hatte der Haushaltsausschuss eine öffentliche Expertenanhörung angesetzt. Mit Blick auf den Zeitplan für die Verabschiedung des Haushalts stellte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auch das Ende der derzeit gültigen Haushaltssperre in Aussicht. Ob dann die Mittel wie erhofft zur Verfügung stehen, bleibt abzuwarten. Protestaktionen zum Beispiel der Bauern begleiten die bekanntgewordenen Sparpläne, inklusive erster Rücknahmen.
Wichtige Unterstützung und Ansprechpartner
Auch die Hilfsorganisationen aus der Medizin und Zahnmedizin spüren die Folgen. Viele der Projekte werden mit der GIZ, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, und Engagement Global Service für Entwicklungsinitiativen, durchgeführt. Letzteres ist ein deutsches öffentliches Unternehmen in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH mit Sitz in Bonn, das als zentrale Anlaufstelle das entwicklungspolitische Engagement von Einzelpersonen, Gruppen und politischen Gemeinden unterstützt. Die Organisation bündelt Beratung, Information, Vernetzung und unterstützt beispielsweise zivilgesellschaftliche Organisationen, Kommunen und Schulen finanziell bei ihrem entwicklungspolitischen Engagement. Mitarbeitende von Engagement Global bringen sehr verschiedene berufliche Kompetenzen mit, denn die Arbeitsfelder erschöpfen sich nicht in Verwaltungs- und Koordinierungsaufgaben.
Verantwortung und langfristige Verpflichtungen für Projekte
Viele Hilfsorganisationen haben Verantwortung und langfristige Verpflichtungen übernommen, vor allem, um Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen, Krankenstationen aufzubauen oder sich schlicht um Weiterqualifizierung kümmern. Gleich mehrere zahnärztliche Hilfsprojekte haben sich in der Ausbildung von Assistenzpersonal engagiert. Dieser Einsatz kommt vor allem Frauen zugute, die damit eine Chance auf ein eigenes Gehalt haben. Gerade in Ländern mit einem hohen Entwicklungsbedarf sind Arbeitsplätze für Frauen extrem dünn gesät, und das ist bei dem oftmals einhergehenden hohen Anteil an alleinstehenden Müttern besonders nachteilig.
Aktuell keine Zuschüsse für Auslandsfamulaturen möglich
Ebenfalls von der Haushaltssperre sind die Studierenden der Zahnheilkunde, die sich für eine Auslandsfamulatur entschieden haben. Der Zahnmedizinische Austauschdienst (ZAD) hat bereits mitgeteilt, dass die Mittel für Reisekostenzuschüsse für 2024 ausgeschöpft sind. Damit liegen die Zuschüsse für die Teilnahme an diesen begehrten Praktika im Rahmen des Studiums erstmal auf Eis. Entsprechend der Vorgaben des Deutschen Akademischen Austauschdiensts, der fachübergreifend für die Vergabe der Mittel zuständig ist und die Fristen vorgibt, dürften damit die Antragsverfahren bis weit ins Jahr 2024 hinein „erledigt“ sein – Förderungen sind nicht mehr möglich.
Anträge wieder möglich, keine Pflicht zur Gewährung
Nach der neuen Approbationsordnung, die eine Famulatur im Studium zwingend vorschreibt, war eigentlich mit einem großen Ansturm auf die Famulaturplätze zu erwarten. Doch auch hier scheint es dieser Tage Bewegung zu geben. Mittlerweile sind Anträge wieder möglich, wenn auch dem Verfahren ein Hauch von vorläufig anhängt. Das Amtsdeutsch kennt wunderbare Formulierungen für volatile Situationen, häufig wird in solchen Fällen eine „Inaussichtstellung“ erteilt! Dies bedeutet nichts anderes, als dass vorbehaltlich der Bereitstellung ausreichender Haushaltsmittel Zuwendungen in der angegebenen Höhe bewilligt werden, wobei keine Rechtspflicht auf Gewährung einer Zuwendung besteht.
Famulatur ist Pflicht: Musterdokumente für Praxen
Studierende der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde müssen künftig eine vierwöchige Famulatur nachweisen. Ablauf und Inhalt sind durch die Zahnärztliche Approbationsordnung Zahnärzte (ZApprO) vorgegeben. Für die Durchführung wird eine Vereinbarung getroffen. Dafür stellt die Bundeszahnärztekammer jetzt Musterdokumente zur Verfügung: Einen Leitfaden zum Ablauf, eine Mustervereinbarung zur Durchführung sowie ein Musterzeugnis über die Famulatur. Sie sollen eine einheitliche Umsetzung in den Kammerbereichen gewährleisten.
Ein detailliertes Muster-Anforderungsprofil für Famulaturpraxen kann auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden, so die BZÄK. (Quelle: „Klartext“ 01/24 der BZÄK)
Hoffen auf schnelle Rücknahme der Sperre
Bleibt zu hoffen, dass es in Berlin zeitnah zu einem Einlenken kommt und die Haushaltsperre doch schneller aufgehoben wird, als erwartet. Im Moment stehen die Chancen bereits wieder gut, so dass auch die geplanten Famulaturen stattfinden können. Dies wäre von allen Seiten sehr zu begrüßen, zumal im Fachbereich Zahnmedizin noch ein großer Nachholbedarf hinsichtlich Auslandserfahrungen besteht.
Noch Nachholbedarf in der Zahnmedizin
Im Vergleich aller Fakultäten untereinander liegen die Zahnmediziner eher im unteren Bereich, wobei allerdings nicht übersehen werden darf, dass in anderen Studiengängen ganze Semester ein Erasmusstipendium nutzen und bevorzugt die Universitäten im mediterranen Raum aussuchen – ganz im Geiste des humanistisch geprägten Namenspatrons des europäisch ausgerichteten Förderprogramms.
Tobias Bauer, Singen
Ergänzt am 7. Februar 2024 um die Informationen der Bundeszahnärztekammer zu den Musterformularen für die Pflicht-Famulatur. - Red.