Wie bekommen wir den zahnärztlichen Berufsnachwuchs ins Land? Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt startet jetzt eine weitere Initiative, um Zahnmedizinstudierende für eine Tätigkeit zwischen Altmark und Harz zu gewinnen. Beginnend mit dem Wintersemester 2022/23 können sich jährlich und deutschlandweit zehn Studierende der Zahnmedizin nach bestandener zahnärztlicher Vorprüfung mit 500 Euro monatlich von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt bezuschussen lassen. Voraussetzung für die Förderung ist neben guten Studienleistungen das Ableisten der ans Studium anschließenden Vorbereitungszeit in Sachsen-Anhalt.
„So ein Studium schlaucht ganz schön. Besonders im medizin- und zahnmedizinischen Bereich sind Lern- und Prüfungsstress legendär. Darüber hinaus kostet das Studium nicht nur Zeit und Energie, sondern auch einiges an Geld, das nicht nur für die eigene Lebenshaltung, sondern auch für Materialien und Instrumente aufzubringen ist“, heißt es in der Pressemitteilung der KZV. Die KZV Sachsen-Anhalt schafft ab dem kommenden Wintersemester Abhilfe – zumindest für jährlich bis zu zehn Studierende, die sich erfolgreich auf das neue Stipendium der KZV bewerben. Mit bestandener zahnärztlicher Vorprüfung („Physikum“) erhalten die Studierenden so für den Rest ihrer Regelstudienzeit 500 Euro monatlich – pauschal und nicht zweckgebunden.
Hilfe bei der Suche nach Famulatur- und Assistenzstellen
Die Studierenden verpflichten sich im Gegenzug dazu, ihre Vorbereitungszeit für die vertragszahnärztliche Tätigkeit in Sachsen-Anhalt durchzuführen – „ob in Voll- oder Teilzeit, ist dabei egal“, heißt es. Die KZV Sachsen- Anhalt unterstützt die Stipendiatinnen und Stipendiaten außerdem bei der Suche nach geeigneten Partnern zur Ableistung der Vorbereitungszeit sowie von freiwilligen und verpflichtenden Famulaturen.
„500 Euro monatliches Taschengeld und ein sorgloser Übergang in die Vorbereitungszeit sehe ich als ganz klares Win-Win-Szenario für jede junge Person, die unseren wunderschönen Beruf anstrebt“, so Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der KZV Sachsen-Anhalt. „Dazu kommt, dass wir den angehenden Zahnärztinnen und Zahnärzten natürlich auch während ihrer gesamten Vorbereitungszeit beratend zur Seite stehen – gern auch darüber hinaus, aber das ist natürlich für die meisten Studierenden noch ferne Zukunftsmusik“.
Bewerbungsfrist 15. April bis 15. Juli 2022
Interessierte Zahnmedizin-Studierende deutscher Hochschulen können sich vom 15. April bis 15. Juli 2022 für das Stipendium bewerben. Weitere Informationen und das Online-Bewerbungsformular stehen auf der Themenseite der KZV zur Verfügung.
Sachsen-Anhalt hat ein Nachfolgeproblem
Von den niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten in Sachsen-Anhalt, die heute in Ruhestand gehen, findet nur jede/jeder zweite eine Nachfolge für die eigene Praxis. Die Hälfte der Praxen im Land scheidet somit endgültig aus der Versorgungslandschaft aus – mit den entsprechenden Konsequenzen für das Praxispersonal sowie die Patientinnen und Patienten, so die KZV.
Aufgrund der Altersstruktur der Zahnärztinnen und Zahnärzte in Sachsen-Anhalt werde dieses Missverhältnis in den kommenden Jahren noch dramatischer. Im Jahr 2030 werden von den circa 1.600 Zahnärztinnen und Zahnärzten im Land kaum mehr als 800 verbleiben, so die Schätzungen. Dazu erklärt Schmidt: „Diese Vorausschau ist tatsächlich beunruhigend: Es gibt keine Region und keine Stadt im Land, in der die Zahl der praktizierenden Kolleginnen und Kollegen nicht deutlich zurückgehen wird. Die KZV entwickelt deswegen gegensteuernde Konzepte, kooperiert mit den einzelnen Kommunen im Land und bietet Förder- und Stipendienprogramme an.“ So unterstützt die KZV Abiturientinnen und Abiturienten, die Zahnmedizin studieren möchten, aber kein Einser-Abitur vorweisen können, beim Studium im ungarischen Pécs mit einem Stipendium. Für das Wintersemester 2022/23 ist das Verfahren bereits abgeschlossen, ab Herbst 2022 soll das Bewerbungsverfahren für das Wintersemester 2023/24 starten (mehr Informationen auf der Themenseite der KZV). Im Land selbst gibt es nur eine Universität mit Studienplätzen für Zahnmedizin, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit dem Studienstandort Halle.
Strukturfonds und Zusammenarbeit mit Kommunen
Im vergangenen Jahr hat die Vertreterversammlung als oberstes Beschlussgremium der Vertragszahnärzteschaft in Sachsen-Anhalt den KZV-Vorstand mit der Bildung eines Strukturfonds zur Finanzierung von Fördermaßnahmen beauftragt. Dies ermöglicht der KZV, Förder- und Stipendienprogramme umzusetzen, die über den Strukturfonds – also mit paritätischer Beteiligung der Krankenkassen – finanziert werden. Darüber hinaus haben bereits erste Kommunen signalisiert, nicht nur Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung durch eigenes Engagement umzusetzen, sondern diese auch finanziell mitzutragen, so die KZV.