Die Zahnärzteschaft in Sachsen startet mit einem bundesweiten Novum: Am 26. April 2024 beginnt ein Vorbereitungskurs für Zahnärztinnen und Zahnärzte, die ihre Abschlüsse im Nicht-EU-Ausland erworben haben und sich auf die Kenntnisprüfung vorbereiten wollen. Mit dem Kurs will die Zahnärztekammer Sachsen auch dem Fachkräftemangel in der zahnärztlichen Versorgung begegnen. Unterstützung dafür kommt vom sächsischen Sozialministerium.
Zahnärztinnen und Zahnärzte, die ihren Abschluss außerhalb der EU erworben haben, stehen vor für sie oft großen Herausforderungen, um in Deutschland als Zahnmediziner tätig werden zu dürfen. Sie müssen sowohl den Nachweis über die erforderlichen Fachsprachenkenntnisse als auch über den gleichwertigen Ausbildungsstand erbringen. Wenn die zuständige Approbations- und Anerkennungsbehörde (die Zuständigkeit ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt, ebenso die Mitwirkungsmöglichkeiten der jeweiligen Landeszahnärztekammern) die Gleichwertigkeit des zahnärztlichen Ausbildungsstands bei den betroffenen Zahnärztinnen und Zahnärzten nicht feststellen kann, müssen sie eine anspruchsvolle Kenntnisprüfung vor dem Landesprüfungsamt oder der jeweils benannten Prüfungsstelle bestehen – die Durchfallquoten sind dabei hoch.
Kollegen unterstützen, Qualität sichern
„Wir brauchen die ausländischen Kolleginnen und Kollegen und zu Recht erwarten unsere Patientinnen und Patienten die gleiche Qualität wie bei deutschen Zahnmedizinern“, erklärt Dr. Thomas Breyer, Präsident der Landeszahnärztekammer Sachsen (LZKS). Doch der oft mehrjährige Anerkennungsprozess und eine häufig fehlende strukturierte Vorbereitung auf die Prüfung führen zu einer hohen Durchfallquote von über 75 Prozent bundesweit.
Sachsen erste Kammer mit diesem Angebot
Um diesem Problem entgegenzuwirken, bietet die LZKS als erste Zahnärztekammer in Deutschland einen zweitägigen Vorbereitungskurs auf die zahnmedizinische Kenntnisprüfung an. Dieses innovative Angebot richtet sich an Zahnärztinnen und Zahnärzte, die ihren Abschluss in Drittstaaten gemacht haben und startet am 26. April 2024 um 13 Uhr in Dresden im Beisein von Staatsministerin Petra Köpping.
Optimal vorbereitet auf Prüfung und Berufsalltag
Durch den Kurs bietet die LZKS optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung, die aus einem schriftlichen, mündlichen und praktischen Teil besteht. Zahnärztliche Expertinnen und Experten aus den Fachgebieten der Konservativen Zahnheilkunde, Prothetik, Parodontologie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Zahnerhaltung stellen die Prüfungsanforderungen vor und erläutern praxisrelevante Leitlinien. Um die Idee für einen Vorbereitungskurs in die Praxis umzusetzen, haben sich die Kammer, das zuständige Landesprüfungsamt und das Sozialministerium eng abgestimmt. Diese Zusammenarbeit ist Ausdruck des konstruktiven und vertrauensvollen Miteinanders des Ministeriums mit der Kammer und dem Landesprüfungsamt.
„Dieser Vorbereitungskurs ist ein wichtiger Schritt, um ausländischen Zahnärztinnen und Zahnärzten den Einstieg in den deutschen Berufsalltag zu erleichtern und ihnen bestmögliche Chancen auf eine erfolgreiche Berufsausübung in Sachsen zu bieten. Davon profitieren am Ende alle“, so Breyer.
Sozialministerium unterstützt die Kammer
Sozialministerin Petra Köpping: „Für den Einsatz unserer Landeszahnärztekammer bin ich sehr dankbar. Durch das Engagement der Kammer findet in Sachsen der erste kammerorganisierte Vorbereitungskurs auf die Kenntnisprüfung für Zahnärztinnen und Zahnärzte statt. Wir brauchen engagierte, ausgebildete Fachkräfte mit zahnmedizinischem Abschluss aus dem Ausland. Dies bildet einen wesentlichen Baustein für die Sicherstellung der guten zahnmedizinischen Versorgung unserer sächsischen Bürgerinnen und Bürger. Daher ist dieser Vorbereitungskurs ein wichtiger Schritt, um den Fachkräften den Weg in den sächsischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Ich wünsche allen Teilnehmenden eine interessante und lehrreiche Veranstaltung und viel Erfolg für die anstehende Prüfung!“
Dauerbrennerthema in der Standespolitik
Das Thema Anerkennung ausländischer Abschlüsse von Zahnärztinnen und Zahnärzten aus Nicht-EU-Ländern ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner in der zahnärztlichen Standespolitik. Gab es bis vor gut zehn, fünfzehn Jahren vielfach eine eher ablehnende Haltung gegenüber vereinfachten Anerkennungsverfahren (schon in der EU, wo die Anerkennung neu geregelt wurde) oder Unterstützung für die ausländischen Kolleginnen und Kollegen, wandelt sich dies jetzt offensichtlich. Galt früher häufig eine „Closed-shop-Mentalität“ (keine weiteren „Wettbewerber“ im Markt), fehlen heute vielfach Praxisnachfolgerinnen und -nachfolger. Die Zahl der jährlich in Deutschland ausgebildeten und approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzte wird nach aktuellen Berechnungen nicht ausreichen, die Zahl der aus dem Berufsleben ausscheidenden Zahnärzte auszugleichen. Hinzu kommt, dass viele jüngere Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht in Vollzeit tätig sind und sein wollen – gerechnet auf die Vollzeitäquivalente sind daher mehr Zahnärztinnen und Zahnärzte nötig, um die gleichen Kapazitäten für die Patientenversorgung sicherzustellen.
Immer wieder Kritik an den Anerkennungsverfahren
An den Verfahren für die Anerkennung von Nicht-EU-Abschlüssen gibt es immer wieder Kritik, auch in der Öffentlichkeit. Gerade in der Folge der großen Flüchtlingswelle 2015 kamen Zahnärztinnen und Zahnärzte nach Deutschland, die in ihren Heimatländern ausgebildet worden waren und jahrelang praktiziert hatten, zum Teil an Kliniken und in Universitäten. Sie scheiterten hier häufig an der Anerkennung ihrer Abschlüsse und in den Prüfungen und arbeiteten dann oft weiter als Stuhlassistenz in deutschen Praxen.
Die Zahnärztekammern selbst haben auf diese Prüfungsverfahren in der Regel keinen oder wenig Einfluss. Dieser bundesweit erste Kurs in Sachsen zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung ist daher ein wichtiger Schritt, zum einen die Qualität sicherzustellen und zum anderen die Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. (MM)