Nur ein Drittel der zahnärztlichen Existenzgründerinnen und -gründer haben 2020 eine ganz neue Praxis eröffnet. Alle anderen haben 2020 eine bestehende Praxis übernommen – und alle Existenzgründer haben trotz Corona-Pandemie mehr bezahlt als 2019. Für eine Praxisneugründung wurden mehr als 500.000 Euro investiert, und auch für eine Übernahme zahlten Existenzgründerinnen und -gründer mit 376.000 Euro mehr als 2019, im Schnitt 208.000 Euro allein für den Übernahmepreis. Gestiegen ist auch die Zahl der neuen oder übernommenen Praxis in ländlichen Regionen, sie machen jetzt 9 Prozent aller Neugründungen aus, 2019 waren es nur 6 Prozent.
Diese Zahlen gehen aus der Existenzgründeranalyse der ApoBank hervor, für die eine Stichprobe von 360 der im Jahr 2020 durch die Bank begleiteten Gründungen ausgewertet wurden – und damit laut Bank ein Großteil der von ihr begleiteten zahnärztlichen Existenzgründungen. In den vergangenen zwei Jahren war der Anteil der Frauen an den Praxisgründungen gestiegen. Stellten sie 2018 erstmals die Hälfte der Gründenden, waren es 2019 bereits 51 Prozent. Für 2020 zeigt die Analyse allerdings einen leichten Rückgang: Der Anteil der Gründerinnen lag bei 49 Prozent – und nach wie vor ist er in den östlichen Bundesländern mit 62 Prozent höher als im Süden des Landes mit nur 36 Prozent. Zahnärztinnen gründen auch weiterhin später als ihre männlichen Kollegen und bevorzugen eher kleinere Praxiststrukturen.
Etwa zwei Drittel der Zahnärztinnen und Zahnärzte lassen sich in einer Einzelpraxis nieder, indem sie eine bestehende Praxis übernehmen. Der Anteil dieser Gründungsform ist über die Jahre seit 2016 von 59 auf inzwischen 67 Prozent gestiegen. Bei solchen Übernahmen verteuerte sich die Niederlassung 2020 im Schnitt deutlich, denn die Kaufpreise sind im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf 208.000 Euro gestiegen. Die Gesamtinvestitionen für die Niederlassung in einer Einzelpraxis durch Übernahme, also beispielsweise Umbaumaßnahmen oder eine neue IT mitgerechnet, beliefen sich auf durchschnittlich 376.000 Euro.
„Trotz der Unsicherheiten durch die Corona-Krise haben wir im letzten Jahr keine gravierenden Auswirkungen auf die Höhe der Praxisinvestitionen festgestellt“, sagt Daniel Zehnich, Bereichsleiter Konzernstrategie und Gesundheitsmarkt bei der ApoBank. „Gerade der Anstieg der gezahlten Übernahmepreise zeigt, dass gut aufgestellte und wirtschaftlich solide Praxen nach wie vor für den zahnmedizinischen Nachwuchs interessant sind.“
Jede fünfte Praxisübernahme kostet über eine halbe Million Euro
Der bereits seit Jahren bestehende Trend zu hochpreisigen Praxen bleibt ungebrochen. Ähnlich wie im Jahr 2019 investierte auch 2020 ein Fünftel der zahnärztlichen Gründerinnen und Gründer mehr als eine halbe Million Euro in die Übernahme als Einzelpraxis. Im Gegenzug sank im vergangenen Jahr der Anteil der günstigen Zahnarztpraxen mit Gesamtinvestitionen bis zu 100.000 Euro deutlich auf nur noch 2 Prozent.
Neugründung bleibt am teuersten
Die Investitionen in die Neugründung einer Einzelpraxis pendelten sich in den vergangenen drei Jahren bei rund einer halben Million Euro ein –2020 investierten die Existenzgründer*innen im Schnitt 507.000 Euro. Die Neugründung einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) erforderte einen noch höheren finanziellen Aufwand. Für einen Praxisanteil, der im Schnitt knapp die Hälfte betrug, lagen die Investitionen bei 563.000 Euro. Insgesamt finden Neugründungen inzwischen aber relativ selten statt: Bei der Einzelpraxis machte der Anteil 2020 6 Prozent aus, bei der BAG betrug er 5 Prozent.
Übernahme als günstigere Alternative
In der Regel bleibt die Übernahme im Vergleich zur Neugründung eine günstigere Option. Das gilt auch bei Kooperationen – vor allem bei dem Einstieg in eine bereits bestehende BAG: Für einen Praxisanteil von gut einem Drittel zahlten die Existenzgründenden 2020 im Schnitt einen Kaufpreis von 193.000 Euro. Mit weiteren Investitionen von durchschnittlich 62.000 Euro kamen sie auf einen Gesamtbetrag von 255.000 Euro. Die Übernahme einer kompletten BAG war deutlich teurer: Ein Praxisanteil von rund 50 Prozent kostete im Schnitt 276.000 Euro. Zuzüglich weiterer Investitionen (134.000 Euro) lag die Gesamtsumme für die Niederlassung bei 410.000 Euro.
Übernahmepreise auf dem Land am niedrigsten
Ein Vergleich zwischen Stadt und Land innerhalb der vergangenen drei Jahre zeigt, dass die Existenzgründenden mit 40 Prozent weiterhin eindeutig die Großstadt bevorzugen. Allerdings hat der Anteil der Existenzgründungen auf dem Land auch leicht zugenommen: von 6 Prozent in 2018 auf 9 Prozent in 2020. Ein Blick auf die Übernahmepreise in den ländlichen Regionen zeigt, dass diese deutlich kleiner ausfallen: Für Landzahnarztpraxen wurden 2020 mit 138.000 Euro die geringsten durchschnittlichen Kaufpreise gezahlt, während diese in den Städten – ob groß oder klein – bei mehr als 200.000 Euro lagen. Weniger beliebt als in den Vorjahren waren bei den Niederlassungswilligen die Kleinstädte (18 Prozent gegenüber 27 Prozent 2019 und 24 Prozent 2019), die Mittelstädte legten dagegen etwas zu – von 28 Prozent 2019 auf jetzt 33 Prozent.
Kaufpreishöhe korreliert stark mit Praxisumsatz
„Auch wenn bei der Preisfindung zahlreiche Faktoren eine Rolle spielen, erkennen wir häufig einen engen Zusammenhang zwischen der Kaufpreishöhe und dem bisher erwirtschafteten Praxisumsatz“, sagt Daniel Zehnich. „Zahnarztpraxen auf dem Land erzielen zwar häufiger geringere Einnahmen als in anderen Gegenden, dafür punkten sie meist auf der anderen Seite mit einer günstigen Kostenstruktur. Von daher kann eine Niederlassung auch auf dem Land durchaus interessant und vielversprechend sein.“
aktualisiert am 20. Dezember 2021 um die Zahlen zu den Existenzgründungen durch Zahnärztinnen. -Red.
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