Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. nimmt seine Protestaktionen am Brandenburger Tor wieder auf. Ziel ist es, die Öffentlichkeit und die Politik auf die Lage der Medizinischen Fachangestellten (MFA) und Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) im ambulanten Gesundheitswesen aufmerksam zu machen. Die Aktion in Berlin findet am 7. September 2022 von 13.30 bis 16 Uhr auf der Freifläche vor dem Brandenburger Tor am Pariser Platz statt.
Wovon den Lebensunterhalt bestreiten?
Bereits im Winter 2021/22 hatte der Verband zu Protestaktionen am Brandenburger Tor aufgerufen und die Aktionen „MFA am Limit“ und „ZFA im Nebel“ gestartet, um auf die besondere Belastung des Fachpersonals in den Arzt- und Zahnarztpraxen hinzuweisen. Hannelore König, Präsidentin des Verbands, erklärt zur neuen Aktion: „Die Regierungskoalition hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen der Gesundheitsberufe und Pflegekräfte zu verbessern. Im ersten Dreivierteljahr ist bei den MFA und ZFA davon nichts angekommen. Im Gegenteil: Mit dem neuen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz müssen wir davon ausgehen, dass für die Personalkosten in den niedergelassenen Arzt- und Zahnarztpraxen noch weniger Geld zur Verfügung steht als bisher. Budgets werden wieder gefordert und die Gesetzliche Krankenversicherung bietet aktuell eine Nullrunde. Wovon sollen die MFA und ZFA bei den Preisentwicklungen ihren Lebensunterhalt bestreiten?“
Verwaltungsämter bei Kassen besser bezahlt als Arbeit am Patienten
Schon jetzt erhielten ca. 25 Prozent der MFA und 37 Prozent der ZFA weniger als zwölf Euro Bruttostundenlohn. Es sei ein Unding, dass verwaltende Tätigkeiten im Gesundheitswesen wesentlich besser bezahlt werden als solche, die unmittelbar Verantwortung für die Gesundheit von Patientinnen und Patienten tragen. So liege das mittlere Bruttogehalt laut Entgeltatlas der Agentur für Arbeit im Jahr 2021 im Beruf Kaufmann/-frau im Gesundheitswesen bei 3.399 Euro und bei Sozialversicherungsfachangestellten bei 4.212 Euro. Für MFA werden hingegen nur 2.655 und für ZFA 2.269 Euro angegeben.
Flucht aus dem Beruf nimmt zu
Hinzu komme, dass die Stressbelastung für MFA und ZFA– bedingt durch die weiter zunehmende Bürokratie, einen enormen Fachkräfteengpass und gesteigertes Anspruchsverhalten mancher Patientinnen und Patienten – inzwischen ein Ausmaß erreicht habe, das immer mehr Berufsangehörige in die Flucht aus dem Beruf treibt. „Diesen Teufelskreis will die Politik nicht erkennen. Vielmehr glaubt sie, vor allem im ambulanten Gesundheitswesen sparen zu können“, kritisiert die VmF-Präsidentin.
„Ich darf daran erinnern, dass in Deutschland mehr als 421.000 MFA und mehr als 214.000 ZFA ihren Beitrag zur ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung leisten“, so König. Bereits jetzt müssten Ärztinnen Ärzte/Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Leistungen einschränken, „weil ihnen nicht mehr ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen, die assistieren oder in Delegation Aufgaben übernehmen und sie damit kompetent entlasten“, warnt sie.
Volle und zeitnahe Gegenfinanzierung der Tariflöhne
König weiter: „Um unseren Standard in der ambulanten Versorgung auch weiterhin halten zu können, müssen die Gesundheitsberufe MFA und ZFA endlich gestärkt werden. Deshalb fordern wir mehr Gehalt durch eine vollumfängliche und zeitnahe Gegenfinanzierung der Tariflöhne, aktuelle Gebührenordnungen, in denen die Leistungen der MFA und ZFA stärker abgebildet werden, eine höhere Wertschätzung, eine angemessene Anerkennung ihrer Leistungen in der Patientenversorgung und eine Gesundheitspolitik, die zur Stressprävention beiträgt.“
Unterstützung aus der Standespolitik
Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. ruft MFA und ZFA dazu auf, die Aktion vor Ort aktiv zu unterstützen beziehungsweise regional zur gleichen Zeit Aktionen ins Leben zu rufen. Dafür bietet der Verband auf seiner Website auch Hilfe an, zum Beispiel für Fahrgemeinschaften.
Unterstützung haben die Ärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Berlin, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, der Hartmannbund und der Freie Verband Deutscher Zahnärzte bereits zugesagt.