Nach dem Karies-Erreger ist Helicobacter pylori der häufigste pathogene Keim der Menschheit. Fast 90 Prozent der PatientInnen mit einem Magenkarzinom hatten zuvor eine Infektion mit diesem Bakterium. Auch in der komplexen Darmwelt des Menschen, der Mikrobiota, wird eine von mehreren Ursachen für Krebserkrankungen vermutet. Am 5. September treffen sich in Innsbruck internationale Top-ForscherInnen, um über die aktuellsten Erkenntnisse und Therapien zu diskutieren, so eine Meldung auf idw online.
Infektion meist harmlos – die Folge nicht
Als der Helicobacter-Keim in den Achtzigerjahren per Zufall entdeckt wurde, ging die Fachwelt noch davon aus, dass im sauren Milieu der Magenschleimhaut keine Bakterien wachsen können. Der Pathologe Robin Warren und der medizinische Registrator Barry Marshall erhielten 2005 den Nobelpreis für ihre überraschende Entdeckung von „Helicobacter pylori“. Seit 2018 ist Herbert Tilg, Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin I der Universität Innsbruck, Vorsitzender der „Europäischen Helicobacter und Mikrobiota Studiengruppe“ (EHMSG). Auf Grund der rasanten Forschungsergebnisse zur Keimwelt des Darms hat sich das Forschungsziel der Vereinigung um das Themengebiet Mikrobiota erweitert. Jährlich findet ein Treffen statt, bei dem sich internationale Top-ExpertInnen über neue Erkenntnisse und Therapiemöglichkeiten austauschen. Das Meeting mit 500 bis 600 TeilnehmerInnen aus aller Welt findet vom 5. bis 7. September erstmals in Innsbruck statt.
Antibiotikaresistenzen auch hier ein Thema
Für die meisten Menschen ist eine Helicobacter-Infektion harmlos. Nur bei einem aus sechs Betroffenen kommt es in der Folge zu einer Magenerkrankung wie einer Entzündung, einem Geschwür oder Krebs. Die Übertragung folgt von Mensch zu Mensch. „Der gesteigerte Hygienestandard hat hierbei in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Rückgang der Infektionsrate geführt. Auch die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr gut, es gibt daher wesentlich weniger Magengeschwüre, die noch durch diesen Erreger verursacht sind“, erklärt Tilg. Die Behandlung der Infektion erfolgt mit mehreren Antibiotika. „Dabei ist die Bildung von Resistenzen derzeit eine der größten Herausforderung“, sagt Tilg. Mehrere Vorträge beim EHMSG-Meeting in Innsbruck beschäftigen sich daher mit diesem Thema.
Auch der Forschungsbedarf ist noch sehr groß. „Wir können noch nicht vorhersagen, wer nach einer Helicobacter-Infektion erkrankt und wer nicht.“ Dabei ist diese Erkenntnis sehr wichtig, denn fast 90 Prozent der PatientInnen mit einem Magen-Karzinom hatten zuvor eine Helicobacter-Infektion.
Rolle der Keimwelt bei Krebserkrankungen
Jeder Mensch hat rund ein Kilogramm an Keimen in seinem Darm. „Die Erforschung der Mikrobiota ist weltweit eines der wichtigsten Forschungsthemen. Es gibt zunehmend Hinweise, dass die gastrointestinale Mikrobiota auch bei verschiedenen Krebsformen im Verdauungstrakt eine Rolle spielt“, so Tilg. Weitere Forschungen sollen dazu beitragen, dass Krebserkrankungen der Speiseröhre, des Magen oder Dickdarms besser therapiert werden können.