Die Corona-Pandemie überlagert seit Monaten einfach alles – auch Nachrichten über andere schreckliche Krankheiten, zum Beispiel die Lepra. „Lepra? Die gab es doch nur im Mittelalter“, mag jetzt der ein oder andere denken – und täuscht sich doch: Im Jahr 2018 zählte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 208.619 Neuerkrankte in 127 Ländern, über die Hälfte davon in Indien.
Die Dunkelziffer dort dürfte um ein Vielfaches höher sein, schätzen Experten. Auch in Afrika, Südamerika, Südostasien und einigen europäischen Staaten tauchen immer wieder Fälle auf. Und sogar in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren bis zu vier diagnostizierte Leprafälle pro Jahr, wobei sich die Patienten immer im Ausland mit dem „Mycobacterium leprae“ angesteckt hatten.
Erreger taucht auch in Europa wieder auf
„In Zeiten der Migration von Hunderttausenden von Menschen und angesichts der langen Inkubationszeiten kann niemand wirklich einschätzen, wann, wo und wie häufig der Erreger in den nächsten Jahren in Europa auftreten wird“, sagt Dr. Klaus Winter, stellvertretender Vorsteher des HDZ und Leprosier des Lazarus Ordens. „Und auch wenn die Krankheit vermeidbar und heilbar ist, so müssen doch Millionen Menschen ein Leben lang unter den Folgen der Erkrankung leiden. Daher dürfen wir die Lepra-Hilfe nicht aus den Augen verlieren – der Welt-Lepra-Tag in diesem Jahr am 31. Januar soll uns daran erinnern.“
Zentrale Aufgabe der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte
Die „Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra und Notgebiete (Carl Heinz Bartels-Fund)“ hat die Lepra-Hilfe seit ihrem Bestehen zu einer ihrer zentralen Aufgaben gemacht. 1987 gründete der Göttinger Zahnarzt Carl Heinz Bartels die Stiftung nach schockierenden Erlebnissen in den Lepragebieten Südostasiens.
Bis heute besteht eine enge Kooperation zwischen dem HDZ und dem Lazarus-Orden sowie den Salesianern Don Boscos. Die gemeinsamen Projekte zielen darauf ab, mit Lepra infizierte Menschen durch Aufklärungs- und Hilfsprogramme zu schützen, ihre Leiden medizinisch zu lindern und sie vor Ausgrenzung, gesellschaftlicher Isolation und noch größerer Armut zu bewahren. Im Jahr 2020 flossen 53.400 Euro an Spendengeldern in Lepra-Projekte in China und Indien.
Lepra bekämpfen – Armut bekämpfen
„Lepra bekämpfen, heißt auch Armut bekämpfen“, sagen Experten und plädieren dafür, dass sich auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in der Dritten Welt verbessern müssen, denn fehlender Zugang zu sauberem Wasser und medizinischer Versorgung, sowie mangelnde Hygiene und schlechte Ernährungsbedingungen begünstigen eine Infektion. Ob es der WHO irgendwann gelingen kann, ihr vor 20 Jahren gesetztes Ziel zu erreichen, die Welt leprafrei zu machen, wird auch von einem Impfstoff gegen Lepra abhängen, an dem seit 17 Jahren geforscht wird und dessen Zulassung dieses Jahr in die entscheidende Phase gehen soll.
Noch viele offene Fragen zu einer alten Krankheit
Doch auch dann sind noch viele Fragen über Lepra offen, zum Beispiel über die Gründe für die unterschiedlich langen Inkubationszeiten, die mehr oder weniger schweren Verläufe, oder die genauen Übertragungswege. Bisher ging die Forschung immer davon aus, dass der Mensch das Hauptreservoir für den Erreger ist. Kürzlich entdeckten Affenforscher jedoch wildlebende Schimpansen, die an Lepra erkrankt waren und nie mit Menschen in Berührung gekommen sein können. In den Jahren zuvor war die Krankheit bereits bei anderen Wildtieren festgestellt worden, so dass Experten heute davon ausgehen, dass – ähnlich wie bei dem Corona-Virus – auch Tiere ein Hauptreservoir für den Erreger sein können. Eine Übertragung vom Tier zum Menschen ist möglich und könnte dafür sorgen, dass die Zahl der Neuinfektionen in den nächsten Jahren wieder ansteigt.
Corona-Restriktionen erschweren Bekämpfung der Lepra
Bis zu einer leprafreien Welt ist es also noch ein weiter Weg, der derzeit auch noch von den Auswirkungen der Corona-Pandemie überschattet wird. Immer wieder erhält das HDZ Nachrichten von Projektpartnern, die berichten, dass die Corona-Restriktionen seit Monaten ihre Lepra-Bekämpfung erschweren. So waren die Monitoring-Fahrten der HDZ-Partner in China und Indien zeitweise gar nicht oder nur eingeschränkt möglich, wodurch Neuerkrankte oftmals nicht früh genug entdeckt und behandelt werden konnten. Und auch bereits erkrankte Patienten mit den nötigten Medikamenten zu versorgen, gestaltet sich schwierig, da es immer wieder Lieferengpässe gibt.
Klinik in Indien unterstützt
Dr. Remy Rousselot hatte in seiner Klinik im indischen Bhubaneshwar zum Glück vorgesorgt und rechtzeitig vor Beginn des langen, harten Lockdown ausreichend Medikamente, Schutzkleidung und Lebensmittel für seine Patienten und das 25-köpfige Team beschaffen können. Das HDZ unterstützt seit langem die Klink, in der, wie es heißt „die 50 Betten niemals kalt werden“. Rund 550 Operationen inklusive Amputationen werden dort durchgeführt. Die OPs sind für mittellose Patienten kostenlos und werden über Spenden finanziert.
Viele junge Menschen unter den Erkrankten
Zu den stationären Patienten kommen hunderte ambulanter Lepra-Patienten aus der Region hinzu. Unter ihnen sind auch viele junge Menschen, die aus Unwissenheit, Armut oder Scham erst in die Klinik kommen, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist. In vielen Fällen bleibt dann nur noch die Amputation. Einigen bleibt dieses Schicksal jedoch erspart – wenn die Multi-Drug-Therapie noch rechtzeitig eingeleitet werden kann, können sie innerhalb von sechs Monaten geheilt werden.
Mit den Salesianern in China aktiv
Auch in den chinesischen Provinzen Guangdong und Yunnan hat das HDZ gemeinsam mit den Salesianern Don Boscos unter Leitung von Pater Roberto Tonetto in den vergangenen Jahren mehrere Leprazentren unterstützt, die rund 3.000 Lepröse in 44 Dörfern betreuen. Ihre Arbeit umfasst das Aufspüren von Neuerkrankungen und die medikamentöse Behandlung von Betroffenen ebenso wie die Versorgung der Lepra-Kranken mit Spezialschuhen und Prothesen, die in einer vom HDZ mitfinanzierten Werkstatt hergestellt werden. Auch hier versuchen die Salesianer trotz Corona-Restriktionen die Arbeit mit den Lepra-Kranken aufrecht zu erhalten.
Patienten auch in abgelegenen Regionen erreichen
Vor allem Patienten, die in abgelegenen Regionen leben, benötigen diese Hilfe dringend. Einer von ihnen ist der 73-jährige Herr Zhang. Er lebt ganz alleine in einer Hütte mitten auf den Litschifeldern und ist von der Lepra bereits schwer gezeichnet. Durch die Monitoring-Reisen der Salesianer wurde er entdeckt und bekam die medizinische Versorgung, die er brauchte, um trotz Lepra weiterleben zu können. Obwohl mehrere Gliedmaßen amputiert werden mussten, und die Lepra seine Sehkraft beeinträchtigt hat, schafft er es heute wieder, sich selbst zu versorgen und sogar Fahrrad zu fahren. Ohne die Hilfe der Ordensbrüder und Spenden von Hilfsorganisationen wie dem HDZ wäre er verloren.
Yvonne Schubert, HDZ
Hilfe für die Helfer
Wer die Arbeit der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte unterstützen will, kann dies unter anderem durch Altgoldspenden, Geldspenden und Zustiftungen tun. Weitere Informationen zur Arbeit des HDZ und zu den Unterstützungsmöglichkeiten gibt es auf der Internetseite der Stiftung.
Dr. Klaus-Achim Sürmann, Vorsteher der Stiftung, informiert auch in einem kurzen Video „Vom Mund in die Hand“ über die Arbeit des HDZ.Spendenkonto
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