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Die Ampel-Koalition hat sich gesundheitspolitisch keinen guten Start verschafft – die Zahnärzteschaft aber demonstriert Geschlossenheit. Ein Kommentar.

(c) Quintessenz

Dr. Marion Marschall

„Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“ Geht es danach, hat die neue Ampelkoalition den ersten Eindruck bei den Zahnärzten schon verpatzt. Noch gibt es nicht mal eine neue Gesundheitsministerin/einen neuen Gesundheitsminister, den die SPD stellen soll. Es gibt nur recht allgemein formulierte Vorstellungen und Pläne zum Thema Gesundheit im rot-gelb-grünen Koalitionsvertrag. Aber das Vertrauen ist schon verspielt, die eh nicht großen Erwartungen sind noch geringer geworden.

Die offensichtlich von den Ampelkoalitionären in ihr erstes Gesetzesvorhaben eingebauten realitätsfernen Testverpflichtungen, Dokumentations- und Berichtspflichten für alle Gesundheitseinrichtungen im Infektionsschutzgesetz zeugen nicht von tieferen Einblicken in die Realität der ambulanten medizinischen Versorgung in Zeiten einer Pandemie. Zu Recht sind Ärzte und Zahnärzte gegen diese Pflichten Sturm gelaufen – und dabei recht schnell erfolgreich gewesen. Die Test- und Berichtspflichten – die alle zwei Wochen bei den Gesundheits- und Ordnungsämtern abzuliefernden Berichte hätte dort eh niemand bearbeiten können angesichts der horrenden Infektionszahlen – sind bundesweit nach einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz reduziert und zum Teil ausgesetzt worden.

Kleine Änderung, große Wirkung

Dass dabei ein Bundesgesetz von den Ländern juristisch sehr „flexibel“ gehandhabt werden musste, und als Erklärung für die unsinnigen Vorgaben ein Versehen in der Kommunikation zwischen noch potenziellen Ampelkoalitionären und dem von Jens Spahn geschäftsführend geleiteten Bundesgesundheitsministerium herhalten muss, weckt ebenfalls nicht viel Vertrauen in die gesetzgeberischen Kompetenzen der Ampel-Gesundheitsexperten. Im hoch komplexen deutschen Gesundheitssystem führen schon kleine, nicht bis zum Ende durchdachte Änderungen oft zu ungeahnten Problemen und zum Gegenteil dessen, was eigentlich beabsichtigt war. Hoffen wir, dass diese Lehre angekommen ist.

Einen positiven Effekt hatte das IfSG-Debakel aber: Die Zahnärzteschaft in Praxis und Wissenschaft – vertreten durch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Bundeszahnärztekammer und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – hat sich schnell und klar einig positioniert. In dieser Sache, aber auch gegenüber der neuen Koalition, will man mit einer Stimme sprechen.

Betonung der Prävention bietet Ansätze

Der neue Koalitionsvertrag ist in der Gesundheitspolitik weitgehend unbestimmt, das eröffnet Spielräume. Gerade die Betonung der Prävention, die Leitbild der Gesundheitspolitik sein soll, bietet für die Zahnärzte viele Ansätze für Themen, die jetzt bearbeitet werden müssen.

„Die Zahnmedizin wird sich in den nächsten zehn Jahren mehr verändern, als in den 30 Jahren zuvor“ – dieser Leitsatz von DGZMK-Präsident Prof. Roland Frankenberger zu Beginn seiner Präsidentschaft gewinnt immer mehr an Bedeutung für die praktizierte Zahnmedizin. Sie ist im Wandel begriffen, hin zu einer stärker präventiv ausgerichteten Oralen Medizin, die den ganzen Patienten in den Blick nimmt. Die Zahlen der abgerechneten Leistungen in Bema und GOZ zeigen das. Der Behandlungsbedarf in einer älter werdenden Bevölkerung verändert sich und es werden andere Leistungen nachgefragt.

Die standespolitische Standortbestimmung von Eßer, Benz und Frankenberger zu Beginn der Vertreterversammlung der KZBV am 24. November 2021 vermittelte das Bild dieses Wandels und die Felder, auf denen die Zahnärzteschaft gemeinsam aktiv werden muss. Die vom KZBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Eßer schon recht konkret beschriebenen Projekte wie das Präventionskonzept, mit dem man bei der neuen Regierung ansetzen will, brauchen entsprechend aus- und fortgebildete Zahnärztinnen und Zahnärzte und eine wissenschaftliche Untermauerung ebenso wie das vom BZÄK-Präsidenten Prof. Dr. Christoph Benz geforderte stärkere Engagement der Zahnärzte in einer umfassenden Prävention. Dafür muss auf der anderen Seite die Wissenschaft, müssen die Zahnmediziner in Lehre und Forschung an den Universitäten jede Unterstützung aus dem Berufsstand, von KZBV und BZÄK bekommen, um diese Ausbildung und die Forschung auch leisten zu können. Man hätte sich gewünscht, dass diese Bedingtheiten und Gemeinsamkeiten auch in der Diskussion auf der Vertreterversammlung stärker herausgearbeitet worden wären – ganz im Sinne des „Es gibt nur eine Zahnmedizin“.

Einigkeit nach außen

Ohne diese Einigkeit nach außen, das Anerkennen des Wandels der Zahnmedizin zur Oralen Medizin, die Unterstützung bei den jeweiligen „Baustellen“ von KZBV, BZÄK und DGZMK wird man mit der neuen Ampel nicht viel bewegen können. Es ist kaum anzunehmen, dass sie größere Anstrengungen unternehmen wird, den verpatzten ersten Eindruck bei den Ärzten und Zahnärzten wieder wettzumachen.

Dr. Marion Marschall, Berlin

 

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