Anlässlich der Verbändeanhörung zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) am 6. Mai 2024 fällt die Bewertung aus Ärzte- und Zahnärzteschaft unterschiedlich aus. Während die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die dort verankerte Entbudgetierung für Hausärzte begrüßt, findet der Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Martin Hendges, erneut klare Worte.
Der Grund: Die nicht erfolgende Rücknahme der Budgetierung für die Zahnärzte. „Das Gesundheitsversorgungstärkungsgesetz ist vielleicht die letzte Chance für die Ampelkoalition, das Ruder noch einmal in Richtung einer präventionsorientierten und hochwertigen Patientenversorgung herumzureißen. Der bisherige Gesetzentwurf geht jedoch an den wesentlichen Problemen im zahnärztlichen Versorgungsbereich völlig vorbei. Daher muss unbedingt gesetzlich geregelt werden, dass die Leistungen zur Behandlung von Parodontitis sofort extrabudgetär vergütet werden, um wenigstens die schlimmsten Folgen für die Patientinnen und Patienten abzufedern und hohe Folgekosten zu vermeiden. Denn Parodontitis nimmt Einfluss auf schwere Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, rheumatische Erkrankungen und steht unter anderem unmittelbar in Wechselwirkung zu Diabetes mellitus“, so Hendges.
Regelungen zu MVZ unzureichende
Bei den weiteren Kritikpunkten gibt es dann mehr Schnittstellen auch mit der Ärzteschaft, die noch Mitte April 2024 vor der Bundespressekonferenz gemeinsam mit den Apothekern und der Krankenhausgesellschaft wegen der prekären Lage der Versorgung Alarm geschlagen und Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach scharf auch wegen der schlechten Gesetzentwürfe und fehlenden Entscheidungen kritisiert hatte. Aus Sicht von KZBV und BZÄK sind die Regelungen zu den Medizinischen Versorgungszentren, zumal nach den Ankündigungen des Bundesgesundheitsministers und den Forderungen der Gesundheitsministerkonferenz, absolut unzureichend. Martin Hendges: „Zudem sieht das GVSG trotz mehrfacher Ankündigung von Minister Lauterbach bislang keine Regulierung von versorgungsfremden Investoren-MVZ vor. Auch hiervon gehen erhebliche Gefahren für die Patientenversorgung aus. Um dem entgegenzutreten, brauchen wir endlich zeitnah eine gesetzlich verankerte räumliche und vor allem fachliche Gründungsbeschränkung von iMVZ.“ Dazu machen KZBV und BZÄK in ihrer Stellungnahme ausführliche Vorschläge.
KBV ohne Vorschläge zu Begrenzungen der iMVZ
Die Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beschränkt sich beim Thema MVZ nur auf die begrenzten Bürgschaften für MVZ in Form einer GmbH, diese Regelung solle sich nur auf MVZ mit kommunalen Gesellschaftern beschränken, so die Forderung. Auch KZBV und BZÄK fordern eine alternative beziehungsweise beschränkende Lösung, da sonst ärztlich und zahnärztlich geführte MVZ gegenüber MVZ in GmbH-Form benachteiligt würden, weil sie in voller Höhe persönlich hafteten.
Nichts zur Entbürokratisierung und patientenorientierte Weiterentwicklung
Insgesamt zeigt sich die Zahnärzteschaft enttäuscht vom Gesetzentwurf: „Das GVSG lässt weiterhin Regelungen vermissen, um die dringend notwendige Entbürokratisierung im Gesundheitswesen wirksam anzugehen. Nur so haben die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen wieder die angemessene Zeit für ihre eigentliche Aufgabe, die Patientenbehandlung. Unsere Vorschläge für eine patientenorientierte Weiterentwicklung des GVSG liegen auf dem Tisch. Es ist höchste Zeit, dass die Politik auf die Expertise der Selbstverwaltung setzt und uns in die Fortentwicklung des Gesundheitswesens einbezieht“, so Hendges.
KBV begrüßt Regelungen zur Entbudgetierung bei den Ärzten
Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung stellt sich die Bewertung des GVSG-Entwurfs anders dar, wird darin doch die lange angekündigten Entbudgetierung für den hausärztlichen Bereich umgesetzt. Die KBV sieht hier allerdings auch Risiken in der Umsetzung, die je nach Ausgestaltung der Regelungen sogar zu Defiziten für die Praxen führen könnten. „Die KBV begrüßt die im Referentenentwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes angelegte Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung grundsätzlich und hält die schnellstmögliche Einführung für unabdingbar. Die weiteren Änderungen erweisen sich jedoch bei genauer Betrachtung als sehr komplex. Nach Einschätzung der KBV bergen diese die Gefahr erheblicher Honorarumverteilungen mit riskanten und kaum kalkulierbaren Auswirkungen auf die Versorgung. Um das zu vermeiden, müssten diese deutlich angepasst und mit aller gebotenen Sorgfalt entwickelt und kalkuliert werden. In keinem Fall gibt es einen Grund, dass diese die Entbudgetierung verzögern oder gar aufhalten sollten“, heißt es in der Stellungnahme. Positiv gesehen wird daher auch die Einführung von Bagatellgrenzen bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen, dies begrüßen auch KZBV und BZÄK.
Keine Prüfberechtigung des Bundesrechnungshofs
Einig sind sich KBV und KZBV in der Kritik und Ablehnung an der neu eingeführten und auf die beiden Spitzenkörperschaften und alle KVen und KZVen ausgeweiteten Prüfberechtigung des Bundesrechnungshofs. Ebenfalls kritisiert werden ein einmaliges Veto-Recht der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss und weitere Verfahrensänderungen für den G-BA, die aus Sicht der Ärzte und Zahnärzte nicht erforderlich oder widersprüchlich zu den proklamierten Zielen sind, die Verfahren zu beschleunigen.
Zahnärzte wollen Darlehensverbot kippen
Ein Kritikpunkt der KZBV ist das seit Januar 2023 geltende Verbot der Darlehensaufnahme für KVen/KZVen, dies erschwere die Aufgabe der KVen/KZVen, auch bei Zahlungsverzögerungen vonseiten der Krankenkassen die rechtzeitige Auszahlung der Honorare an die Praxen sicherzustellen. Es wird daher gefordert, diese Regelung mit einer entsprechenden Änderung im GVSG wieder rückgängig zu machen.
Die vollständigen Stellungnahmen zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz können auf den Internetseiten von KBV und KZBV abgerufen werden.