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KV RLP und KZV RLP legen gemeinsamen Versorgungsatlas vor – neue Praxismodelle können Chancen bieten

Mehr als die Hälfte der Zahnärzte in Rheinland-Pfalz könnte innerhalb der nächsten fünf Jahre in den Ruhestand gehen. Das würde zu Versorgungsengpässen insbesondere in strukturschwachen Regionen führen, so die Prognose des neuen Versorgungsatlas Rheinland-Pfalz. Erstmals hat die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) diesen Atlas in Kooperation mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Rheinland-Pfalz herausgebracht.

Demnach erreichen 57 Prozent der 2.675 praktizierenden Zahnärzte bis Ende 2023 das Rentenalter. Sie alle könnten im ungünstigsten Fall aus der Versorgung ausscheiden. Bereits jeder fünfte Zahnarzt zählt 60 Jahre und mehr. Das Durchschnittsalter liegt inzwischen bei 52 Jahren.

„Erstmals belastbare Zahlen greifbar“


Dr. Peter Matovinovic, Vorstandsvorsitzender der KZV Rheinland-Pfalz (Foto: KZV RLP)

Um die altersbedingten Verluste vollständig aufzufangen, bräuchte es jährlich rund 250 neue Zahnärzte. Jedoch sind allenfalls für die Hälfte der ausscheidenden Zahnärzte Nachfolger zu erwarten. Zuletzt haben sich jährlich im Schnitt nur rund 120 Einsteiger gefunden. „Eine drohende Unterversorgung zeichnete sich für uns bislang nur vage ab. Mithilfe des Versorgungsatlas wird dieses gefühlte Problem nun erstmals durch belastbare Zahlen greifbar“, sagt der Vorstandsvorsitzende der KZV Rheinland-Pfalz, Dr. Peter Matovinovic.

Ungleichmäßige Verteilung

Der Versorgungsatlas dokumentiert, dass insgesamt nicht mit einem Mangel an Zahnärzten zu rechnen ist. „Vielmehr wird sich eine ungleiche Verteilung, die wir schon heute ansatzweise beobachten, verstärken“, führt Matovinovic aus. Betrachtet man die aktuelle Zahnarztdichte und zieht die Altersstruktur sowie die Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes hinzu, sind es die Kreise Cochem-Zell, Altenkirchen, Trier-Saarburg und Bitburg-Prüm sowie die Südwestpfalz, denen eine Unterversorgung droht. Für die Patienten hieße das weitere Wege bis zur nächsten Praxis. Rechnerisch könnten in diesen Regionen mehr als 4.500 Einwohner auf einen Zahnarzt kommen. Bislang sind es rund 2.000 Einwohner je Zahnarzt.

Kritische Situation in einigen Kreisen

Kritisch sieht es nach den Berechnungen im Versorgungsatlas zudem für den Rhein-Hunsrück-Kreis, Neuwied, die Vulkaneifel, Mayen-Koblenz, den Donnersbergkreis, Bernkastel-Wittlich und Germersheim aus. Auch hier zeichnet sich eine unterdurchschnittliche Zahnarztdichte ab (3.751 bis 4.500 Einwohner je Zahnarzt; aktuell 1.500 bis unter 2.000 Einwohner je Zahnarzt).

Mainz, Koblenz und Trier weiter gut versorgt

Lediglich die Städte Mainz, Koblenz und Trier werden laut Prognose weiterhin gut versorgt sein. Selbst wenn dort kein einziger ausscheidender Zahnarzt ersetzt würde, könnten auf einen Zahnarzt noch immer weniger als 2.500 Einwohner entfallen. Verschärft werden könnte die Lage durch die wachsende Zahl an angestellten Zahnärzten (plus 132 Prozent von 2010 auf 2017), die tendenziell eher in Teilzeit arbeiten als Praxisinhaber.

Chancen durch neue Praxismodelle

Der Versorgungsatlas skizziert ein Worst-Case-Szenario, das exakt so nicht eintreten wird. Matovinovic sieht gleichwohl Handlungsbedarf: „Wir müssen uns dem Erhalt möglichst engmaschiger Versorgungsstrukturen annehmen, um ein gutes Versorgungsniveau zu erhalten.“ Die KZV Rheinland-Pfalz sieht Chancen in alternativen Praxismodellen jenseits der inhabergeführten Einzelpraxis wie zum Beispiel Genossenschaftsmodelle. Sie böten Zahnärzten, die keine Selbstständigkeit anstreben, attraktive Optionen und variable Arbeitszeiten. Matovinovic: „Die Einzelpraxis ist kein Auslaufmodell, aber ein Modell von vielen. Wir brauchen Vielfalt und Flexibilität. Wichtig dabei ist es, dass junge Kollegen frei über die Art ihrer Berufsausübung entscheiden können.“

Notdienst neu organisieren

Angehen will die KZV auch die Organisation des Notdienstes. Die höhere Notdienstfrequenz auf dem Land stelle für manchen Zahnarzt ein Hemmnis für die Niederlassung vor Ort dar. Niederlassungsverbote in gut versorgten Regionen, so wie es sie bei den Ärzten gibt, sind für die KZV Rheinland-Pfalz keine Option. „Instrumente, die aus der Überversorgung kommen, lösen keine Probleme der Unterversorgung“, so deren Vorstandsvorsitzende. Es sei eine Illusion zu glauben, Zahnärzte mit Zwang an einen Ort zu lenken. Vielmehr müsse die Bedarfsplanung flexibler an der Demografie und der Mobilität der Bevölkerung ausgerichtet werden.

Politik muss Verantwortung für gleichwertige Lebensverhältnisse übernehmen

Die KZV Rheinland-Pfalz sieht zugleich die Politik in der Verantwortung, die Versorgung der Bürger und somit gleichwertige Lebensverhältnisse zu erhalten. „Kinderbetreuung und Schulen, schnelles Internet, ein Arbeitsplatz für den Partner, Einkaufsmöglichkeiten und gute Anbindungen an Verkehrsnetze sind Stellschrauben, die das Land und die Kommunen für Zahnärzte lebenswert machen und ein Praxissterben verhindern können“, sagt Matovinovic.

Titelbild: Die Burgruine der Niederburg in Manderscheid in der Vulkaneifel. (Foto: IndustrieAndTravel/Shutterstock.com)
Quelle: KZV Rheinland-Pfalz Politik Praxisführung

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