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DIANO sammelt Klinikbedarf fürs Kriegsgebiet – Beitrag zum Wiederaufbau der Gesundheitsversorgung in Planung

Medizinisches Equipment, ganze Klinikausstattungen, Verbrauchsmaterialien und mehr – ständig rollen vollbeladene LKW Richtung Ukraine, wo die Hilfslieferungen dringend benötigt werden.

(c) Tobias Bauer

Zwei Stühle zum Abbauen in Brandenburg, eine komplette Praxis in Nordhessen, dazu immer wieder mal ein Kleinröntgengerät oder gar ein OPG: Die Solidarität mit der Ukraine ist ungebrochen hoch, und so bekommen Hilfsorganisationen, die im Angesicht der Not dort Hilfe leisten, regelmäßig Spenden angeboten.

Von einer zahnmedizinisch ausgerichteten Hilfsorganisation erwartet man eher akute Schmerzbeseitigung in unterversorgten Regionen, als dass eine komplette Klinik abgebaut und in ein Kriegsgebiet abtransportiert wird. Doch genau dies ist DIANO in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk ziviler Katastrophenschutz gelungen.

Es war nicht die erste und sicher auch nicht die letzte gemeinsame Aktion. Vieles kann von einer lokalen – oder wie in diesem Fall nur auf zahnmedizinische Hilfe spezialisierten – Organisation gar nicht allein gestemmt werden, und so liegt es nahe, dass sich Hilfsorganisation zusammenschließen. Nicht zuletzt, weil sich in den vergangenen Jahren viele lokal agierende Organisationen gegründet haben, um auf ganz spezielle Anforderungen vor Ort zu reagieren. Ein einschneidendes Ereignis war die Flutkatastrophe im Jahr 2021. Was man sonst nur aus fernen Ländern via Bildschirm kannte, erlebte man plötzlich ganz nah. Gleichzeitig ist es fast mit den Händen zu greifen, dass bei diesem Ausmaß die herkömmlichen Strukturen überfordert waren.

Die Menschen wollen helfen, nicht nur spenden

Die Menschen wollen helfen, selbst mit anpacken und sich nicht mit einer anonymen Überweisung freikaufen. So entstanden gleichzeitig an vielen Orten lokale Komitees, die die sich genau dieser Aufgaben annahmen. Relativ schnell entwickelten sich Netzwerke, wodurch lokale Kräfte überregional gebündelt werden. Schlicht: Man hilft sich gegenseitig. Über die sozialen Medien lassen sich Aufrufe blitzschnell verbreiten, und genauso schnell wird Hilfe organisiert.

Was macht eine zahnärztliche Hilfsorganisation mit einer Klinik?

Was macht eine zahnärztliche Hilfsorganisation mit einer kompletten Klinik? Erst mal gar nichts, doch an die richtige Stelle weitergeleitet, kommen Rückmeldungen schneller, als man sich das in den kühnsten Träumen erhofft hat. Und schon wird alles auf den Weg gebracht.
 

Ob Klinikbetten oder Sanitäreinrichtungen – alles wird gebraucht.
Ob Klinikbetten oder Sanitäreinrichtungen – alles wird gebraucht.
Foto: Tobias Bauer


Dass aus den zuerst erwarteten sechs LKW-Fahrten zwölf Transporte wurden, und um alles aufzuladen, letztlich gar 15 Fuhren notwendig waren, hatte sich anfangs auch niemand denken können. Der Weg ist immer derselbe: Die großen 40-Tonnen-LKW werden in Westeuropa beladen, um die Verteilzentren an der EU-Außengrenze anzusteuern. Dort werden die ankommenden Spenden sortiert und auf kleinere Fahrzeuge umgeladen. Neu sortiert, geht es weiter mit dem Sprinter an den Zielort weit im Osten. In das Kriegsgebiet selbst traut sich kaum jemand aus Westeuropa vor.

Neue Infrastruktur für die Binnenflüchtlinge

Klinikbetten, Operationssäle, Therapieeinrichtungen, ja ganze Krankenzimmer inklusive Sanitäranlagen gingen so zu einer neuen Verwendung auf Reise und fanden einen Platz, wo sie auch tatsächlich gebraucht wurden. Fahrten durch scheinbar endlose Mondlandschaften, zerstörte Häuser, zerschossene Fabriken zeigen auf eine deprimierende Weise, wie groß der Bedarf ist und wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben wird. Für uns im sicheren Westen ist es unvorstellbar, was sich hinter so einer Kriegsmaschinerie verbirgt. Lange bevor der Krieg die Dörfer einholt, werden die Menschen oft zwangsweise evakuiert, müssten in Notunterkünfte oder bei Familienmitgliedern untergebracht werden und eine neue Infrastruktur entsteht

Improvisationstalent gefordert

Technik ab- und wieder anbauen: Improvisationstalent und technisches Geschick sind hilfreich.
Technik ab- und wieder anbauen: Improvisationstalent und technisches Geschick sind hilfreich.
Foto: Tobias Bauer
Von den Helferinnen und Helfern wird sehr viel technisches Geschick und vor allem Improvisationstalent erwartet: Strom, Mit Wasser-, Luft- und teilweise auch mit Gasanschlüssen fachgerecht umzugehen, ist das eine, diffizile technische Aufgaben zu lösen das andere. Nicht immer sind die Schrauben frei zugänglich und es ist auf Anhieb zu erkennen, welches Kabel zu welchem Bauteil gehört, wo etwas durchgetrennt werden darf und wie sich schwer zugänglich platzierte Steckverbindungen lösen lassen. Oft passt es nicht und es fehlen wichtige Teile. So lernt man täglich, mit dem umzugehen, was man vor Ort vorfindet.

Sperrige Ausrüstung, fehlende Aufzüge

Zahnarztstühle und Röntgengeräte passen kaum als Ganzes durch die Tür oder gar in den Aufzug. Der Aufzug ist schon Luxus, nicht selten geht es durch verwinkelte Treppenhäuser oder Zwischenstockwerke, die in jedem Fall ihre eigenen Tücken haben. Doch bislang konnte jede noch so knifflige Herausforderung gelöst werden. Da gilt der Dank an viele helfende Hände. Hausmeister und Techniker vor Ort leisteten ausnahmslos gute Vorarbeit – die war häufig entscheidend.

Die Dentaleinheiten mit Muskelkraft auf den LKW verfrachtet

Schon die Transporte sind ein eigenes Kapitel. Einmal stand zur Abholung von zwei Behandlungseinheiten ein Transporter ohne Ladebordwand vor der Tür. Es war ziemlich deutlich, welches Gewicht eine Dentaleinheit auf die Waage bringt. Allein der Gedanke an die menschlichen Hubkräfte löste Rückenschmerzen aus. Doch Fahrer und Beifahrer sahen überhaupt kein Problem. Der Höhenunterschied von gut einem Meter wurde schließlich durch Muskelkraft überwunden.

Mit solchen unverhofften Wendungen muss man immer rechnen, doch der Lerneffekt ist hoch und die Erfahrungen und die damit verbundene Routine nehmen mit jedem Einsatz zu. Häufig ist das passende technische Gerät vorhanden, und so gehört auch der Umgang mit Gabelstapler und Frontlader einfach dazu. Oder anders ausgedrückt: die Ecken bleiben eckig und die Kisten gelangen heil in den Transport.

 

Gefühl des Zusammenhalts stärkt eigenes Engagement

Angesichts der vielfältigen Aufgaben bilden sich zunehmend Kooperationen und neue Netzwerke heraus – man hilft sich gegenseitig, wo man nur kann! Gleichzeitig finden Menschen mit einer ähnlichen Grundhaltung zusammen und das gibt das Gefühl, dass man nicht allein auf weiter Flur ist. Im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe vor drei Jahren hat sich das Netzwerk ziviler Hilfsorganisationen entwickelt. Die beteiligten Organisationen stehen in erster Linie für die Hilfe vor Ort, können ihre Kräfte für größere Aufgaben bündeln, die sich überhaupt erst als Zusammenschluss bewältigen lassen. Kleine, auf bestimmte Aufgaben konzentrierte Organisationen wie die zahnmedizinisch ausgerichteten Hilfswerke sind mit ihrem Spezialwissen sehr willkommen.

Durch die Kooperationen gibt es viele Synergien, aus denen sich Möglichkeiten entwickeln, die vorher gar nicht denkbar waren. Jede erfolgreich abgeschlossene Aktion stärkt sich die Zusammenarbeit und es entwickeln sich persönliche Freundschaften. Für DIANO sind dies die Kontakte zu BBH – der Biker-Brummi-Hilfe. Diese hat sich auf die Hilfe für Südost-Europa spezialisiert und konnte schon so manche Großaktion gemeinsam gestemmt werden.

Lernen für den eigenen Alltag

Viele Paletten mit Materialien und Ausstattung wandern auf die Ladefläche … hier komfortabel mit Palette und Ladebühne, aber oft ist auch Muskelkraft gefragt.
Viele Paletten mit Materialien und Ausstattung wandern auf die Ladefläche … hier komfortabel mit Palette und Ladebühne, aber oft ist auch Muskelkraft gefragt.
Foto: Tobias Bauer
Gerade diese grenzüberschreitenden Einsätze sind für alle Beteiligten etwas besonders. Einerseits können wir von unserem Wohlstand abgeben und bekommen dafür einen tiefen Einblick in die Kulturen und die Lebensweise der Menschen in anderen Regionen. Zurück bekommt man Dankbarkeit und die Gewissheit, mit der eigenen Hände Arbeit geholfen zu haben. Nicht zu vergessen ist der persönliche Lerneffekt. Jede erfolgreich gemeisterte technische Herausforderung bringt neue Erkenntnisse, die nicht selten im praktischen Alltag nützlich sind.

Zusammenarbeit mit der GIZ, geplante Hilfen vom Bund

Gleichzeitig öffnen sich neue Türen: DIANO ist seit vielen Jahren in das Netzwerk der Klinikpartnerschaften eingebunden und steht damit in einem regen Kontakt mit einer Vielzahl von akademischen Initiativen, getragen von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ, die im Auftrag der deutschen Bundesregierung tätig ist und die internationale Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung unterstützt. Auf Initiative der Bundesregierung sind neue Hilfen für das ukrainische Gesundheitswesen in Planung. Diese waren eines der zentralen Themen bei der Ukraine Recovery Conference Mitte Juni 2024 in Berlin. Insgesamt gibt es seitens der Bundesregierung finanzielle Zusagen in Höhe von rund 100 Millionen Euro, allerdings vor allem für den Bereich der mentalen Gesundheit.

Konferenzen zur Hilfe für die Ukraine

Bereits im vergangenen Jahr kam Prof. Dr. Sergiy Dubrov, der erste stellvertretende Gesundheitsminister der Ukraine nach Berlin, um an der Konferenz der Klinikpartnerschaften unter dem Motto: „Contributions to Health System Rebuilding" teilzunehmen, wobei er die dramatische Situation des Gesundheitswesens in seinem Land schilderte. Im Rahmen der Podiumsdiskussion bei dieser Veranstaltung „Building Health Systems Back Better“ waren Entwicklungsministerin Svenja Schulze, Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev und Charité-CEO Prof. Dr. Heyo Kroemer vertreten. Auch hier ging es um den deutschen Beitrag zum Wiederaufbau und zur langfristigen Stärkung des ukrainischen Gesundheitssystems.

Klinikpartnerschaften wichtig

Eine bedeutende Rolle kommt dabei den Klinikpartnerschaften zu, in denen sich viele Medizinerinnen, Mediziner, Pflegekräfte und weitere zivilgesellschaftliche Partner enorm engagieren, um die Gesundheitsversorgung unter Kriegsbedingungen aufrechtzuerhalten. Schon heute unterstützen sie den Wiederaufbau mit Blick auf die langfristigen Herausforderungen, die Zerstörung, Traumatisierung, Verletzung und Verstümmelung für die ukrainische Bevölkerung bedeuten.

Zahnmedizin immer wieder einbringen

Auch wenn die Prioritäten in diesem Zusammenhang unstrittig sind, ist es ein Anliegen von DIANO, langfristig dafür zu sorgen, dass Zahnmedizin nicht ganz außen vor bleibt und die fachliche Kompetenz unseres Berufsstandes bei der oralen Rehabilitation eine wichtige Rolle spielt.

ZA Tobias Bauer, DIANO, Singen

Quelle: Quintessence News med.dent.magazin Praxis Unternehmen Dentallabor Zahntechnik Bunte Welt

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